laut.de-Kritik

Die wollen NICHT nur spielen ...

Review von

Teri Gender Bender dürfte den meisten als Sängerin und Gitarristin der mexikanischen Garage Punk-Band Le Butcherettes unbekannt sein. Die Feministin beschwört, spuckt Blut und tanzt wie besessen um ihr Mikro. Während sich eine halbe Generation von Sängerinnen Kate Bush zum Vorbild nimmt, wechselt sie je nach Belieben zwischen Siouxsie Sioux, Courtney Love, Chrissie Hynde, Karen O und Iggy Pop. Zeitgleich bewahrt sie sich jedoch ihre eigene Identität. Damit wir uns alle darüber im klaren sind: Teri Gender Bender will nicht spielen, sie beißt.

Fraglos bilden die Bosnian Rainbows nur ein weiteres Spielzeug des Despoten Omar Rodrigeuz Lopez (At The Drive-In, The Mars Volta). Bosnian Rainbows, komplettiert durch Keyboarder Nicci Kasper und Schlagzeuger/Keyboarder Deantoni Parks, funktionieren nur, weil dieser ausnahmsweise sein Ego hinten anstellt. Der Primus inter pares macht es sich mit einem leckeren Schokomilchshake auf dem Rücksitz seiner neuen Luxuskarosse bequem, schaut, wohin ihn seine drei Mitmusiker fahren.

Die vor ihnen liegende Straße hat mit den zurückliegenden Prog-Rock-Eskapaden von The Mars Volta nur wenig gemeinsam. Allein durch Kaspers und Parks maximalen Sytheziser-Einsatz entsteht ein komplett neues Soundbild. Am Schlagzeug, größtenteils nur aus Bassdrum und Snare bestehend, wirkt Parks wie eine Mensch-Maschine.

Kantig, dunkel und zugleich eingängig finden die Tracks ihre Wurzeln im New Wave und Post-Punk und bedienen sich munter in den richtigen Ecken der 80er. Kein Midge Ure, keine Thompson Twins. Viel mehr Siouxsie And The Banshees, The Cure, Killing Joke, Numan oder Gabriel.

"Why Do You Smile At Me?" Nur schwerfällig setzt sich der imposante Opener "Eli" in Bewegung. Während sich Synthesizer in schmerzenden Höhen begeben, hält sich Omar Rodriguez Lopez Gitarre dezent und dissonant im Hintergrund. Die Spannung des extravaganten Art Punks schraubt sich an Teri Gender Benders gepeinigten Melodie in die Höhe. "Been away for as long as snow / I've been missing for years."

"I Cry For You" lässt es sich nicht nehmen, wie ein verschollener Song aus The Cures frühen "Three Imaginary Boys"-Phase zu beginnen, nur um sogleich einen Sprung um fünf Jahre Richtung bereits ausgefeilten New Wave zu machen. "I pick three flowers from your grave / They taste like velvet after days." Zunehmend entwickelt sich ein Hurrikan aus Garage Punk, der sich solch einen luxuriösen Kappes wie ein 'Auge des Sturms' einfach erspart und in einem irsinnigen Finale gipfelt.

Das Anfangs so beschauliche "Turtle Neck" zerbricht in seiner Mitte in zwei Hälften. Gerade wenn man es sich in der Umnachtung seiner betäubenden Synthziser-Injektion bequem gemacht hat, explodieren Gitarre und Song schillernd und heftig funkelnd. Das Bowie-esque "Torn Maps" mit seinem vor Enthusiasmus zerberstenden Refrain, seinen Brüchen, wirren Einlagen und dem kratzenden Gitarrensolo zeigt die Band ein weiteres Mal an ihrem Optimum. Käme der Track vom Altmeister persönlich, der ein oder andere käme wieder einmal nicht drum herum vom besten Album seit "Scary Monsters" zu schwadronieren.

"Worthless" schafft es Santigolds Pop-Ansatz ebenso wie Cans Krautrock-Wahn in Bosnian Rainbows Soundgefüge aufzunehmen. Leider bleibt das Finale aus "Red" und "Mother, Father, Set Us Free" hinter dem Rest ein Stück weit zurück. Wo eben noch aus in verschiedene Richtung eilenden Teilen ein großen Ganzes erstand, verfallen die beiden Lieder in Stückwerk.

Omar Rodriguez Lopez neuestes Baby Bosnian Rainbows, allen voran Teri Gender Bender, schreit ohrenbetäubend und strampelt mit all seinen Extremitäten. Tapfer wehrt es sich dagegen nur als ein weiteres Projekt des Prog-Rock-Lockenkopfs zu enden. "All I Can Say Is Blame You For Loving Me," singt Gender Bender in "Morning Sickness". Nun gut, ich bekenne mich Schuldig im Sinne der Anklage.

Trackliste

  1. 1. Eli
  2. 2. Worthless
  3. 3. Dig Right In Me
  4. 4. The Eye Fell In Love
  5. 5. I Cry For You
  6. 6. Morning Sickness
  7. 7. Torn Maps
  8. 8. Turtle Neck
  9. 9. Always On The Run
  10. 10. Red
  11. 11. Mother, Father, Set Us Free

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LAUT.DE-PORTRÄT Bosnian Rainbows

"Ich war irgendwie einsam und fühlte mich gelangweilt, also sagte ich mir: Auf geht's, Zeit für ein neues Projekt", beschreibt Ex-The Mars Volta-Leader …

12 Kommentare

  • Vor 10 Jahren

    Wow, was für eine Überraschung. Hatte auch meine Erwartungen runtergeschraubt. ABer es gibt die Songs die straight-forward direkt ins ohr gehen und die 'grower' eben.

    'Eli' leider der schwächste Song, der einzige Song auf dem Album der selbst bei mehrmaligen Hören bei mir nicht zündet.

    'Worthless' der erste Song der mich gepackt hat. Gesang und psychodelische Gitarren harmonieren hier einzigartig, backingvocals erinnern sogar irgendwie an M.I.A. Der Song versprüht auf jedenfall Siouxie-feeling.

    'Dig Right In Me' ganz ok, wächst zwar ein bisschen nach mehrmaligen Hören, bleibt aber dennoch nur nett, wäre eigentlich B-Seiten Material.

    'The Eye Fell in Love', einer der Songs der direkt raussticht, irgendwie erinnert er mich an 90er Gothic Rock, vlt wegen den Synthesizern. Kein schlechter Song, leider sind die Lyrics ein bisschen hohl, als wären sie aus den 80ern entsprungen. Das Soli gehört zu den Besseren auf diesem Album. Der letzte Teil wertet das Lied erheblich auf, hätte nicht geschadet den Song so kurz wie möglich zu halten, aber ok.

    'I Cry for you' der sinistre Beginn führt einem ein bisschen in die irre. Der Song kippt immer wieder ins Rockige, bis er dann nach einem kleinen Solo richtig aufdreht und dann fast schon punkig wird.

    'Morning Sickness' auch ein guter Song der direkt ins Ohr geht. Mir gefällt er auch nach mehrmaligen Hören immer noch sehr gut. Er trifft die richtige Balance von Melancholie und Disco (so irre das klingt). Ab dem SOlo verliert er leider etwas Momentum da hier Omar's Gitarre wieder ein bisschen auf Prog macht. Durch den letzten Refrain kriegt der Song aber nochmal die Kurve. Hier kommen die Beats stärker zum Vorschein, wäre cool mal ein Remix zu hören wo das konsequenter durchgezogen wird. Trotzdem sehr guter Song.

    'Torn Maps' wieder ein etwas poppiger Song. Der Sound hat mich sehr stark an At the Drive-In erinnert, ich konnte mir sehr gut vorstellen wie ein ATDI-Version klingen könnte. VOR dem Solo verliert dieser SOng komischerweise sein Momentum. Das Solo ist ok, kurz und knackig, danach Refrain und das war's. Ein guter Song, der aber auf Dauer nerven könnte.

    'Turtle Neck' erinnert mich irgendwie an einen Smashing Pumpkins Song. Für mich passt der SOng von seiner Atmosphäre nicht zum Rest des Albums. Abgesehen wird wie schon erwähnt der Song ab der Hälfte gebrochen um wieder zu 'experimentieren', dann kehrt er komischerweise zurück in seine Balladenform. Ein schwacher Song, der auch ruhig als B-Seite abgefertigt werden könnte.

    'Always on the run' ist auch so ein Song der nicht so richtig in Fahrt kommen will. Aber immerhin ist er kurz und die Band hat sich nicht verführen lassen die üblichen Prog-Solis einzubauen.

    'Red' 'Mother, Father...' hier ist der einzige Teil an der ich der Review widersprechen muss, die Lieder hatten anfangs keinen Eindruck auf mich gmacht, aber sie sind stetig gewachsen.
    'Red' eine wunderschöne Ballade die in ein heulendes Synthiegewand gesteckt wird. Ein sehr schöner Song, der zwar ein repetitive Struktur hat, aber der nicht langweilig werden will.
    'Mother, Father Set us free' mittlerweile mag ich den trägen Anfang. Der Song wird durchdrungen von dem epischen Refrain, ein wahrlich gelungener End Track. Obwohl er besser bei 3:18 hätte enden/faden sollen. Danach taucht nämlich anscheinend ein völlig neuer Song auf, der überhaupt nicht mit dem Anfang harmoniert. Ich hoffe da erscheint auch nochmal ein anständiger Mix davon.
    Aber ja 4 Sterne scheint gerechtfertigt, hätte dem Album aber wahrscheinlich eher 3 1\2 gegeben, wenn's halbe Sterne gäbe.

  • Vor 10 Jahren

    Wow, was für eine Überraschung. Hatte auch meine Erwartungen runtergeschraubt. ABer es gibt die Songs die straight-forward direkt ins ohr gehen und die 'grower' eben.

    'Eli' leider der schwächste Song, der einzige Song auf dem Album der selbst bei mehrmaligen Hören bei mir nicht zündet.

    'Worthless' der erste Song der mich gepackt hat. Gesang und psychodelische Gitarren harmonieren hier einzigartig, backingvocals erinnern sogar irgendwie an M.I.A. Der Song versprüht auf jedenfall Siouxie-feeling.

    'Dig Right In Me' ganz ok, wächst zwar ein bisschen nach mehrmaligen Hören, bleibt aber dennoch nur nett, wäre eigentlich B-Seiten Material.

    'The Eye Fell in Love', einer der Songs der direkt raussticht, irgendwie erinnert er mich an 90er Gothic Rock, vlt wegen den Synthesizern. Kein schlechter Song, leider sind die Lyrics ein bisschen hohl, als wären sie aus den 80ern entsprungen. Das Soli gehört zu den Besseren auf diesem Album. Der letzte Teil wertet das Lied erheblich auf, hätte nicht geschadet den Song so kurz wie möglich zu halten, aber ok.

    'I Cry for you' der sinistre Beginn führt einem ein bisschen in die irre. Der Song kippt immer wieder ins Rockige, bis er dann nach einem kleinen Solo richtig aufdreht und dann fast schon punkig wird.

    'Morning Sickness' auch ein guter Song der direkt ins Ohr geht. Mir gefällt er auch nach mehrmaligen Hören immer noch sehr gut. Er trifft die richtige Balance von Melancholie und Disco (so irre das klingt). Ab dem SOlo verliert er leider etwas Momentum da hier Omar's Gitarre wieder ein bisschen auf Prog macht. Durch den letzten Refrain kriegt der Song aber nochmal die Kurve. Hier kommen die Beats stärker zum Vorschein, wäre cool mal ein Remix zu hören wo das konsequenter durchgezogen wird. Trotzdem sehr guter Song.

    'Torn Maps' wieder ein etwas poppiger Song. Der Sound hat mich sehr stark an At the Drive-In erinnert, ich konnte mir sehr gut vorstellen wie ein ATDI-Version klingen könnte. VOR dem Solo verliert dieser SOng komischerweise sein Momentum. Das Solo ist ok, kurz und knackig, danach Refrain und das war's. Ein guter Song, der aber auf Dauer nerven könnte.

    'Turtle Neck' erinnert mich irgendwie an einen Smashing Pumpkins Song. Für mich passt der SOng von seiner Atmosphäre nicht zum Rest des Albums. Abgesehen wird wie schon erwähnt der Song ab der Hälfte gebrochen um wieder zu 'experimentieren', dann kehrt er komischerweise zurück in seine Balladenform. Ein schwacher Song, der auch ruhig als B-Seite abgefertigt werden könnte.

    'Always on the run' ist auch so ein Song der nicht so richtig in Fahrt kommen will. Aber immerhin ist er kurz und die Band hat sich nicht verführen lassen die üblichen Prog-Solis einzubauen.

    'Red' 'Mother, Father...' hier ist der einzige Teil an der ich der Review widersprechen muss, die Lieder hatten anfangs keinen Eindruck auf mich gmacht, aber sie sind stetig gewachsen.
    'Red' eine wunderschöne Ballade die in ein heulendes Synthiegewand gesteckt wird. Ein sehr schöner Song, der zwar ein repetitive Struktur hat, aber der nicht langweilig werden will.
    'Mother, Father Set us free' mittlerweile mag ich den trägen Anfang. Der Song wird durchdrungen von dem epischen Refrain, ein wahrlich gelungener End Track. Obwohl er besser bei 3:18 hätte enden/faden sollen. Danach taucht nämlich anscheinend ein völlig neuer Song auf, der überhaupt nicht mit dem Anfang harmoniert. Ich hoffe da erscheint auch nochmal ein anständiger Mix davon.
    Aber ja 4 Sterne scheint gerechtfertigt, hätte dem Album aber wahrscheinlich eher 3 1\2 gegeben, wenn's halbe Sterne gäbe.

  • Vor 10 Jahren

    Muss sagen nach längerer Zeit flacht das ganze wieder etwas ab, bzw. nutzt sich etwas ab. Ist ein interssantes und auch recht gutes Album, aber nicht der ganz große Griff nach den Sternen