laut.de-Kritik

Durch und durch Neo-Soul.

Review von

Nehmen wir mal an, Angie Stone wäre eine dieser aufstrebenden Jung-Talente des Soul und "Stone Love" ihr Debüt-Album. Die Jünger des Genres, inklusive Rezensent, könnten sich über eine neue, frische, vielversprechende Dame freuen, die den passenden Soundtrack für die ruhigeren Stunden des Lebens liefert.

Der Umstand, dass Angie aber eine der Wegbereiterinnen der heutigen Neo-Soul-Szene ist und auch in Sachen Female-Rap echte Pionierleistungen vollbracht hat, wirft ein etwas anderes Licht auf das neue Werk der Sängerin. Denn "Stone Love" versprüht neben der frischen Leichtigkeit eines Newcomers auch die Abgeklärtheit und Klasse einer erfahrenen Künstlerin, die sich in der Szene auskennt.

Für einen Vergleich kommen auf diese Weise ebenso musikalisches Frischfleisch à la Floetry, Jaguar Wright oder Jazzyfatnastees in Frage, wie auch die etablierten Künstlerpersönlichkeiten einer Jill Scott, India Arie oder eines D' Angelos. Angie Stone passt somit genauso auf eine frische Missy Elliot-Produktion ("U-Haul"), wie zu einer Ballade im Stil der Siebziger Jahre ("That Kind Of Love"). Das soll nicht heißen, dass auf diesem Album für jeden das Passende dabei ist. Dafür hat Angie in ihrer langjährigen Karriere schon zu sehr den eigenen Stil entwickelt. Von der Befriedigung einer möglichst weiten Käuferschicht kann also keine Rede sein. Es soll vielmehr bedeuten, dass Angie ihren Sound auf einer breiten Palette verschiedenster Nuancen präsentiert.

Auf den simplen Missy-Track, verführerisch lediglich dank Boom Bap, Gitarre und Piano, folgt so ganz selbstverständlich ein wunderbar smoothes Neo Soul-Lehrstück mit Anthony Hamilton ("Stay For A While"). Ohne Probleme eröffnet das funkige "I Wanna Thank You" mit deutlich angezogenem Tempo und Raps von Hundeschnauze Snoop Dogg ein Album, auf dem noch einige harmonische Balladen und Curtis Mayfield warten.

Natürlich hat es sich Angie nicht nehmen lassen, ein Teil des Albums selber zu produzieren. Von dem Songwriting ganz zu schweigen, dessen Qualität schon Mary J. Blige oder SWV überzeugten. Textlich geht der Hauptteil des Longplayers auf Angies Kappe, während ihr bei den Instrumentals zu den schon genannten Mittätern noch Rufus Blaq, Jazze Pha und Warryn Campbell unter die Arme griffen. Allen voran brilliert Rufus Blaq bei "Lover’s Ghetto", wo er mit seiner Bläserkapelle ganze Arbeit leistet.

Ansonsten hat Angie viel Liebe zu geben und spricht etwa auf Harfe-Klängen eindeutige Einladungen aus ("Come Home") oder schmachtet in Sehnsucht, untermalt von seichten Uuuuhs und Aaaaahs, beim Kampf um Mr. Right. Immer entspannt gibt sich die Stimme von Madame Stone, die sich niemals anmaßt, die ruhige Stimmung durch übertriebene Oktaven-Sprünge zu vermiesen. Nötig hätte sie eine Profilierung mit einem außer Kontrolle geratenem Vokal-Organ dreimal nicht. Dafür passen ihre samtweichen Töne einfach viel zu gut auf groovige Bässe und emotionale Pianos.

"Stone Love" ist also durch und durch Neo-Soul. Natürlich mit den Eigenheiten dieses Genres, das textlich mehr oder minder limitiert ist auf Themen, die es mit dem Herzen haben. Musikalisch schlägt der Zeiger, durchgehend auf Entspannung zeigend, dementsprechend selten aus. Für unberechenbare Interpretationen von Soul, wie sie etwa Erykah Badu vollzieht, ist Angie Stone nicht die Richtige, aber von Berechenbarkeit ist sie trotzdem so weit entfernt wie ihre Turban tragende Kollegin. "Stone Love" ist in Stein gemeißelter Soul, vielleicht nicht für die Ewigkeit, aber allemal für einen Genuss, der so lange anhält, bis Miss Stone mit einem weiteren Album um die Ecke kommt.

Trackliste

  1. 1. Stoned Love
  2. 2. I Wanna Thank Ya
  3. 3. My Man
  4. 4. U-Haul
  5. 5. Stay For A While
  6. 6. Lovers' Ghetto
  7. 7. Little Bit Of This, Little Bit Of That
  8. 8. You're Gonna Get It
  9. 9. Come Home (Live With Me)
  10. 10. You Don't Love Me
  11. 11. Remy Red
  12. 12. That Kind Of Love
  13. 13. Touch It
  14. 14. Cinderella Ballin'
  15. 15. Karma
  16. 16. Wherever You Are
  17. 17. I Wanna Thank Ya

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Angie Stone

Seien wir mal ehrlich, Soul-Sängerinnen gibt es wie Sand am Meer. Dass sie qualitativ aus der Masse herausstechen, kommt weit seltener vor. Diejenigen, …

Noch keine Kommentare