laut.de-Kritik
Ein Rock'n'Roll-Abend, wie man ihn sich wünscht.
Review von Michael SchuhDas Album stieg auf Platz 49 der deutschen Charts ein, das Atomic ist seit Wochen ausverkauft: Black Rebel Motorcycle Club rüsten zum Siegesfeldzug. Da kann man leicht den Kopf verlieren. Den verliert im Übereifer allerdings erst einmal der Autor, der die Vorband Vue für den Hauptact hält. Der Sänger schaut halt schon a bisserl so aus wie einer vom Black Rebel-Albumcover; wobei von den besagten drei Herren in München wiederum ein Rebell fehlt. Drummer Nick Jago konnte leider nicht mit auf Europa-Tour auf Grund von Visa-Problemen. Aber der Reihe nach.
Vue legen ein Bühnenposing an den Tag, dass sie in Ted Demmes 70er-Drogen-Revue "Blow" die perfekte Konzerteinlage abgegeben hätten. Die vier Jungs mit Keyboarderin kommen ebenfalls aus San Francisco und sind auf ausdrücklichen Wunsch der Rebels mit auf Tour. Ihr wüster Garage Punk'n'Roll brachte sie schon auf die Bühnenbretter der Hellacopters sowie in erfolgreiche Vertragsverhandlungen mit Sub Pop Records. Ob ihre amüsante Live Performance auch auf Platte zündet, will hierzulande leider noch kein Label austesten.
Umbau-Pause. Das schnuckelige Atomic ist voller Vorfreude und Leuten. Bierholen wird zum Märtyrergang. Plakate an Wänden und Säulen stellen die Frage des Abends: Whatever Happened To My Rock'n'Roll? 75 Minuten lang beschäftigen sich die Kalifornier intensiv mit der Antwort. Und sie ist gut. BRMC beginnen mit "Red Eyes And Tears" und bestätigen sogleich die Vermutung, dass der etwas glatt geratene Albumsound live um einiges rauher in die Gehörgänge dröhnt. Apropos Dröhnung, die hierbei erreichten Dezibel-Regionen können so gesund nicht gewesen sein ...
Anstelle des verhinderten Drummers werden wir der Schlagwerkskunst des Ex-Verve-Trommlers Pete Salisbury gewahr. Der macht seine Sache recht ordentlich, sucht aber des öfteren den Augenkontakt zu seinen Arbeitgebern, um nicht versehentlich ein Songende zu verschlafen. Die Band präsentiert auch Stücke, die nicht vom Debut stammen, was das zunehmend feieranfällige Publikum nicht weiter stört. Höhepunkt der Werkschau ist das hypnotische "Rifles", das seinem Albumvater gleich um mehrere Grooveschritte enteilt. Nicht zu vergessen natürlich die erwähnte "Whatever Happened"-Abgehnummer, die den offiziellen Teil beendet. "Punk Song" steht hier nicht umsonst in Klammern.
Als zur Zugabe plötzlich die irre Vorband wieder auf die Bühne wankt, hätte man den nun folgenden fünfzehnminütigen Psychedelia-Trip acht kalifornischer Hippie-Nostalgiker schon erahnen können. Gemeinsam mit ihren Support-Posern liefern die Black Rebels eine beeindruckende Jam-Session ab. Eric Burdon hätte in seinen besten Zeiten nicht stilvoller die Percussions umtanzt. Kurz: Ein Abend, wie man ihn sich wünscht. Rock'n'Roll im kleinen Clubrahmen. Klischeefrei und frisch aus dem Freundeskreis. This is it!