laut.de-Kritik

Rock'n'Roll made in Germany.

Review von

Rock'n'Roll stirbt nicht aus. Die kürzliche deutsche Top 5-Platzierung fürs Comeback-Album der Stray Cats war aber mehr, als man im Genre erwarten kann. Surfgitarren, Honkytonk-Klavier und Vintage-Power Pop gibt es jedoch auch made in NRW. Auf der CD "How Much Does It Cost, If It's Free?" rockt das Adriano BaTolba Trio als Gitarre-, Bass- und Schlagzeug-Combo. In ihrer Heimat schreiben die "Westfälischen Nachrichten": "André Tolba ist die Nummer eins der deutschen Rock'n'Roll-Gitarristen". André Tolba nennt sich Adriano und setzt ein "Ba" vor seinen Nachnamen - wahrscheinlich klingt das rhythmischer.

Die Rhythmuspräzision in einem so komplex vor Tempowechseln sprühenden Song wie "Troublemaker" beeindruckt spielerisch. Da glaubt man den Titel "bester R'n'R-Gitarrist". Auf Platte wirkt manches in den ersten Songs zwar weit weg, weil hier eher Rock'n'Roll als Tanz gemeint ist - und weil diese trockene Musik ungestüm und wild, aber melodiearm aus den Lautsprechern platzt. Etliche später folgende Songs klingen aber so wie der Hit "Flowers On The Wall" der Statler Brothers, gekreuzt mit "Get Rhythm" von Johnny Cash und "I'm Walking" von Fats Domino – kurzum, sie gehen leicht ins Ohr.

Das ironische "Fame" über das Tourbusiness hebt sich als Anspieltipp mit grunge'ig bearbeitetem Double Bass und einer frischen Funkyness ab. André a.k.a. Adriano nutzt hier seine Stimme mit etwas tieferem Timbre, als in anderen Songs, für seine Eindrücke von hinter den Kulissen des Showgeschäfts.

Ruhm verblasst dort superschnell: "Fame" war auch (Ba)Tolba kurz beschieden: Adriano kennt jeder deutsche TV-Zuschauer, der vor 15 Jahren schon eine Fernbedienung halten konnte und wollte; damals agierte der Gitarrist in der Band von Sasha unter dem Namen Dick Brave And The Backbeats; mit dem Album "Dick This!" eroberte man damals sogar Platz eins der deutschen Album-Charts.

Unter den heutigen Rock'n'Roll-Größen in Deutschland befinden sich auch The Silverettes, ein Damen-Rockabilly-Trio aus Essen in Glam-Pop-Outfits und mit Coverversionen. Als sie in "How I Roll" dem Männertrio assistieren, bringen sie auch Buntheit in die Klangpalette ein: Ab diesem Punkt biegt die zunächst sehr rockige, raue Platte in eine poppigere, etwas durchgedrehte zweite Hälfte ab.

Mit Kastagnetten ausgestattet, entsteht in "Habanera Baby" auf einer Art Sample von Santanas "Smooth" ein fröhlicher Latin-Hit für beste Stimmung auf der nächsten Grill-Party. Nebst mancher textlicher Anspielung etwa an Willie Nelson kommen Country-Fans im wunderschönen "Forever On My Mind" mit flockiger Western-Gitarre überraschend auf ihre Kosten. Zu den weiteren Highlights gehört das Intro von "Hell Yeah" als Kreuzung aus AC/DC's "Hells Bells" und Neil Youngs "Hey Hey My My".

Das Finale des flüssig durchgespielten Albums bestreitet stilvoll eine Coverversion eines Titels von P. F. Sloan. Der 60er Jahre-Songautor schrieb weitaus mehr als das düstere "Eve Of Destruction" (Basis-Beitrag vieler Gitarrenlehrbücher). Sloan komponierte "Secret Agent Man" für Johnny Rivers. Der beinahe taube, schief singende Rivers war "mein erstes großes Vorbild", sagt Eric Burdon in einer arte-Doku.

Schief, etwas mellow und nach Südsee klingen die Akkorde in "Secret Agent Man" und zeigen Parallelen zur James Bond-Themenmelodie. Das Rock'n'Roll-Rad erfindet Batolba zwar nicht neu. Mehr als plattes Retro passiert aber immer dann, wenn er frei kombiniert. "How Much Does It Cost, If It's Free?" zeigt sich als mühelos herunter gejammte Surfrock-Scheibe mit spielerischem Geschick, voller Abwechslung und in exzellenter Tonqualität. Rock'n'Roll lebt auch 65 Jahre nach seiner Geburt, sogar als deutsches Produkt.

Trackliste

  1. 1. Last One On My List
  2. 2. Jacqueline
  3. 3. Love Means Trouble
  4. 4. Troublemaker
  5. 5. Your Last Mistake
  6. 6. Fame
  7. 7. Just Because
  8. 8. Hell Yeah
  9. 9. How I Roll
  10. 10. Been There, Done That
  11. 11. Habanera Baby
  12. 12. Cotton In The Barn
  13. 13. Forever On My Mind
  14. 14. Secret Agent Man

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