laut.de-Kritik
Der schmale Grat zwischen Wacken und Musikantenstadl.
Review von Yan TemminghoffSeit 35 Jahren sind Axxis auf Achse. Bernhardt 'Beinhart' Weiß und Harry Oellers halten trotz einiger Stilistik-Schlenker und Besetzungs-Querelen den Kahn auf Kurs und läuten nun die letzte Glocke mit Studioalbum Nr. 16.
Das stete Pendel zwischen hart und zart auf den ersten fünf Stücken zeigt einen guten Querschnitt durch das bisherige Schaffen der Mannen aus Lünen und dass sie einiges an Einfluss auf die straighte und auf Erfolg schielende Fraktion im Metal-Biz genommen hat. Man denke nur an einen Haufen heulender Wölfe aus dem Saarland, der mit seinem Power Metal meets Grusical für Aufsehen sorgt.
Hier geht es um griffige Hooks, reckende Fäuste und schüttelnde Haare, sonst nix. "Coming Home" haben bereits die Scorpions geträllert. Der hier platzierte gleichnamige Titeltrack ist hingegen ein Axxis-Unikat, Melodic Rock in Reinkultur und hart an der Kitsch-Grenze angesiedelt. In Verbindung mit dem knallharten Banger "Atlantica" wirkt das wie ein unschlüssiges Wechseln zwischen den Radiokanälen Rockland und Schlager.
"Love Will Shine For Everyone" macht passend, was nicht zusammen passt. "Like a diamond in the sun, love will shine for everyone" rangiert irgendwo zwischen Goethe und Gosse und dürfte sowohl in Wacken wie im Musikantenstadel eine gute Figur abgeben.
"Irish Way Of Life" ist nomen est omen mit reichlich Folk angereichert und beweist, dass man im Metal nur eine Augenklappe benötigt, um die Genre-Scheuklappen abzulegen. Harr und Cheers.
Mit ihrem Debüt "Kingdom Of The Night" veröffentlichten die Kumpels in Kutten ihren größten Erfolg, der mit seinem Metal-affinen Hardrock den Weg für 35 Jahre Stahlarbeit geebnet hat. "Lord Of Darkness" knüpft vom Titel an her an den Erstling an.
Die Lyrics künden vom ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, Fantasy und Überleben, Metalsprech as its best. Wie wäre es mal mit ein wenig mehr Alltagsnähe? Wenn die wohlgenährte Nachbarskatze zum wiederholten Male ihre Morgentoilette im Hochbeet verrichtet, gäbe dies eine prima Hintergrundfolie für einen zünftigen und Ärger-katalysierenden Headbanging-Song ab. Auch auf cat, fat, dead lässt sich sehr gut reimen.
Das starke Statement "I Won't Sell My Soul" konterkarieren Oellers olle Kirmes-Synthies. Auf der Schlussrunde angekommen fahren Weiß und Co. beim Albumcloser auf der letzten Rille.
Auf Albumdistanz liefern die Recken aber ein authentisches Statement ihres Könnens ab. Dabei versprühen Axxis eine immense Spielfreude, von der sich der Autor 1995 als Zwölfjähriger bei Rock Am Ring selbst überzeugen konnte. Somit fällt die Vorstellung schwer, dass nun der letzte Vorhang oder besser gesagt der Hammer fällt.
2 Kommentare
Die Langlebigkeit diverser teutonischen Metalacts der Achtziger verdient Respekt.
Keiner von denen wurde reich damit.
Hören kann man es trotzdem nicht mehr.
Die Übergänge zwischen Wacken und Musikantenstadl sind doch mittlerweile fließend.