laut.de-Kritik
Weg vom Experimentellen, hin zu tanzbaren Rhythmen!
Review von Sara KäferBjörk stellt die Lust am Experimentieren nicht mehr über den Hörgenuss, das machen Stücke wie "Innocence" überdeutlich. Der Song greift auf Elemente aus dem Synthiepop zurück und klingt teilweise sehr druckvoll, fast schon martialisch. Hier fahren einem die Beats direkt in den Bauch.
Andere Tracks kommen überraschend ruhig und gelassen daher. So treten die Stimmen Björks und ihrem Duettpartner Antony Hegarty (Antony & The Johnsons) bei "The Dull Flame of Desire" ganz in den Vordergrund - ein Lied zum Entspannen oder gar Meditieren. Im zweiten Duett mit Antony, "My Juvenlie", treten asiatische Sounds und die dafür typischen Klangschalen hervor. Von einer fast apathischen Gelassenheit ist auch "Pneumonia". Hier bestimmen sehr ruhige Stimmen und im Hintergrund plätschernder Regen das Bild.
Abgefahren, elektronisch und tanzwütig gibt sich dagegen "Declare Independence". Björk scheint hier ihr Lyrics und die darin beinhalteten Botschaften "Justice" und "Don't let them do that to you" geradezu heraus brüllen zu wollen. Die Drums und die elektronische Sprechstimme erzeugen eine wütende Atmosphäre.
Die letzten beiden Alben "Medulla" und "Drawing Restraint 9" waren ja etwas kopflastig. Auf "Volta" ist der Sound hingegen wieder rhythmischer und die Songs sind zum großen Teil auch tanzbar. Der Spaß stand ganz oben auf der Liste von Björk, als die Frage aufkam, wie das neue Album werden soll. Und erstaunlicherweise macht es auch Spaß, dieses Album anzuhören. Es scheint, als habe sich Björk auf ihre musikalischen Wurzeln besonnen.
Dass sie nun wieder einen Schritt zurück geht und wieder mehr Wert auf Melodien legt, bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht mit der Zeit geht. In ihrer Rolle als Produzentin lud Björk einige namhafte Künstler und Musiker ins Studio ein. Darunter sind neben dem Gesangspartner Hegarty auch Erfolgsproduzent Timbaland. Außerdem holte sie sich noch zwei experimentelle afrikanische Gruppen und ein zehnköpfiges Blasorchester dazu, die einen unverwechselbaren Sound kreierten.
Ganz ohne innovative Ideen kommt die kleine Isländerin natürlich nicht aus. Trotz weicherer Klänge, dem Einsatz von richtigen Instrumenten anstatt nur ihrer Stimme als Soundmachine und einem kleinen Schritt Richtung Mainstream fragt man sich bei dem einen oder anderen Lied doch, was genau sie uns damit sagen will. Wie etwa bei der andauernden Sequenz der ersten Single "Earth Intruders", in der man nichts anderes als marschierende Menschen hört. Der Track ist mit über sechs Minuten eh schon ziemlich lang, und diese Marscheinlage lässt es unendlich erscheinen. Und was genau wollen die Schiffssirenen am Ende des Songs? Man weiß es nicht. Ab und zu überkommt es Björk eben, und man hört Gefiepe, Gewimmer und merkwürdige Geräusche, die nicht so richtig in Einklang mit den sehr sanften Melodien steht. So klingt "Wanderlust" teilweise sehr schief, und Björk spielt mit Disharmonien in ihrer Stimme.
Auf der einen Seite bestimmen die Beats die Platte. Andererseits fällt auch immer wieder die Experimentierfreude mit orchestralen Instrumenten wie Bläsern und Streichern auf. Die starke Stimme Björks mit ihrem eindeutigem Wiedererkennungswert hält das Ganze zusammen. Björk wird wohl nie ganz zum Mainstream überlaufen. Ihre Devise war, ein "vollmundiges" Album zu machen. Das ist ihr gelungen - endlich macht es wirklich mal wieder Spaß, ihr zuzuhören.
41 Kommentare
ein neues björk!
seid ihr auch schon so gespannt?
ich persönlich hoffe ja stark, dass volta mal wieder ein bisschen den gang rausnimmt in sachen avant-garde. die medúlla fand ich größtenteils ziemlich ungenießbar. fände eine idm-lastige produktion wie auf der vespertine ganz ganz wünschenswert.
es gibt sogar schon ein bisschen virales marketingchen:
http://www.pitchforkmedia.com/page/news/42…
ui
Medulla fand/find ich großartig...Aber ich freu mich schon sehr auf VOLTA...:)
Guten Morgen,
@Kukuruz: Selbstverständlich respektiere ich Deine Eindrücke und wollte hier auch keinem Fan zu nahe treten. Würde man mit Tori Amos derart in die Kritik gehen, wie ich es hier mit Björk getan habe, würde ich vermutlich auch kontern.
@himself: Caribu? Kannte ich gar nicht... Danke für den Tipp.
Tschö mit ö! ;O)
the milk of human volta-ness
’’Des is wos ganz Spezielles!’’