laut.de-Kritik
Saufen und ficken mit Bruce Bukowski.
Review von Alexander CordasAller guten Dinge sind drei. "Nebraska", "The Ghost Of Tom Joad" und "Devils & Dust". Bruce Springsteen lässt den Rocker wieder Rocker sein und konzentriert sich einmal mehr darauf, Geschichten zu erzählen, statt die Lautstärke auf zehn zu drehen. Und das Resultat beeindruckt.
Dabei steht "Devils & Dust" in konträrer Position zu "The Rising". Thematisiert er mit seinem letzten Studio-Output noch den 11. September und spricht damit vielen seiner Landsleute aus der Seele, bringt er mit dem Titeltrack die Auswirkungen dieses Tages zur Sprache. Nachdem die Vereinigten Staaten wie ein verletztes Tier militärisch wütend um sich schlagen, stehen die GIs an vorderster Front. Mit "I got my finger on the trigger, but I don't know who to trust" versucht Springsteen denjenigen eine Stimme zu geben, die in der patriotischen Verklärung eigentlich standhaft und stark sein sollten. Verwirrung stellt sich ein. Plötzlich ist gar nichts mehr sicher. Der Boss kleidet dies in sanfte Töne und begleitet sich auf der Akustischen selbst. Erst später fächert die Instrumentierung mit Drumsamples und Streichern etwas aus, ohne die eindringlichen Worte des Textes mit übermäßigem Pomp zuzukleistern.
"All The Way Home" stellt insofern einen Ausreißer dar, als Springsteen hier zum ersten und einzigen Mal so etwas wie eine Uptempo-Nummer kreiert. Rustikaler Mundharmonika-Einsatz über ein fein rumpelndes Schlagzeug halten den Song aber im atmosphärischen Rahmen. Und der ist zurückgenommen, reduziert, auf einen Singer/Songwriter-Kontext beschränkt. Das beweist eindrucksvoll das überragende "Reno", in dem Springsteen erzählt, wie eine Nutte ihm einen bläst, seine Gedanken jedoch zu seiner Geliebten abschweifen. Das dürfte für den Durchschnitts-Amerikaner doch etwas zu explizite Lyrik sein. Lediglich Akustik- und Slide-Gitarre sowie äußerst dezente Keyboard-Klänge untermalen dieses hervorragende Stück Straßenpoesie, dessen Stimmung fast ein wenig an die Sauf- und Fickgeschichten eines Bukowskis erinnert.
Stilistisch klebt Springsteen nicht am Stuhl fest, sondern springt - im dezenten Rahmen versteht sich - zwischen Country, Folk, Blues und sanften Gospel-Anklängen hin und her. Simple Melodien prägen das Gesamtbild. Von einem simplen Springsteen-Album zu sprechen, würde "Devils & Dust" aber nicht gerecht. Intensiv, packend und eindringlich erzählt der Boss seine Stories. Auf den Punkt gebrachtes Songwritertum, zwar abgespeckt, aber dennoch intensiv in seiner Ausdruckskraft. Dass auf der beiliegenden DVD das komplette Album im 5.1.-Sound zu hören ist, ist ein Schmankerl, das allem die Krone aufsetzt. Nicht unbedingt nötig, aber das nehmen wir doch gerne mit.
Auch auf seinem 19. Album hat Bruce Springsteen immer noch etwas zu sagen. "Devils & Dust" zieht dabei am Ohr des Hörers vorbei wie ein Roadmovie in schwarz/weiß. Hervorragend.
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