25. November 2013

"Die Stories haben wir erlebt"

Interview geführt von

2012 steuerte die Indieband einen Song zum Soundtrack "Der Schlussmacher" bei, nun folgt einer für "Tribute Von Panem". Mittlerweile spielen die Wahl-Berliner sogar in den Staaten Konzerte.

Für Abby läuft es momentan richtig gut: Festivals in den USA, Gigs in Großbritannien und ausverkaufte Konzerte in Deutschland. Besonders ihr Song "We Don't Worry" sorgte für Aufmerksamkeit. Der landete nicht nur auf dem aktuellen Album "Friends And Enemies", sondern auch auf dem Soundtrack zu "Der Schlussmacher" von und mit Matthias Schweighöfer.

Und weil das mit den Soundtracks besonders für eine noch etwas kleinere Band immer sehr gelegen kommt, steuerten Abby zum zweiten Teil der Tribute Von Panem gleich wieder einen Song bei. Zumindest auf der deutschen Version des Soundtracks zu "Catching Fire" sind sie mit "Again" vertreten. Ein weiteres Highlight des Jahres für die vier Wahl-Berliner: die große Deutschland-Tour. Wir trafen die Band auf ihrem Zwischenstopp in Konstanz.

Hi Filou! Schön, wieder in Baden-Württemberg zu sein?

Filou: Auf jeden Fall, aber wir sind ja auch nicht hier weggegangen, weil wir irgendeine Abneigung gegen das Land haben. Außerdem kommen wir häufiger hier her, um unsere Familien zu sehen.

Ihr seid seit einigen Wochen auf Tour, seht fast jeden Tag eine andere Stadt oder sogar ein anderes Land. Wirds langsam anstrengend oder überwiegt noch der Spaß?

Sicherlich ist das anstrengend, mit den Jungs zusammen macht das aber auch einfach Spaß. Ich sehe meine Familie ohnehin nicht so oft, für unseren Gitarristen Tilly ist das schon schwieriger, weil er eine Tochter hat. Die vermisst er dann natürlich schon. Der Stimmung tut das aber keinen Abbruch, da herrscht dann eher Vorfreude.

Ihr habt mit "We Don't Worry" einen Song zum letzten Schweighöfer Film "Der Schlussmacher" beigesteuert. Hat das einen Schub gegeben oder habt ihr gar das Gefühl, von vielen Leuten nur auf diesen einen Song reduziert zu werden?

Natürlich ist es cool, bei einem Soundtrack dabei zu sein. Aber einen Push hat das nicht wirklich ausgelöst. Klar, ein paar Leute kennen uns jetzt, die uns ohne den Film nicht gekannt hätten. Und die kommen auch zu den Konzerten. Ein sehr dankbares Publikum übrigens. Das empfinden wir nicht als negativ. Zumal wir den Song gerade erst wieder spielen. Den ganzen Festivalsommer hatten wir "We Don't Worry" gar nicht auf der Liste. Da wollten wir eher ein tanzbareres Set spielen, in das der eher ruhigere Song nicht gepasst hätte. Insofern war diese Soundtrack-Geschichte in letzter Zeit gar nicht so gegenwärtig.

Befasst man sich dann überhaupt mit dem Film? Oder würdet ihr auch zu jedem anderen Soundtrack einen Song beisteuern, solange das Geld stimmt?

Naja, wenn der Film einen politischen Hintergrund hat, hinter dem man nicht steht, kommt das nicht in Frage. "Der Schlussmacher" ist da ja unbedenklich und weniger ... umfangreich (lacht). Wir gucken uns solche Filme eher nicht an, haben ihn, da wir ja quasi mit dabei sind, aber alle gesehen. Den ein oder anderen Lacher hat er uns schon entlockt. Und wenn die Leute, die für den Soundtrack verantwortlich sind, sagen: 'Hey, das ist cool, das unterstützen wir', dann ist das eine gute Sache, gegen die wir uns natürlich nicht wehren. Auch wenn wir mit dieser Soundtrack-Sache nicht von einem Tag auf den anderen die ganz große Nummer sind, würde man so ein Angebot kaum ausschlagen. Aber bei jedem Mist würden wir nicht hinten auf der CD-Hülle stehen wollen. Als Band wäre es natürlich super, mal einen kompletten Soundtrack zu schreiben. Aber davon sind wir noch weit entfernt (lacht).

Hast du denn einen Lieblings-Soundtrack?

Für mich ist einer der besten Soundtracks "Requiem For A Dream". Das wäre dann eher was für Tilly mit dem Cello, ich hätte sowas sicher nicht geschrieben. Ich bin auf jeden Fall dankbar, dass das Kronos Quartet den Soundtrack gemacht hat, und nicht irgendjemand Anderes.

"Das Phänomen 'Band' ist einfach interessant"

Größere Bekanntheit habt ihr durch den Soundtrack also schon erlangt. So werdet ihr auch öfter gleich als die deutschen Snow Patrol, Coldplay oder Shout Out Louds bezeichnet. Will man überhaupt immer verglichen werden?

Wie du schon sagst, wir werden verglichen. Das ist irgendwie so ein typisches Ding in der Musik, gerade wenn man aus Deutschland kommt. Hierzulande wird man dann direkt als die "deutschen Wie-auch-immer" bezeichnet und verglichen. Klar, so sollen sich die Leute ein besseres Bild machen können. Selber vergleichen wir uns aber nicht. Schon gar nicht mit solchen Bands. Das ist viel zu hochgegriffen.

Aber es gibt doch sicher Bands, die euch inspirieren?

Definitiv. Das müssen aber keine aktuellen Bands sein. Uns inspiriert eigentlich eher die Geschichte einer Band, wie sie aufgebaut ist, wie sie funktioniert. Gar nicht unbedingt die Musik. Wir orientieren uns oft an Bands, die nicht so Frontmann-orientiert sind. Das wollen wir nämlich auch nicht sein. Wir funktionieren als Gruppe und heben nicht den Sänger als Frontmann hervor. Und das sage ich als Sänger (lacht). Einen Entertainer auf der Bühne zu haben, der die Aufmerksamkeit auf sich zieht, funktioniert bei vielen Bands. Da liegt aber nicht unser Fokus. Alle Bestandteile der Band sollen und wollen eine Show abliefern, es gibt ja auch immer wieder lange Parts ohne Gesang. Von daher interessieren wir uns hauptsächlich für die Story, die hinter den Bands steckt.

Zum Beispiel?

Phoenix, die finden wir cool. Die machen natürlich andere Musik. Ihr Werdegang und ihr Zusammenhalt beeindrucken und interessieren uns aber. Oder Led Zeppelin, The Doors und so. Klar, andere Zeit, andere Musik. Aber dieses Phänomen "Band" ist einfach interessant. Wie diese Gruppen über lange Zeit zusammen leben, arbeiten und funktionieren als Gruppe. Radiohead mit Thom Yorke zum Beispiel, die finde ich sehr cool und inspirierend. Yorke ist zwar klar der Frontmann der Band, aber es steckt eben auch wieder eine besondere Geschichte hinter dieser Band, und das ist es, was uns bei vielen Gruppen interessiert und fasziniert.

Liegt das daran, dass ihr als Band eigentlich schon eine Geschichte erzählt?

Auf jeden Fall. Abby ist eine fiktive weibliche Person, die in ihren Liedern Geschichten über Freunde und Bekannte erzählt, die aber wirklich existieren. Wir verarbeiten also Stories, die wir selbst erlebt haben aus Sicht von Abby. Die Personen, um die es geht, sind Freunde. Ich kenne sie zwar schon ein paar Jahre länger als die anderen Bandmitglieder, sie sind aber mittlerweile genauso vertraut mit ihnen. Unsere Erfahrungen und Geschichten, die sich aus diesen Freundschaften ergeben haben – das ist es, was wir mit unserer Musik erzählen. Die Namen sind verändert oder werden nicht genannt. Aber es gibt sie wirklich.

Und was sagen diese Freunde dazu? Wissen die denn, dass es in den Liedern um sie geht?

Die nehmen die einzelnen Lieder nicht so explizit auseinander. Klar, die betroffenen Personen wissen, dass sie in unserer Musik vorkommen, aber nicht unbedingt, in welchem Lied genau. Und sie sind im Großen und Ganzen definitiv glücklich darüber, dass sie in unseren Stücken vorkommen. Sie werden dadurch ja auch an bestimmte Ereignisse und Zeiten erinnert, die schön oder lustig oder traurig waren. Das ist irgendwie cool, wie ein Tagebuch in Musikform.

"Dann steht man da mit Mitte 30"

Ihr seid momentan an einem Punkt, den man von außen betrachtet als angenehm beschreiben würde. Gigs in den USA und Großbritannien, ausverkaufte Konzerte in Deutschland, trotzdem nicht dieser große Hype, der einem keine Luft zum Atmen mehr lässt. Läuft es grad so, wie ihr euch das erträumt habt?

Wir sind zumindest auf dem Weg, das zu erreichen, was wir uns immer gewünscht haben. Die Leute kriegen gerade einfach mehr mit von uns, und das merkt man. Es kommen mehr Leute zu den Konzerten, das Feedback ist eigentlich immer positiv. Das ist natürlich schön. Aber wir sind einfach gespannt auf nächstes Jahr. Im März wollen wir noch mal auf Tour, auch gerne europaweit. Bislang haben wir ja immer nur einzelne Gigs gespielt in Europa, aber nie eine längere Tour. Da freuen wir uns drauf.

Sonst noch konkrete Ziele fürs nächste Jahr?

Wir hoffen, dass wir im Herbst unser neues Album rausbringen können. Dazu vielleicht eine Tour vor 800 Leuten pro Konzert. Das wäre cool. Das ist eine angenehme Zahl. Ein Publikum, das Präsenz zeigt, aber immer noch irgendwie persönlich ist. Ich glaube einfach nicht an dieses 'nächstes Jahr spielen wir vor 20.000 Leuten'. Das klappt vielleicht auf Festivals, wo wir auch große Shows vor großem Publikum gespielt haben, größer als wir es eigentlich selbst sind. Für uns zählt auf unserer Tour aber diese 800er-Marke. Es läuft schon gut im Moment, und wir sind glücklich mit dem, was wir machen.

Zur Zeit also alles cool, aber gerade in den Anfangsjahren so einer Karriere macht man sich doch bestimmt Gedanken darüber, wie es ist, wenn es mal nicht so läuft, oder?

Ich glaube jeder, der noch nicht ganz oben angekommen ist, denkt darüber nach. Aber das macht ja die Romantik einer Musikerkarriere aus. Dieser große Traum, es auf der ganzen Welt zu schaffen, die vielen Dinge, die man dafür aufgibt. Aber auch dieses Risiko, das dabei besteht. Und ich glaube, das will das Publikum auch sehen. In gewisser Weise wird man ja auch für den Mut bewundert, sich auf so etwas einzulassen. Man macht sich schon Gedanken. Was ist, wenn in fünf Jahren alles festgefahren ist? Dann steht man da mit Mitte 30. Wir haben zwar alle ein abgeschlossenes Studium, aber eben auch im Bereich Musik. Was macht man dann? Und natürlich kann dieses Leben als Band auch einfach anstrengend werden. Kann sein, dass man einfach irgendwann sagt, das packt man nicht mehr, das nervt alles einfach nur noch.

Welche Rolle spielen da die Freunde?

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich mir das Bandleben vorstellen könnte, wenn wir nicht befreundet wären. Wir hängen jeden Tag zusammen rum, mit unserem Drummer wohne ich sogar zusammen. Das heißt, wir sehen uns wirklich jeden Tag im Jahr. Aber weil wir uns schon lange kennen und gute Freunde sind, funktioniert das und macht Spaß.

Wir wären sonst ja auch nicht glaubwürdig. Unsere Band handelt von Freundschaft, unsere Lieder drehen sich um Freundschaft. Dass dann einfach ein paar Kerle auf der Bühne stehen, die eine Band sind und auch wirklich nur eine Band, die privat am liebsten keinen Kontakt untereinander hätte, das würde nicht klappen. Dann könnten wir das, worum es geht bei unserer Musik, einfach nicht richtig rüberbringen. Und das ist nun mal Freundschaft.

Das Interview führten Thomas Haas und David Maurer.

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