laut.de-Kritik
Retro und so warm wie ein beheizter Autositz.
Review von Philipp KauseDer Holländer Tim van Berkestijn hat unter dem Pseudonym Benny Sings seinen Stil gefunden, soulful, retrospektiv, an Japans City-Pop angelehnt. Auf die späten 70er und frühen 80er referiert nun auch sein Album "Music". Diesen für Suchmaschinen riskanten Albumtitel kommentiert der Komponist, Sänger und Multiinstrumentalist lachend: "Haha, ich hab dabei gar nicht an Google gedacht, und ich mach mir über Albumnamen keine Gedanken. 'Music' wirkte schön albumtitelwürdig. Ich mag einfache Dinge."
Die zehn Songs strömen wirklich sehr easy in die Gehörgänge. 'Bennys' Falsett im beschwingten "Miracles" knüpft an die Bee Gees an. Der Titeltrack "Music" benutzt neben einem coolen Jazzmotiv viel (angenehmes) Klimbim und als dominierende Klangfarbe den Synth-Sound des 'Korg Triton'. Das Gerät kam raus, als Pharrell Williams mit N.E.R.D. groß rauskam, ein Künstler, den 'Benny' als prägenden Einfluss nennt. Das Korg-Gerät flößt härtere Konturen und einen "kälteren und cleaneren 90ies-Klang" in die sonst recht elastische Musik des Albums ein, die sich warm wie ein beheizter Autositz anfühlt und plüschig wie ein Pelzmantel.
"Ich denke, das geht Richtung Lionel Richie, hat aber immer eine Deepness", überlegt der Holländer, und in der Tat könnte man Songs wie "Sunny Afternoon" den Fans von Lionel empfehlen, vor allem solchen der Commodores und der 'späten' Jackson Five (als sich deren Name in The Jacksons wandelte).
"RunRightBack" und "Break Away" sprechen insbesondere solche tiefer eintauchende Souljazz- und Discofunk-Freaks an, die sich über Saxophon-Soli und Violin-Imitate freuen. Während "Nobody's Fault" eher das Duo Daryl Hall & John Oates als zeitlos aktuellen Act unterstreicht. Immerhin fabriziert Benny Sings ohne mit der Wimper zu zucken eins zu eins solche Mucke, wie sie damals in der Ära floraler Raufasertapeten und orangefarbener Hochflor-Teppiche angesagt war.
Passend dazu tritt ein anderer Nostalgiker als einziger Gast hinzu, der Kanadier Mac DeMarco im Relax-Groove "Rolled Up". Die mit ihm geteilte Vorliebe für Steely Dan-Keyboard-Patterns zeichnet Benny Sings im naiv-fröhlichen "Lost Again" mehr als deutlich nach. Auch der eher heutigem Electrosound angepasste Bubblegum-Pop des Tracks "Kids" mit der Hookline "We were just kids" übertüncht nicht, dass die meiste "Music" hier eine Zeit zitiert, als der 44-jährige ein wirklich ganz kleines Kind war.
Die Zitatpop-Platte eignet sich bestens für Fans von Stevie Wonder, nicht nur weil der Text von "Here It Comes" ein bisschen auf dessen LP-Titel "Hotter Than July" anspielt. Soweit nett und eine super geschmeidige Scheibe, doch fehlt da nicht noch was? Für die nächsten Alben verrät uns der Sänger ein höheres Ziel, das er hier auf "Music" nicht einlösen kann: "Bill Withers hat die Sorte Songs geschrieben, die ich gerne schreiben würde. Die sind so mühelos, so easy, und dabei doch extrem genial. Schwierig zu erklären, aber das ist einfach pure Musik."
1 Kommentar mit einer Antwort
Cool, stehe auf diesen Retrofunk-Stevie Wonder Shit.
PEOPLE