laut.de-Kritik

Brutale Zerstörungsorgien mit künstlerischer B-Note.

Review von

Christlicher Metalcore ließe sich an wohl genährten Vorurteilen aufhängen, noch bevor der erste Ton eine Chance bekommt. Zum Scheitern verdammt, also? Wenn es eine Truppe gibt, die derart eingezäunte Toleranzbekundungen regelmäßig überzeugend nach Timbuktu prügelt, ist es August Burns Red. So viel ideenreicher, technisch versierter und kunstvoller, als es die unliebsamen Attribute erahnen lassen.

Nachdem "Rescue & Restore" zuletzt bereits jede Menge Potenzial ausschöpfte, erklimmt "Found in Far Away Places" die nächste Stufe auf der Himmelsleiter. Bevor sich die fünf Mannen aus Pennsylvania aber ihren Weg gen Erleuchtung bahnen, müssen sie die Welt erst einmal in Sodom und Gomorrha zerlegen.

"Destroy everything", versetzt der ansatzlose Willkommensgruß "The Wake" sämtliche Körperpartien in Alarmbereitschaft. Um ihr Brüllmonster Jake Luhrs formiert, lässt die Truppe den Opener wie einen Schlag vor den Kopf explodieren. Rasend schnelle Rhythmuswechsel gestatten nur eine Marschroute: "Wake up and save yourself."

Eine ernstzunehmende Ansage, denn was nun folgt, verschüttet endgültig jeden Fluchtweg. "Martyr" spielt sich mit ultrafiesen Pickings und kampferprobten Shouts in Rage. Dann, wie aus dem Nichts, vollkommen unvorbereitet ein radikaler Szenenwechsel: Das Gebrüll verstummt, melodische Gitarrenfiguren, bluesige Soli und Streicher beschwören eine bizarre Melancholie herauf. Als sich das Schlagzeug schließlich aufrichtet, um ein gemächliches Erwachen aus der Idylle einzuleiten, bleibt plötzlich die Zeit stehen: Unter Gänsehaut lässt das überraschend einsetzende Melodie-Inferno einen Breakdown der absoluten Extraklasse vom Stapel.

Mit diesem famosen Einstieg haben August Burns Red die Messlatte ziemlich früh ziemlich hoch gelegt. Dass der vorprogrammierte Leistungseinbruch im Anschluss trotzdem ausbleibt, beweist einmal mehr: Da sind kreative Köpfe am Werk, die ihre abgefahrenen Ideen auch noch elegant umsetzen. Als hätte man kleine Kinder auf einen Abenteuerspielplatz ausgesetzt, suchen JB Brubaker und Brent Rambler an den Gitarren ständig nach neuen Schlupflöchern.

Mittlerweile schon eine Art Markenzeichen der Band, inszeniert das nerdige Klampfenduo ein lebendiges Wechselspiel aus zerberstendem Vernichtungswahn und genrefremden Zwischenechos. So bittet "Separating Seas" vorübergehend zum sibirischen Volkstanz, und "Majoring The Minors" steppt für eine Weile stilecht durch die Weiten des wilden Westen. Sobald wieder metallische Strukturen gefragt sind, rufen die punktgenauen Kommandos von Trommelakrobat Matt Greiner die Tracks zurück in die Spur.

Um den Mosh-Pit ohne abgedrehte Unterbrechung anzuheizen, hat man sich A Day To Remembers-Darling Jeremy McKinnon ausgeliehen. Der bereichert "Ghosts" nicht nur um griffige Clean-Passagen, sondern reißt auch im Breakdown-Hagel mit ordentlich Schaum vorm Mund die Wände ein. Der verhältnismäßig straighte Zwischenstopp auf vertrautem Metalcore-Terrain entpuppt sich als erfrischende Ausnahme. Spätestens das sechseinhalb-minütige "Broken Promises" bläst dann wieder experimentierfreudiger zur "escape into the unknown".

Als sich "Vanguard" zu einem beherzten "Goodbye" aufrafft, muss der Hörer sich langsam aus den Fängen dieser Platte losreißen. Was August Burns Red auf "Rescue And Restore" schon auf höchstem Niveau angezettelt haben, entwickelt auf ihrem siebten Studioalbum einen Sog, der noch viel zielstrebiger auf den Hörer einwirkt. Zerstörungsorgien lassen sich kaum schöner verpacken, christlicher Metalcore hin oder her.

Trackliste

  1. 1. The Wake
  2. 2. Martyr
  3. 3. Identity
  4. 4. Separating Seas
  5. 5. Ghosts feat. Jeremy McKinnon
  6. 6. Majoring The Minors
  7. 7. Everlasting Ending
  8. 8. Broken Promises
  9. 9. Blackwood
  10. 10. Twenty-One Grams
  11. 11. Vanguard

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LAUT.DE-PORTRÄT August Burns Red

Im März 2003 entschließen sich ein paar Kiddies auf einer Highschool in Lancaster in Pennsylvania, in einer Band der etwas härteren Gangart zu spielen.

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