laut.de-Kritik
Julia Engelmann gefällt das.
Review von Dani FrommUnlängst erst machte Roland Kaiser glauben, es existierten nur maximal fünf von der Schlagergewerbeaufsicht zugelassene Metaphern. Andrea Berg kommt mit noch weniger aus: Sie puzzlet ihr "Mosaik" aus der unheiligen Dreifaltigkeit Fliegen-Tanzen-Träumen zusammen, verpackt in schlichteste Haus-Maus-Reime zu immer dem gleichen Vierviertel-Dorfdisko-Billigsynthiebeat.
Faszinierend, wie duld- und genügsam sich eine riesige Zielgruppe diesen wahrlich faden, aufgewärmten Brei wieder und wieder aufs Neue vorsetzen lässt. Möglich, dass die Zombieapokalypse längst in vollem Gange ist. Eine bessere Erklärung dafür fällt mir spontan jedenfalls nicht ein, warum nicht scharenweise Amokläufer herumwuseln, die ihrer Empörung ob dieser einfallslos produzierten, mittelmäßig dargebotenen und strunzdumm getexteten Scheiße mit Gewalt Luft machen.
Hallo, da draußen? Lebt ihr noch? Wie ist denn bitte möglich, dass angesichts des Humbugs, den Andrea Berg da vom Stapel lässt, kein Riot ausbricht? Für so blöd kann sich doch wirklich niemand verkaufen lassen wollen. Noch nicht einmal die vom Leben und diversen ungeschickt gewählten Ex-Ehemännern und Ex-Lovern enttäuschten, geschiedenen Endvierzigermuttchen, die verzweifelt glauben wollen, dass "jedes Ende ein Neubeginn" sei.
Andrea Berg kann diesen "Neubeginn" gerne in jedem zweiten Song gebetsmühlenartig beschwören und immer wieder frisch zum "Höhenflug" bis hinauf zum "Sternenzelt" ansetzen: So lange sich die "große Liebe" in ihren Texten darin erschöpft, sich dann halt dem nächstbesten, vorzugsweise mit einer anderen verheirateten Kerl an den Hals zu werfen und ihn mindestens zum Mittelpunkt des Universums zu verklären, bleibt die nächste Bruchlandung nur eine Frage der Zeit.
"Erst durch deine Liebe bin ich aufgewacht." "Ich gebe mich dir hin, weil ich nur in deinen Armen glücklich bin." "Wenn ich nachts nicht schlafen kann, hör' ich unsere alten Lieder an und im Traum lieg' ich dann in deinen Armen." [Randinformation zum zuletzt zitierten Szenario: Der Ex hat gerade die Kinder vorbei gebracht, ehe er mit der jüngeren Nachfolgerin in einen vergnüglichen freien Tag ohne die Blagen abgeschwirrt ist.]
"Es gibt nur einen, der mich retten kann ... doch er ruft nicht an." Ach. Wenn das mal nicht wirklich nach dem Inbegriff weiblicher Eigenständigkeit, Selbstermächtigung und grenzenloser Freiheit klingt. Die Texte auf "Mosaik" entpuppen sich auch abseits dieser rückständigen Groschenroman-Klischees als eine einzige, dümmliche Phrasenparade, die bei jedem rudimentär denkenden und fühlenden Wesen eigentlich nur ungezügelte Aggression hervorrufen kann.
"Du musst erst fallen, um aufrecht zu gehen." Das ergibt zwar überhaupt keinen Sinn, hält Andrea Berg aber leider nicht davon ab, weitere Ratschläge zu erteilen. Ihr Patentrezept: "Wenn ich falle, steh' ich auf." "Hör' doch auf, die Welt so schwarz zu sehen." "Steh' auf und tanz'." "Sperr' deine Träume nicht mehr ein." "Glaub' an dich." "Wir leben nur einmal." "Alles im Leben hat seinen Sinn, und jedes Ende ist ..." Na, wer ahnt es? "Ein Neubeginn", danke. Dazu gibts Feuer und Eis, Scherben und die üblichen inflationären dunklen Wolken. Doch sei frohen Mutes, Weibchen! Denen folgt ganz gewiss immer wieder Sonnenschein. Pampelmuse dazu? Julia Engelmann gefällt das.
"Ich brauch' dringend 'ne Landebahn." Warum? "Damit ich landen kann." Ahso. "Hallo Houston", wir haben hier mehr als nur ein Problem mit fehlender Bodenhaftung. Geflogen wird in drei von vier Titeln. Kein Wunder: "Wir sind wie Flieger, schwerelos und frei" ("Unendlichkeit"), manchmal aber auch "lichterloh wie ein Komet" ("Ab Sofort Wird Gelebt"), "wie Peter Pan" oder "wie ein Schmetterling mit Rückenwind" ("Steh Auf"). Letzteres: ein rasantes Bild. Hätte man nicht seinen Verstand bei den ersten Takten des Titeltracks an der Garderobe abgegeben, die Frage "Wo sind all die Schmetterlinge hin" ("Jung, Verliebt Und Frei") hätte sich möglicherweise von selbst beantwortet.
Vergebliche Liebesmüh' vermutlich, über die armselige musikalische Ausgestaltung dieses hanebüchenen Blödsinns zu sprechen. Wer sich an der Dämlichkeit dieser Texte nicht stört, der lässt sich auch ranzige Rave-Effekte aus den 90ern als "modernes Soundgewand" andrehen. Eins, zwo, drei, vier, grelle Synthies zum stupiden Mitklatschen passen immerhin zur ebenfalls unangenehm grellen Stimme.
Dabei ist vollkommen unerheblich, ob nun (wie diesmal nur in zwei Tracks) Dieter Bohlen oder DJ Bobo oder ganz jemand anderes am Sound mitgeklöppelt, oder ob Andrea Berg das betreffende Stück ausnahmsweise komplett alleine ausgebrütet hat.
Die jeweils Verantwortlichen halten Schema F eisern drei Tracks lang durch, dann folgt DIE BALLADE. Zum Durchatmen. Wir sind ja alle nicht mehr die Jüngsten, auch wenn wir uns noch so jung und unbeschwert und verrückt und frei fühlen wollen. Damit DIE BALLADE als solche erkennbar ist, braucht sie selbstverständlich dramatisches Klavier. "Geh Deinen Weg" exerziert das vor, eine ebenfalls ausschließlich aus abgedroschenen Worthülsen zusammengequiltete Liebeserklärung, die sich ausnahmsweise nicht an den starkschultrigen Traumprinzen richtet, sondern an die Tochter. "Ich wünsch' dir Flügel aus Träumen." Danke, Mama. Ich hätte lieber 'ne Axt.
... und wenn du denkst, schlimmer gehts nicht mehr, schnulzt von irgendwo der Naidoo daher. "Ich Bin Wegen Dir Hier", schiebt er seiner Duettpartnerin die Schuld für seine unerquickliche Anwesenheit in die Stöckelsandalen, um sich danach in gewohnter Manier einen abzujodeln. "Du bist ein Schaaatz, ein wertvoller Schaaatz."
Das war euch nicht katholisch genug? Na, wartet nur. Ganz zum Schluss beschert die christlich kolorierte Schmonzette "Das Wunder Des Lebens" noch ein echtes Martyrium, bei dem Mannheims Messias ebenfalls die Finger im Spiel hatte. Immerhin singt er diesmal nicht, während das Trio Berg-Bobo-Naidoo im Dreivierteltakt den langsamen Walzer in den Fototapeten-Sonnenuntergang schwoft. Herr im Himmel! Wirf mir doch bitte ein frisches Hirn runter, dieses ist am Ende. Und dazu, wenn es nicht allzu viele Umstände macht, eine kleine Kettensäge? Amen!
15 Kommentare mit 40 Antworten
Musik für Sodhahn. Deutsch, stumpf, schlecht. Darauf steht er.
Schnauze Nazi
Keine einzige Falte im Gesicht. Herrlich
Echt mal, hat die sich wieder liften lassen oder Photoshop?
"Ich brauch' dringend 'ne Landebahn." Warum? "Damit ich landen kann."
Der Rhyme ist fett
Jaja typisch laut.de .... alles was kommerziell ist, wird automatisch als Scheiß bewertet. Lächerlich diese Plattform.
@DerTestaffe:
Na ja, wenn sich das kommerzielle Produkt nicht den Hauch einer Mühe gibt, mehr zu sein als ein kommerzielles Produkt - was ist es denn dann Anderes als Scheiß?
Gruß
Skywise
Ich höre die Andrea Berg schon viele Jahre und bin durch Zufall hier gelandet. Starke CD wieder mal! Nur die Bewertung von laut.de verstimmt mich gerade etwas.
beim Onlinehändler mit dem großen A gibt es 78% mal 5 Sternchen. Also kann die Platte gar nicht so schlecht sein
Guter Beitrag, der vor allem durch seine verstandsabwesende Logik überzeugt!
Das ist doch jetzt entweder stumpf getrollt oder keinen Meter weit gedacht.
Wen erwartest du denn, bei den Bewertungen auf Amazon anzutreffen? Einen Querschnitt durch die deutsche Gesamtbevölkerung? Wer da ne Andrea Berg-CD bewertet hat, wird sie wahrscheinlich gekauft haben und wer das tut, ist sehr wahrscheinlich Fan von Andrea Berg im Speziellen und vom Schlager allgemein. Wenn der gemeine Schlagerfan als besonders kritisch gelten würde, hätte er schon lange gemerkt, dass in diesem Genre nix neues mehr erzählt wird und sich diesem vor Jahren abgewandt.
mit Ekel abgewandt!