laut.de-Kritik
Review von Michael EdeleSo ganz sicher warum, bin ich mir eigentlich immer noch nicht, aber der Bringer war das Konzert irgendwie nicht. Es lag bestimmt mit daran, dass der Funke bei keiner der drei Bands so richtig übersprang, weder auf noch vor der Bühne dürfte auch nur einer so richtig ins Schwitzen gekommen sein. Musikalisch konnte man aber weder Pain noch Atrocity einen Vorwurf machen.
Ganz im Gegensatz zum Opener Samsa's Traum. Zu den fünf Gestalten, die sich zu einer Mischung aus halbgaren Goethes Erben und hüftlahmen In Extremo Imitaten auf der Bühne tummelten, fällt mir eigentlich nicht viel ein. Ein Chick als Backingboje, ein Kerl mit verlängerter Saxophontröte und ein Drumcomputer sind halt noch kein Garant für Originalität. Jedes Mal, wenn man dachte, die Tröte spuckt mal 'ne anständige Melodie aus, nahm der das Ding aus der Nuschel und die Melodie kam vom Band. Dass sie nach der Ansage:" Jetzt kommt unser letztes Stück!", den meisten Applaus verbuchen konnten, sagt alles.
Mehr als nur Höflichkeitsapplaus gab's dann bei Pain. Das erfolgreichste Nebenprojekt von Hypocrisy Frontförster Peter Tätgren legt mit dem Opener der ersten Scheibe "On Your Knees" mächtig los. Zwar merkte man Tätgren mittelstarke stimmliche Probleme an, jedoch wurde der Gesamteindruck dadurch kaum geschmälert. Songs wie "Suicide Machine", "On And O" oder "End Of The Line" gehen mit ihren simplen, aber mördermäßigen Gitarrenriffs direkt in die Birne und dem Mischer gelang es auch die Keys vom Band zwar bestimmend, aber nie dominant rüberzubringen. Dass auf einen Bassisten verzichtet wurde, fiel überhaupt nicht ins Gewicht, da beide Klampfen sowieso die selben Riffs zocken. Schon hier zeichnete sich ab, dass einige Fans eher wegen Pain, als wegen Atrocity vor Ort waren. Wenn Pain mal nicht auf einmal größer als Hypocrisy werden. Absoluter Kracher war dann der letzte Song, eine Extrem-Coverversion von dem Beatles Track "Eleanor Rigby". Schwer cool.
Ob man mit Atrocity jetzt den Schuldigen gefunden hat, dass der Abend nicht der Kracher war, sei mal dahin gestellt. Außer Sänger Alex und den üblichen, spärlichst bekleideten Entertainment-Chicks war auf der Bühne nicht viel los. Könnte sein, dass sich die Jungs inzwischen zu sehr auf Outfit und eben ihre beiden Ladies verlassen. Der erste Teil des Sets wurde in den schon von diversen Photos bekannten "Rüstungen" performt, erst nach der Pause kam man in traditionell schwarzen Jeans auf die Bühne. Schade eigentlich, da die Songauswahl recht passabel war. Zwar wurde auf jeglichen Song vor "Blut" verzichtet, doch die größtenteils neuen Tracks wurden astrein vertont und vor allem Alex konnte gesanglich voll überzeugen. "Taste Of Sin", "Seasons In Black" und vor allem "Zauberstab" sind live nicht zu verachten. Manko war jedoch der viel zu leise Gitarrensound, der vom Band kommende Keyboardsound dominierte viel zu sehr.
Für die Zugaben "Sound Of Silence", den sie sich sowohl auf CD als auch live hätten verkneifen können, und für "Shout" ließ sich Alex von seiner Schwester Jasmin unterstützen, die wohl mehr denn je mit sich selbst und der Welt im Reinen ist (oder einfach nicht von dieser Welt stammt). Dass nicht alle Fans mit der neuen Scheibe einverstanden waren, zeigte sich deutlich an der doch recht leeren Halle, und wenn Atrocity nicht aufpassen, verscherzen sie es sich noch mit den verbliebenen, denn spätestens nach einer Stunde gehen einem die sich verkrampft lasziv räkelnden Damen doch auf die Nüsse. Zwar stimmten mich "Die Todgeweihten" wieder einigermaßen versöhnlich, aber wie gesagt, der Bringer war's halt doch nicht.