laut.de-Kritik
Wie im Konzert: Verschwitzte Menschen und übersteuerte Bässe.
Review von Jakob RondthalerMan fragt sich, wann Bonaparte überhaupt die Zeit gefunden haben, ein neues Album aufzunehmen. Im Spätsommer 2008 erschien ihr Debüt inklusive "Anti Anti", "Dou You Want To Party?" und "Too Much" – der Rest ist Indie-Disko-Geschichte. Danach tourte das Künstler-Kollektiv durch Deutschland, Schweiz und Österreich, und wer schon mal auf einem Bonaparte-Konzert war, kann sich vorstellen, wie anstrengend das sein muss.
Dennoch müssen irgendwann in dieser turbulenten Zeit die vierzehn neuen Songs entstanden sein, die jetzt auf "My Horse Likes You" gelangten. Genau so klingen sie auch: Nach engen Clubs, verschwitzen Menschen im Publikum und übersteuerten Bässen. Als ob man direkt vor der Box steht. Einzig der Opener, die "Ouverture", sticht mit Streichern und getragener Atmosphäre heraus.
Mit dem Titeltrack "My Horse Likes You" beginnt dann der Lo-Fi-Electro-Punk, wie man ihn von Bonaparte kennt: Stumpfe Beats, verzerrte Gitarrenriffs und schepperndes Schlagzeug. Tobias Jundt trägt seine Texte immer noch in seiner unverkennbaren Sprechgesangsart vor und verliert sich am Ende des Songs in – natürlich: Wiehern, Schnauben und anderen Pferdelauten.
Die Single "Computer In Love" klingt dank ihres Riffs nach schrill-buntem New Yorker Synthie-Pop aus dem Hause MGMT, teilweise nach den Klaxons. Und um zu verstehen, was Jundt einem sagen möchte, muss man schon mal der Binärsprache mächtig sein: "Zero, one, one, zero, one, one, one, got it?" Sicher, ja.
"Boycott Everything" offenbart eine ähnliche Mentalität wie damals "Anti Anti", "Technologiya" erinnert dank osteuropäischer Anleihen an Gogol Bordello. Neben den teilweise sehr ähnlich und simpel geratenen Beats bietet "Orangutan" dank der Zusammenarbeit mit dem Berliner DJ-Duo Modeselektor eine anspruchsvollere Abwechslung: Ein Albumhighlight, gerade weil es nicht nur dem Hedonismus frönt.
Es passt zu Bonaparte, dass sich ironischerweise ausgerechnet hinter "Rave Rave Rave" ein jazziger Rag verbirgt. "Words are my big obsession" – man glaubt es Sänger Thomas Juhnke nur zu gerne. Es ist immer noch toll anzuhören, wie der Schweizer reimt, sich selbst Fragen stellt, darüber stolpert und Parolen in den Raum wirft: "When you're yelling, then I am spelling / You call the battle on, I call it rattle on / When you say your f-words, well, just like a songbird / Then it sounds to me / just like poetry".
Dass die Feierlaune und der Sound gegen Ende ein bisschen anstrengend wirken, ist dabei gar nicht so schlimm. Auch nicht dass auf der Platte die ganz großen Hits des Vorgängers fehlen. Das nächste Konzert wird sicher wieder großartig.
6 Kommentare
ist die platte wirklich wie ein konzert von bonaparte, muss die verdammt gut sein.
ich hab sie leider noch nicht gehört.
Look at my horse, my horse is amazing.
Endlich die Rezension von My Horse Likes You!Ganz großartige Platte; wenn nicht so mitreißend wie das Debüt, aber gelungen technolastiger.
zero one one, zero one one one... got it...
bevor der herr jundt übrigens mit bonaparte der hippste scheiss aus berlin wurde, hat er bei uns in der schweiz sowas verbrochen:
http://hitparade.ch/showitem.asp?interpret…
(leider gibts kein youtube-video mehr davon, aber auf der seite gibts wenigstens ein snippet zum anhören...)
i boycott everything thats not made by my hands, my hands, my hands.