Blue Man Group - " The Complex Rock Tour Live"

Er geht weiter, der fröhliche Ringelrein um die drei Blaumänner aus den Staaten. Zu größerer Bekanntheit gelangte das Trio hierzulande erst, als es im Theater am Potzdamer Platz in Berlin seine Anarcho-Show aufführte. Die zwei bislang veröffentlichten Alben "Audio" und "The Complex" fanden eher wenig Beachtung. Schade eigentlich, denn die überaus perkussiv gestalteten Songs zeichnen sich fast durchgehend durch spannende Arrangements und Effekte aus.

Um der Musik auch auf der Bühne den nötigen audiovisuellen Rahmen zu geben, gingen die drei in den Latex-Kondomen auf Tour durch die USA. Um Missverständnissen vorzubeugen: "The Complex Rock Show" lenkt den Fokus ausschließlich auf die Performance der Songs und beinhaltet nichts aus den bekannten Aktionskunst-Shows des Trios.

Die simple Aufmachung des Covers trügt eindeutig, denn die DVD hat es trotzdem in sich. Das beginnt bei der stilvollen Menüführung und geht über die Zwischenfilmchen bis hin zum wahrhaft beeindruckenden Bombast-Sound. Neben einem kompletten Live-Konzert wartet sie noch mit drei Videos auf. Ein Drehen der beidseitig bespielten Scheibe hält zudem noch drei 5.1.-Mixe von "The Complex" bereit, ein Bonbon für die Ohren. Die Kamereinstellungen geraten exzellent, die Schnitte sind an den richtigen Stellen gesetzt und zerhackstückeln das Material nicht.

Der Augenschmaus indes beginnt mit einem perfekt in Szene gesetzten "Above", das auch auf der letzten Studio-CD als Einheizer fungiert. Hinter einem weißen Vorhang betreten nacheinander die Blue Men Matt Goldman, Phil Stanton und Chris Wink die Bühne und steigen in ihre Instrumenalparts ein. Ein Scheinwerfer leuchtet dabei ihren Schatten in den Vordergrund und zeigen sie schemenhaft an ihren Instrumenten. Die große Bühne füllen sie jedoch nicht alleine aus, und folgerichtig taucht nun die Begleitband wie aus dem Nichts auf. Nach zwei Minuten greift sie aktiv ins Geschehen ein - wie von Geisterhand fällt der Vorhang, die Show kann beginnen.

Ein überdimansionaler Oszillograph ziert zu Beginn die Leinwand hinter der Bühne, die des öfteren für neckische Spielereien herhalten muss wie die Einbindung der Zuschauer zu Beginn mittels einer Minikamera. Bei "Drumbone" klöppeln die Blauen auf ihren PVC-Rohren, während insgesamt vier (!) Schlagzeuger den Beat zu einem derben Monster aufbauen. Die Anleitung zum richtigen Konzert-Verhalten liefert eine Stimme vom Band, die die Blue Man Group in Animateur-Manier umsetzt; vom dauerhaften Johlen der Zuschauer begleitet.

Hinter "Rock Concert Movement Numkber 15" verbirgt sich Tracy Bonham, die "Up To The Roof" zum Besten geben darf. Sie erledigt ihren Job mit der Professionalität jahrelanger Bühnenerfahrung, es zeigt sich jedoch, dass immer dann, wenn Gastsänger die Bühne betreten, die Spannungskurve abflaut, da die Blue Men zu Statisten ihrer eigenen Show verkommen. Die Ausnahme bestätigt auch hier die Regel. Das grandiose "I Feel Love" mit Kip Kubin, Tony Miracle und Annette Stream aka Venus Hum ist das vokale Highlight der Complex Rock Show.

Neben dem musikalischen Programm beeindruckt vor allem, mit welch einfachen Mitteln die Blauen in der Lage sind, das Publikum mitzureißen. Simples Mimenspiel reicht oft aus, um den kompletten Saal in ein lachendes Chaos zu verwandeln. Das Spielen mit Rockstar-Klischees gelingt ihnen mit Bravour. Vor dem Abgang verkündet das Trio per Video-Leinwand konsequenter Weise das 'Fake End'. Das überragende emotional anrührende Stück "Exhibit 13" kommt Gott sei dank im Zugabenblock zu seinem wohlverdienten Platz, bevor der Abend mit der im Raum stehenden Frage "What Is Rock" ausklingt.

Die, die live dabei waren, werden von einem fulminanten Konzert berichten, die DVD zeigt weshalb. Viele Live-DVDs langweilen nach einem Durchlauf, die "Complex Rock Tour" lässt auch nach mehreren Umläufen keinerlei Verschleißerscheinungen erkennen. Stark!