laut.de-Kritik

"Es tut nur weh wenns wirklich gut ist."

Review von

3Plusss zweifelt. Der ehemalige VBT-Rapper hadert mit seiner Welt, seinem (Nicht-)Können und am allermeisten mit sich selbst. Doch keine Angst: Er bleibt sich selbst treu, biedert sich nicht an oder produziert schleimige Hits. Er lässt den Hörer lediglich an seiner persönlichen Entwicklung teilhaben. Und diese verläuft nicht geradeaus, sondern schlägt multipolare Richtungen ein, die der Essener auf "Gottkomplex" nach und nach abklappert.

Da wäre der aus seinem Winterschlaf erwachende Arroganz-Rapper, der auf "Nein" klarstellt, er sei der Shit. Dass er das dann im nächsten Atemzug wieder relativiert und gerade damit beweist, dass er es eben doch ist, verleiht dem Hörer nur einen kleinen Einblick in die vielschichtige Welt dieser Platte. "Es tut nur weh wenns wirklich gut ist."

Die Parties weichen dem Kater, und der nettere Karate Andi entwickelt sich zu einem Künstler mit Gefühlen und Problemen. Dass sich da auch Liebeskummer wiederfindet, diverse Selbstzweifel und Melancholie verarbeitet werden, zeigt nicht von Schwäche sondern von Stärke. Hervorzuheben dabei ist, dass er die tiefgründigen, schweren Themen leichtfüßig gestaltet und stets mit einem Schmunzler um die Ecke kommt: "Ich glaub' ich greif' nach den Sternen / Bis ich auf einmal bemerke, es war nur eine Laterne."

Vollkommen frei von Kitsch und dabei trotzdem nicht auf seinen sarkastischen Humor verzichtend, beäugt er in "Auseinander" seine Gegenwart aus der Sicht der Zukunft. "Generation kaputt vom Nichtstun und müde vom Schlafen / Tanze zwischen allen Stühlen, solange die Füße mich tragen." Dabei streut er immer wieder doppelbödige Reime oder Wortspiele ein, die "Gottkomplex" auch nach mehrmaligem Reinhören noch interessant machen. "Find' mich im Verlieren, such' im Loslassen Halt."

Der musikalische Unterbau ordnet sich den ernsten Themen unter. Die Beats von Bennett On & Peet aka We Do Drums geraten gerne mal nebulös, schwer greifbar und stets tiefgreifend. Die elektronische Grundsubstanz fällt schwermütig aus, kopfnickend oder verschwurbelt. Sie unterstützt den Protagonisten, entfaltet aber auch ihre eigene Magie. Man hat es hier nicht mit Trap zu tun, von Boom Bap zu reden wäre jedoch auch zu altbacken. Es wundert jedoch bei der hohen Qualität der Beats nicht, dass Nobody's Face beim Mixing seine Finger im Spiel hatte.

Ganz kurz bevor die Selbstmitleidsleier zu nerven beginnt, bringt 3Plusss seinen inneren Philosophen ins Spiel, entdeckt seine Paranoia oder stellt fest, dass wir oft jemand sein wollen, der wir gar nicht sind. Wem das alles zu tiefgründig gerät, für den zitiert 3Plusss in "Nudeln" nicht nur den Ausraster von Kranführer Ronny, sondern auch die DMAX-Sendung "Die Ludolfs - 4 Brüder auf'm Schrottplatz": "Scheiß auf alles, was du schreibst / Es gibt einen Satz, der reicht: Mann kann Nudeln machen warm, Mann kann Nudeln machen kalt / Mann kann Nudeln machen warm, Mann kann Nudeln machen kalt."

Trackliste

  1. 1. Nein
  2. 2. Schwarz
  3. 3. Ich Und Meine Freunde
  4. 4. Auseinander
  5. 5. An Und Für Dich
  6. 6. Gespenster
  7. 7. Grau
  8. 8. In Letzter Zeit
  9. 9. Soweit
  10. 10. Bleiben
  11. 11. Sonntag
  12. 12. Nudeln
  13. 13. Weiss

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