laut.de-Kritik
Die US-Indie-Götter geben einfach nicht auf.
Review von Christoph DornerDoug Martsch wird für seinen Einfluss auf amerikanischen Indie-Rock vergöttert. Und doch waren Built To Spill kommerziell lange nicht so erfolgreich wie die Klassenkameraden Pavement, Dinosaur Jr., Modest Mouse oder auch Death Cab For Cutie. 2008 spielte die Band auf ihrer Deutschland-Tour in Nürnberg auf einer solch kleinen Bühne, dass Gitarrist Jim Roth von Bierkästen abgeschirmt im Zuschauerraum stehen musste. Was für ein trauriges Bild.
Doch Built To Spill machen weiter, dafür wird sie der Indie-Nerd ewig lieben. Simpsons-Erfinder Matt Groening hat sie für das von ihm kuratierte, kultige All Tomorrows Parties-Festival im englischen Minehead ausgesucht, bei ATP erscheint nun auch – vier Monate nach dem US-Release, was angesichts Musikpiraterie strategisch ziemlich ungeschickt ist – das siebte Album "There Is No Enemy" in Europa.
Es ist schon im Titel so etwas wie ein kleines Alterswerk, Doug Martsch gehört immerhin seit letztem Jahr der Ü40-Fraktion an. Und doch ist es rein technisch gesehen zu 100% die bekannte Built To Spill-Formel - Fans hören das schon nach den ersten 30 Sekunden des Openers "Aisle 13": Da setzt nach hingejammtem Einstieg dieses schwingende Shuffle-Riff zwischen mäandernden Gitarren ein.
Martsch singt melodisch-gepresst darüber hinweg und wackelt live dazu mit dem Kopf. Nicht das Gefühl von Überraschung, sondern das von Vertrautheit ist es, das der Band über die Jahre viele mitgealterte Fans eingebracht hat. So pflegt die Band in "Hindsight" mit Slide-Gitarren auch ihren seit jeher gepflegten Country-Appeal, spielt im Song "Nowhere Lullaby" gar elektrischen Northern Folk und erinnert mit den aufflackernden Keyboard-Sounds von "Good Ol' Boredom" gar an die zweitberühmtesten Holzfällerbärte des Indie-Rock: Grandaddy.
Noch nicht einmal Midtempo-Rock spielen Built To Spill zu weiten Teilen auf "There Is No Enemy". Stattdessen nehmen sich die Songs gern Auszeiten in kleinen Hardrock-Fingerübungen, epischen Gitarrensoli – J. Mascis grüßt hinter seinen Verstärkertürmen hervor – und entschleunigten Postrock-Parallelwelten. "Fade Out", singt Martsch beseelt im geradezu majestätischen "Things Fall Apart". Ein Leben im Scheinwerferlicht, Built To Spill haben es nie gebraucht.
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