laut.de-Kritik
Man kann seine Hörer auch totkuscheln.
Review von Alexander Cordas"Die Weihnachtszeit bringt immer so viel Fröhlichkeit, Liebe und Frieden mit sich. Wir haben versucht, diese Stimmung in unserer Musik einzufangen."
Ich muss da irgend etwas falsch machen, denn Weihnachtszeit bedeutet bei mir eigentlich lediglich, sich in überfüllten Innenstädten die Beine in den Bauch zu latschen, um Geschenke für die Allerliebsten aufzutreiben, die schließlich doch nicht so goutiert werden, wie ich mir das vorher erhofft habe.
Blackmore, Candice machen es sich mit Pauken und Trompeten unterm Weihnachtsbaum gemütlich, flöten uns liebliche Weisen ins Ohr und packen ein riesiges Päckchen schon vor dem eigentlichen Feiertag aus. Aus diesem entschlüpft ein monströser Koloss namens Pathos, der - obwohl in rosaroten Plüsch gekleidet - den Ahnungslosen mit salbungsvollem Kitsch ordentlich eins überbrät. Man kann seine Hörer auch totkuscheln. Es regiert der Flausch mit sanfter Keule. Das Rednex-Cover "Wish You Were Here" kennt man ja schon zur Genüge, "We Wish You A Merry Christmas" dudelt ebenfalls in jedem Kaufhaus. So schippern Blackmore's Night mit diesen Aufnahmen verdächtig hart am Muzak-Wind entlang.
Was eine CD, die mehr oder weniger mit Weihnachtsklamauk angefüllt ist, im Kontext mit den beiden leidenschaftlichen Spiritisten bzw. Okkultisten soll, beantworten diese selbst. "Die Kirche versuchte diese Songs zu verbieten, weil sie nicht heilig waren. Das meiste der Musik und der Texte drehte sich ums Trinken, Spaß haben und Ausschweifungen. So änderte die Kirche einfach die Texte, statt die Musik zu verbieten."
Cool. Geschichtsunterricht in Sachen Weihnachtslieder. Also handelten die Weisen damals Anno Tobak nicht davon, die Familie unter Bäumchen zu versammeln und andächtig dem Herrn zu danken? Ging es also eher nach dem Motto von Walther von der Vogelweide zu: "Under der linden an der heide, dâ unser zweier bette was ..?
Falls die beiden die Songs nur wegen der hübschen Melodien auf Band bannten, weshalb machen sie sich nicht auch die Mühe, die Originalversionen, oder was sie dafür halten, wiederzugeben? Da bleibt einem nur die Flucht in Instrumentals, die allerdings schön anzuhören sind. Wenn Herr Blackmore die Akustische bearbeitet, klingt das gewohnt gefühlvoll gekonnt und akzentuiert.
Wenn aber Candice was von 'dingdong' singt, kann ich dem nicht mehr so richtig folgen und klinke mich aus. Von den Vocal-Songs überzeugt einzig "We Three Kings", Ritchies Qualitäten als Saitenzauberer kommen besonders in "Winter (Brass Dance") zum Tragen. Des weiteren herrscht puderzuckerne Glückstüdeligkeit. Aber noch einmal: "We Wish You A Merry Christmas" geht gar nicht.
Noch keine Kommentare