laut.de-Kritik
Endlich wieder Bock aufs Rapstar-Sein!
Review von Yannik GölzIch habe nicht auf den ersten Blick verstanden, was Leute in Amo sehen. Im Gegenteil: Bei Rap La Rue wirkte er so ein bisschen wie Max Muster-Anglerhut-Rapper. Solides Ohr für Melodien, ja, manchmal catchy. Aber beim ersten Eindruck kam er mir nicht wie jemand vor, der bald schmetternd durchbrechen würde. Sogar sein Name war irgendwie generisch. Jetzt ist da dieses Album mit dem wirklich lieblosen Cover, auf dem ein Typ mit grauer Jacke vor einem monochromen grauen Farbfeld steht. Da ist er, der neue Rapstar: Amo. Bekannt von seinem Hit-Track "Amo Aller Amos" auf dem Album "Amo Aller Amos". Ein Pokemon, so oft er seinen Namen sagt.
Und doch: Je länger er da ist, desto mehr kommt es mir so vor, als wäre da doch etwas, das ich anfangs übersehen habe. Denn in der Straßenrap-Ecke lieben sie Amo. Sogar Barcelona-Star Lamine Yamal representete ihn immer wieder. Hört man sich quer durch dieses Album, bekommt ein Gefühl dafür, warum. Er ist ein Azzlack-Everyman mit ganz viel Liebe fürs Game. Seine sonore Stimme und das Gefühl fürs Melodische machen ihm möglich, all die Genre-Sounds der letzten fünfzehn Jahre unaufdringlich in die Gegenwart zu tragen. Das Tape ist entsprechend nicht durch die Bank großartig, aber mehr als solide Hausmannskost.
Fangen wir vielleicht mit der Lead-Single "Amo Aller Amos" an, die ziemlich gut erklärt, warum Amo so leicht zu mögen ist. Da hat er mich nämlich eiskalt erwischt, weil er mich genau da abgeholt hat, wo ich Straßenrap-mäßig emotional immer noch stehe. Der Junge ist einfach ein Fanboy von 385 und von den Azzlacks. Wenn er im Video mit all seinen Elder Statements steht und den Refrain aus einem alten Celo & Abdi-Track geklärt kriegt, dann wirkt er stolz und hungrig und rappt sich ziemlich den Arsch ab.
Das scheint mit das stärkste Argument für dieses Album zu sein: Amo hat absolut Bock, dieser Fackelträger zu sein. Seine Existenz klammert auf eine seltsame Art die Trap-Ära im Deutschrap aus; nicht dahingehend, dass er diesen Sound nicht wertschätzen kann, aber dahingehend, dass ihm egal scheint, dass "Deutschrap den Film nicht peilt". Amo ist kein beschämter Deutschrapper, der Nachts in Future-Bettwäsche träumt, auch ein Ami zu sein, er strahlt dieses Gefühl, dass Deutschrap etwas ist, das man gerne und mit gusto representen kann.
Irgendwie muss ich dementsprechend wirklich jedes Mal lächeln, wenn die Hommagen droppen. "Biji Biji Kurdistan, ich mach es auf die Amo-Art" oder "Deutschrap auf Electro-Beats. Vielleicht hittet es zu genau mein persönliches Nostalgie-Zentrum, aber es fühlt sich erfrischend an, dass er diese Bags von M3-BoomBap und Bazzazian-Gebretter abrufen kann, ohne sich zu verbiegen und es dann doch um diese melodischen, moderneren Gesangshooks erweitert. Auch wenn Amo in keiner Disziplin absolut herausragt, klingt er in allen Elementen wirklich robust.
Dieser Alleskönner-Status gibt dann ein paar solide Highlights her: Auf "Bereit" hält er mit einem randalierenden Soufian mit, auf "Arielle" flowt er dann selbst richtig stark. "Saroukh" mit Celo und "Arbeitsamt" mit Abdi bouncen mächtig und casten das Duo Numero Uno in einer Mentoren-Rolle, die ihnen richtig gut zu Gesicht steht. "Rapstar", "Picasso" und "Blue Lights" zeigen, wie man dennoch in modernere Gefilde abbiegt, ohne dass es zynisch oder aufgesetzt wirkt.
Auf den achtzehn Tracks finden sich natürlich auch ein paar Passagen, die weniger inspiriert oder lustvoll wirken. "Milano" hat eine ziemlich miese Capi-Autotune-Gedächtnishook, "Veronika" kostet Sympathiepunkte mit einem ziemlich ekligen Gefasel über eine Frau, die ihn anscheinend nicht juckt, aber doch genug, um einen pissigen Song zu schreiben.
Aber keine Ahnung, irgendwie ist da doch etwas an "Amo Aller Amos", das man wirklich sehr leicht sympathisch finden kann. Sei es das robuste Handwerk, die vielseitigen, generationenübergreifenden Sounds oder sein überspringender Stolz auf seine lokale Rapgeschichte. Amos große Stärke ist, dass er spürbar Hunger hat. Nach all den Newcomer*innen der letzten Jahre, die so viel jammern, dass es ja so schlimm sei, reich und berühmt zu sein, hat es jemanden gebraucht, der das Gefühl vermittelt, dass es Spaß macht, eine Rap-Sensation zu sein.
3 Kommentare mit 2 Antworten
bin gespannt auf reinhören. bei dem titel hör ich schon abdi wie er mit godflow über amo aller amos (2015) spittet.
is leider nich meins.
Das Snippet ist nice und man bekommt ein gutes Gefühl, wo die produktionstechnisch stehen. Track 18 bzw Thema ist für mich eine Katastrophe.
Naja, junge Männers, die können noch im Bewusstsein leveln. Verseuchen bzw glorifizieren hält die Amos nur klein. Mal schauen wie es weitergeht.
Erinnert mich an Maes
Ganz ganz schlimme Musik. Ich bin großer C&A Fan, aber die Beats auf dem Album, die Autotune hooks… das ist wie die schlimmsten 20 Minuten auf einem Olexesh Konzert. Finster.