8. November 2007

"Mir ist jedes Mittel recht!"

Interview geführt von

Schauspielerin, Moderatorin - und jetzt auch Sängerin. Barbara Schöneberger hat eine CD aufgenommen, deren Titel programmatisch scheint: "Jetzt Singt Sie Auch Noch!" Dahinter verbergen sich ein erfolgreiches Team - und eine überzeugende Künstlerin.Die Schöneberger - jetzt singt sie auch noch! Dank der Vermittlung von Kollege Dobler bekomme ich einen raschen und kurzfristig anberaumten Interview-Termin. In Hamburgs Park Hyatt-Hotel melde ich mich an der Rezeption, trage mein Anliegen vor und werde höflich gebeten, doch in der Lobby für einige Minuten Platz zu nehmen. In freundlicher Atmosphäre erfolgt kurz danach die Begrüßung durch Barbaras Assistenten, der mich zu ihrer Suite geleitet.

Wir treten ein, und da steht sie mir gegenüber, mit diesen faszinierenden, meerblauen Augen, in ein schlichtes, allerdings höchst elegantes, schwarzes Kostüm gewandet: Deutschlands neue Diven-Hoffnung Barbara Schöneberger. Oder will die Künstlerin vielleicht gar keine Diva sein?

Quirlig jagt sie durchs Zimmer, und wir machen uns kurz bekannt. Ich erläutere, wie überrascht ich von der Tatsache bin, dass Barbara Schöneberger nun sogar eine Platte herausbringt (eine Vorab-CD mit fünf Tracks hatte ich gerade rechtzeitig am Vortag erhalten). Barbara reißt die Augen auf: "Wie, nichts mitbekommen von der kommenden CD?" Sie wendet sich (spielerisch) empört an ihren Assistenten: "Unglaublich! Da scheint mit unserer Promotion irgendwas nicht zu stimmen"!

Wir nehmen Platz an einem kleinen Tischchen. Nach dem Getränkewunsch wird gefragt, ich nehme vom Hinweg vorab sehr durstig gern ein großes Glas Mineralwasser, bevor unser eigentliches Interview beginnt. Ich schalte das Aufnahmegerät ein, und lege mir meine kleinen Stichwort-Zettelchen auf den Tisch. Barbara Schöneberger ist entzückt. "Und das alles in so schöner Schrift!" Doch sie warnt mich: "Das ist alles so unstrukturiert bei mir. Ich komm' vom Hundertsten in Tausendste!"

Barbara Schöneberger ist in erster Linie als Moderatorin und Schauspielerin bekannt. Wie kam es zu dem Entschluss, jetzt eine CD aufzunehmen?

Ach, es gab da keinen speziellen Auslöser. Es ist einfach so, dass das alles so eine spezielle Entwicklung ist, abgesehen davon ist das TV-Geschäft für den Zuschauer sicher das Vornehmliche, wo ich mich rumtreibe. Doch das TV ist für mich nur ein kleiner Teil meiner Arbeit, das Meiste, was ich mache, findet außerhalb des Fernsehens statt. Sonst würde ich mich auch gar nicht trauen, mich als Moderatorin zu bezeichnen, denn im Fernsehen arbeite ich ja nun schon seit Jahren nicht mehr als Moderatorin.

Ich unterhalte einfach gern Leute! Und da ist mir jedes Mittel recht! Und dazu fehlt mir dieses (Musik-) Ding noch. Es war allerdings nicht so, dass ich mich hingesetzt und nun überlegt habe, was geht denn noch oder was könnte ich noch machen? Ich hatte einfach Lust, mich weiterzuentwickeln, das ist halt ein Entwicklungsprozess. Nicht so ein "Bumsfallera, jetzt mach' ich eine andere Schiene", und erfinde alles neu, doch auf einer Moderations-Bühne zu stehen und Leute zu unterhalten, ist im Prinzip schon ähnlich. Wenn man sich entscheidet, zu singen, sollte man auch ein bisschen singen können, natürlich, und ich hatte einfach Lust, was zu machen, wo ich selbst bestimmen konnte, was jetzt passiert.

Man muss die Leute auch überraschen können! Ich finde, die normale Fruchtfolge der deutschen Moderatorenriege der 2. Klasse ist irgendwie: Erst eine eigene Sendung, dann irgendwo als Gast, danach eine Unterwäschekollektion, Silberschmuck, Home Shopping Europe, schließlich "Adieu, Cherie" und hoffentlich Mutter werden. Ich habe immer gedacht: "Das mache ich nicht." Dem muss ich einen Riegel vorschieben! lacht

So fiel dann die Entscheidung "Ich mache Musik". Wie ging das vonstatten? Wie sah es mit der Songauswahl aus, und den ganzen anderen dazugehörigen Sachen, das hat sich sicher über einen längeren Zeitraum hinweg entwickelt?

Nein! Es hat nur vier Stunden gedauert, und in diesen vier Stunden habe ich mit Frank Ramond, der dann die Texte geschrieben hat, gesprochen, was möchte ich gern machen würde. Länger hatte er nicht Zeit, und ich auch nicht. Dann bin ich wieder nach Hamburg gefahren und im Elbtunnel-Stau stecken geblieben - ebenso lang, wie das Gespräch dauerte ...

Der Suite-Türsummer meldet sich vernehmlich. Barbara springt auf und ruft lauthals: "NEIIIIIIIIIIN!!!!!" Ihr Assistent öffnet, ein Mann vom Room-Service steht in der Tür und erkundigt sich auf englisch, ob alles zu vollster Zufriedenheit wäre. Gestikulierend wendet sich die Sängerin an den Hotel-Mitarbeiter: "It is perfectly clean! Can you tell anybody, that we are completely happy?! Thank you very, very much!" Scherzend und warmherzig verabschiedet sie den hilfreichen Herrn. "Uff! Wirklich bald jede Stunde wird nachgefragt! Der Service ist toll! Schön ist das auch, wenn sie wissen, dass jemand vom Fernsehen im Zimmer ist, da kommen sie sogar manchmal gern zu dritt!"

"Ich bin ein sehr fauler Mensch"

Zu Frank Ramond noch einmal ...

Ja, ich bin endlos stolz drauf, dass er sich dazu bereit erklärt hat, mitzumachen. Denn die sind alle auf ihn eingestürmt ohne Ende; der hat einen Echo gewonnen, war beim Grand Prix und hin und her, und dann kommt noch die Frau Schöneberger und sagt: "Ich möcht' jetzt auch singen". Danach haben wir uns - wie gesagt - richtig getroffen, und Herr Ramond war sehr zurückhaltend, zunächst mal, was ich auch sehr lustig fand. Dann haben wir uns wirklich nur noch einmal richtig zusammengesetzt, um endgültig zu klären: "Machen wir's?", da dann eben die vier Stunden. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie es dann wird; dass da jemand ist, der für mich deutsche Texte schreibt, die ich lustig und gut finde. Eben für mich konzipiert, und gerade seine Arbeiten für Annett Louisan und Roger Cicero - das ist es dann eigentlich auch schon für mich an deutschen Texten, mehr brauch' ich nicht aus dem deutschsprachigen Raum.

Nichts mit beispielsweise Juli, Kettcar, Tomte oder ...

Ja, Tomte, o.k., aber ich muss sagen, was Frank Ramond da macht, find' ich schon besonders gut, gerade, weil er es geschafft hat, mich wirklich zu überzeugen. Ich meine, ich kenne mich ja schon lange, und wie er das alles auf den Punkt gebracht hat in den Texten! Wenn man die ganze CD hört, dann merkt man, dass es wirklich speziell für mich persönlich geschrieben ist ... das Thema ist einfach: Ich. lacht

Ich muss gestehen, dass auch ich zunächst etwas skeptisch war. Doch nach dem Hören der Vorab-CD mit den fünf Songs war ich sehr angetan. Da war ich sicher in einer ähnlichen Position wie viele, die zunächst vorurteilsbehaftet denken, eben nach dem Motto: "Jetzt singt sie auch noch!"

Aber ich hab' ein Bombenteam! Frank Ramond und Matthias Hass, also, da sind wir schon mal Spitze. Ich kann keine CD machen, und dann sind nur so Quatschtexte da. Und ich kann auch nicht selber schreiben, vielleicht so nach dem Motto: Oh, dann verdiene ich sogar noch mehr Geld. Da muss ich also weiter kleine Brötchen backen in der Zukunft! Ich wollte das Gefühl haben, wir machen jetzt das Beste, was geht für mich.

Ob da nun der Zuhörer mitspielt, der Konsument, keine Ahnung. Aber der macht wohl sowieso wahrscheinlich wieder, was er will, und kauft oder kauft nicht. Das kann man natürlich nicht beeinflussen. Mir geht es auch darum, in diesem Bereich eine persönliche Glaubwürdigkeit aufzubauen. Darum gehe ich jetzt zunächst auf eine kleine Tournee, und erst danach erscheint die CD.

Ich las, dass Barbara Schöneberger nie Gesangsunterricht genommen hat. Ist das richtig?

Ich mache eigentlich nur Sachen, die leicht sind für mich! lacht Ich bin ein sehr fauler Mensch, im Sinne von: "Ich geh' nicht gern dahin, wo's wehtut". Deswegen wird aus mir auch nie ein Sportler. Sachen, die mir nicht aus meinem tiefsten Innern ein wirkliches Bedürfnis sind, da tue ich mich schwer mit. Aber singen konnte ich immer schon! schmunzelt

Sonst hätte ich das auch nicht angefangen, wenn ich nicht eine Stimme hätte, einen Ton halten könnte und so weiter, dann würde ich auch nie auf so eine Idee kommen. Frank sagt: "Du kannst nicht ALLES machen mit einer Stimme, aber du kannst schon VIEL machen mit einer Stimme". Rein technisch gesehen.

Zu Anfang kommst du in das Studio und triffst dich mit dem Komponisten. Der singt dir das alles vor mit seiner brummeligen Stimme, wie er sich das so vorgestellt hat, und weiß selbst manchmal auch nicht mehr genau, wie er sich die Melodie gedacht hat. Dann habe ich das als erstes mühsam Zeile für Zeile nachgesungen. Danach habe ich diese zwei Songs mit nach Haus gekriegt, konnte mir das die ganze Nacht lang anhören, und am nächsten Tag haben wir das alles schließlich richtig eingesungen.

So schnell kann das gehen - innerhalb von fünf, sechs Tagen haben wir die ganze CD eingesungen. Wir hatten da auch keinen Bock, da zu lange an einem Projekt herumzufummeln, denn erfahrungsgemäß weiß man, je länger so ein Projekt dauert, desto mehr Leute kommen vorbei, die dann immer sagen: "Ja, hier könntest du noch mal mehr so und hier so..."

Wie ging die Auswahl der Coversongs vonstatten? Da sind unter anderem ein Titel von Johanna von Koczian, zwei von Hildegard Knef ...

... und "Fredy" von Eartha Kitt! Das hatte ich mir so gewünscht! (Barbara fängt lauthals zu singen an: "Fredy / Mein süßer, ungestümer Fredy / Fredy /Geh' nicht zu meiner Freundin Hedy" Das ist wunderbar, das find' ich toll! "Das bisschen Haushalt" wurde vorgeschlagen, und den Song mochte ich, weil, mein Freund sagt wirklich zu mir: "Ach komm, das kann doch nun wirklich nicht schlimm sein, mal die Geschirrspülmaschine einräumen". Ja, so ist das.

"Die Erfolgs-Formel habe ich noch nicht gefunden"

Gab es irgendeine Beteiligung an der Textarbeit zu den brandneuen Songs?

Nein! Ich habe kein einziges Wort daran mitgeschrieben. Ich habe Frank aber gesagt, worüber er schreiben soll. Ich habe ihm meine Themen gesagt, und meine Haltung zu den Themen. Ich habe gesagt: "Ich als Frau sehe das so", oder "Ich als Frau gehe mit einem Mann so und so um". Also, da sind natürlich auch Sachen in den Texten, bei denen ich etwa erklären muss: Ich habe mir natürlich noch nie nach dem Geschlechtsverkehr mit jemandem sein Ipod und Handy eingesteckt.

Das ist nur ein Gag! Grundsätzlich halte ich das aber auch nicht für so entscheidend, ob du selbst Texte schreibst oder "nur" interpretierst. Wenn jemand einen Song im Radio hört, der überlegt dann doch auch nicht: "Hat der Sänger den denn selbst geschrieben und komponiert?" Sinatra hat das nicht gemacht, und Roger Cicero auch nicht! Klar, ich will mich wiederfinden in dem jeweiligen Lied, und das ist auf dem Album gottlob absolut der Fall.

Wie viel echte Barbara Schöneberger steckt denn in den Texten?

Es gibt z.B. ein Lied, "Wie Wars Für Dich", da geht es darum, dass sie denkt: "Als du mich auszogst / Fiel mir siedendheiß ein / Mein Kostüm / Müsste noch in der Reinigung sein", diese komischen, plötzlich aufkommenden Gedanken, während man eigentlich etwas anderes tut. Ich glaube, das kennt doch jede(r). Das ist vielleicht ein bisschen abstrakt. Oder eben der Titelsong. Da geht es doch eigentlich darum, wie sich Frauen so untereinander über andere unterhalten. Also, das ist haargenau für mich geschrieben!

Dann gibt es eine Passage in "Nicht Dass Du Denkst", bei der fühle ich mich selbst getroffen, nämlich bei der Zeile: "Ich geh' normalerweise auch nicht mit jedem gleich mit / Nicht mit jedem Hintz / Und Kuntz/ Und Schulz / Und Schmitz." ... Keine Chance bei Barbara Schöneberger also, als Schulz ...

Lächelt höchst gewinnend und schaut sehr lieb mit großen Augen Ach, das gilt doch nicht bei jedem Schulz! ... Nur bei jedem dritten.

Wie sieht es mit der persönlichen Einschätzung aus: Wird das Album ein Erfolg?

Da rollt jetzt so eine PR-Maschine an, da bin ich selbst gespannt, was dabei rauskommt. Denn: Es gibt so viele Sachen, und ich glaube, dass viele davon wirklich richtig gut sind, doch so wenig davon haben wirklich Chancen. Es geht immer darum, wie viel Gehör man sich verschaffen kann im Markt, das kann man nie voraussehen. Wer das könnte, kann auch übers Wasser gehen. Wenn man wüsste, wie man's machen müsste, damit es Erfolg hat! Da hab' ich auch im Fernseh-Bereich schon händeringend nach gesucht, aber die Formel nicht gefunden.

Was lag zuletzt im persönlichen CD-Player?

Gestern Abend habe ich Madeleine Peyroux gehört, ganz toll, dann ... was höre ich eigentlich sonst so? .... Eartha Kitt habe ich immer eine Menge drinliegen, und Coldplay, "Parachutes", das ist mit deren beste CD.

Und Rap und Hip Hop?

Finde ich total cool, kenne ich mich damit aber nicht aus! Aber wenn ich auf eine Party gehe und höre das, finde ich das nur geil. Auch so Sachen wie Justin Timberlake und Nelly Furtado gefallen mir. Aber, um ehrlich zu sein: Momentan die aktuellen Sachen kaufen, etwa Nelly Furtado, von der ich zwar das vorige Album habe, würd' ich nicht, weil: Ich denke, in zwei Wochen will ich das eh nicht mehr hören wollen.

Doch spezielle Klassik-Sachen, die will ich mir gern noch mal zulegen, oder man denkt Sachen wie: Jetzt kaufe ich mir endlich mal die CD von den Pet Shop Boys, auf der "West End Girls" drauf ist. So brandneue Sachen kaufe ich mir eigentlich selten. Ich finde Sachen einfach gut, ohne nun genau zu wissen, warum ich sie gut finde.

Noch einmal zu den Texten: Irgendwie kommen wir Männer da manchmal nicht so gut weg ...

(Frau Schöneberger fixiert mich streng) Wundert sie das, Herr Schulz?

Wir haben doch sicher auch unsere gute Seiten, glaube ich ...

Dazu dann mehr auf nächsten CD! Ich habe mir zunächst einmal Luft verschafft in den Bereichen, die mir sehr am Herzen lagen. Also, auf der Folge-CD wird es vielleicht ein, zwei Titel über die guten Seiten der Männer geben.

Da bin ich dann schon gespannt, ob die zu finden sind!

Ich auch! (Lacht)

Barbara Schönebergers heutiger Interview-Terminplan ist eng gedrängt, und so wir machen uns an die Verabschiedung. Ich bitte noch um ein mit persönlicher Widmung versehenes Autogramm für einen Freund, der mich bedrängte, es ihm unbedingt mitzubringen. Doch die Sängerin hat keinerlei Autogrammkarten vorliegen, und ist darüber natürlich zutiefst empört. So nehmen wir mit einem schlichten, weißen Bogen Papier vorlieb.

Danach entsteht noch ein gemeinsames Foto, bevor ich die Suite verlasse. Eine höchst unkomplizierte Interview-Partnerin, mit Power, Pep und einer großen Portion Humor ausgestattet - Barbara Schöneberger macht nicht nur auf ihrem absolut hörenswerten Album eine glänzende Figur.

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