laut.de-Kritik
Neue Gute-Laune-Songs für die WG-Küche.
Review von Moritz FehrleEs gehört sicher nicht zu den geringsten Verdiensten in Dr. Dres langer Karriere, 2015 den bis dato weitestgehend unbekannten Anderson .Paak an die Oberfläche gespült zu haben. Der präsentierte sich in sechs Tracks auf "Compton" als dermaßen coole Socke, dass er zum gar nicht einmal so heimlichen Star des Albums avancierte.
Vom plötzlichen Hype um seine Person unbeeindruckt, legte .Paak Anfang 2016 mit "Malibu" das wohl lässigste Album des Jahres hin und groovte sich mit seinen Songs an der Schnittstelle von R'n'B, Funk und Hip Hop in die Herzen urbaner Studenten. Zumindest in meinem näheren Umfeld gab es eigentlich kaum eine WG-Küche, in der "Malibu" nicht rauf und runter lief.
Auch auf dem vierten Album bleibt .Paak sich darin treu, seine Alben nach Orten in Kalifornien zu benennen. Nur ein knappes halbes Jahr nach dem eher enttäuschenden "Oxnard" zieht er einen Ort weiter, nach "Ventura". Die elf neuen Songs stammen dabei aus dem gleichen Aufnahmeprozess, was mich mit einer gewissen Skepsis an das Album herangehen lässt. Die Befürchtung, hier die B-Seiten eines ohnehin schon nicht so richtig prallen Albums serviert zu bekommen, erweist sich allerdings ziemlich rasch als unberechtigt.
.Paak begrüßt mit Chören und lässiger Drumroll, ehe er mit einer gehörigen Portion Soul einsteigt. Dazu gibts gleich auf dem ersten Track einen Rappart von André 3000, und das ist ja bekanntlich nie eine schlechte Idee. Nach "Wheres The Catch" auf James Blakes (fantastischem) Album "Assume Form" ist "Come Home" der zweite Gastauftritt des ehemaligen Outkast-Rappers dieses Jahr und bleibt hoffentlich nicht der letzte.
Auch "Make It Better" ist von der Grundausrichtung ein klassischer Soultrack, der auf den typischen .Paak-Groove trifft. "How do you mend when you're worlds apart", fragt der Musiker, hat aber entschieden keine Lust auf Traurigkeit und macht sich lieber daran, praktische Lösungen für die Beziehungskrise anzupreisen. Die bestehen in .Paaks Welt vor allem darin, sehr viel Sex zu haben. Unterstützung bei der Überzeugungsarbeit leistet Soulveteran Smokey Robinson.
Dass Anderson .Paak auch ein mehr als passabler Rapper ist, beweist er auf "Winners Circle". Inhaltlich verläuft hier alles in bekannten Bahnen: "Told you don't ever give me that gushy, but I didn't mean it. Bring her home and I'ma bust it out the residence. When I get the gushy, I go dumb like the president." Man sieht das unverschämte Grinsen praktisch vor sich.
Zwischen den ganzen "gushies" und "pussies" droht ein Song wie "King James" beinahe unterzugehen. Mit Zeilen wie "We couldn't stand to see our children shot dead in the streets. But when I finally took a knee them crackers took me out the league" wird .Paak ungewohnt politisch. Von den ganzen Rassisten lässt er sich aber nicht die Stimmung versauen, weshalb der Song trotzdem in gewohnter Manier ordentlich nach vorne zieht.
Gegen Ende des Albums wagt sich der Musiker sogar ganz weit in Popgefilde vor. "Jet Black" mit Brandy ist sein Entwurf eines Sommerhits. Ein Kopfnicker, um lässig den Sunset Strip runter zu fahren. Noch mehr gute Laune gibt es auf "What Can We Do?", für das .Paak unveröffentlichte Vocals von "hook master" Nate Dogg einbaut. Der indisch angehauchte R'n'B-Track entlässt den Hörer mit einem breiten Lächeln aus dem Album.
Mit "Ventura" gewinnt der Musiker die Lockerheit zurück, die ihm bei "Oxnard" abhanden zu kommen schien. Auch auf dem vierten Album überfordert die Vielzahl der Ideen beim ersten Hören noch leicht. Dafür finden sich auch beim wiederholten Durchlauf noch kleine Details, und der Spaß, den Anderson .Paak auf dem Album hat, wirkt ansteckend. Der Kalifornier lässt sich von nichts und niemandem den Vibe killen und bietet erneut elf Tracks voll guter Laune für die WG-Küche.
2 Kommentare mit einer Antwort
Finde das Album recht beliebig, Hintergrundmusik für die Wg-Küche ist das schon recht treffend. Außer Come Home, What can we do und Reachin 2 much sticht für mich kein Track wirklich heraus. Fand Oxnard dagegen wesentlich interessanter. Ventura ist für mich sein bisher schwächstes Release.
"Der Kalifornier lässt sich von nichts und niemandem den Vibe killen und bietet erneut elf Tracks voll guter Laune für die WG-Küche."
Wenn das das Fazit unter einem 4/5-Album sein soll, will ich die wirklichen Verrisse eines Moritz Fehrle lieber gar nicht erst lesen...
"Also Andrea Berg kling besser. *dab left* 1/5 *dab right*"