laut.de-Kritik
Spannendes Hörerlebnis mit fröhlichen Melodien und nachdenklichen Texten.
Review von Andrea VetterEins gleich vorneweg: Das ist keine CD zum nebenher Hören. Mit neuen Cake-CDs ist es wie mit den Hörspielkassetten unsrer Kindheit: Du musst mit vollem Ohr dabei sein, sonst kommst du nicht mehr mit. Aber wenn du dich drauf einlässt, dann öffnet sich eine kleine Musikwunderwelt, die nicht in Schubladen einzuordnen ist und die durch ganz besondere Texte in sprödem Gesangsgewand auffällt. Cake haben die Gabe, menschliche Emotionen auf den Punkt genau zu beobachten, zu analysieren und verschlüsselt weiterzugeben. Die oft spürbare Diskrepanz zwischen fröhlicher Melodie und nachdenklichem Text führt darüber hinaus zu einem spannenden Hörerlebnis. Diese Stimmung ist gleich geblieben bei Cake, über die Jahre und Platten hinweg. Trotzdem merkt man der neuen Scheibe an, dass die Jungs älter geworden sind. Alles in allem kommt "Comfort Eagle" etwas harmonischer als früher, einfach runder und auch weniger fröhlich und inspiriert, aber dennoch verdreht genug, um aufhorchen zu lassen. Der Bass groovt, die Bläser quietschen, so weit steht dem Glück zumindest nichts im Wege.
Der Opener "Opera Singer" ist gleich eines der besten Lieder des Albums. Sehr melodisch erzählt John McCrea da die Geschichte eines Opernsängers, der sowohl den Guten als auch den Bösewicht spielt, von manchen vergöttert und von anderen gehasst wird. Crea singt über seine Rolle als Popstar, aber er nimmt das Musikbiz auch satirisch aufs Korn, wenn er davon singt, dass der Opernsänger auf der Bühne auf abgeklebten Linien läuft, die ihm anzeigen, wo er seinen Hut in die Menge schmeißen soll.
"Shadow Stabbing" ist der geronnene Typus eines Cake-Songs, der Country-Lo-Fi-Sound wird regelrecht zelebriert. Die erste Single in den Staaten, wo die Klangbastler ungleich erfolgreicher sind als hierzulande, ist "Short Skirt/Long Jacket". Ein kleiner ironischer Song über Wünsche und Ansprüche mit wunderbar sprödem Gesang, aber sicherlich nicht das Highlight der Platte. Verdammt gut ins Ohr geht dagegen "Commissioning A Symphony In C", das mit seiner süßen Melodie ein wenig die Assoziationen "Britpop" weckt und in dem es um Liedermacher geht. Cake scheinen auf der neuen Scheibe, immerhin mit einigen Jahren Erfahrung im Rücken, ihre eigene Rolle als Musikschaffende kritisch zu reflektieren. Lauter ist der Titelsong "Comfort Eagle", da klingelt, groovt und schreit es, das Adjektiv "cool" passt hier definitiv, wie überhaupt, zur lässigen Attitüde der Kuchenmusiker.
"We don't wonder where we're going or remember where we've been", beschreibt Crea das Gefühl in der "Long Line Of Cars" und meint damit wohl auch das Leben selbst. Zu "Fasion Nugget"-Zeiten hat er in einem Interview einmal geäußert, er benutze gerne Autometaphern, da sie sich so gut aufs Leben zuschneidern ließen. Dann folgt ein Liebeslied, aber nein, es ist nicht süß, "I want to love you madly, I want to love you now!" klingt uns aus den Boxen entgegen, das ist ein Verlangen, eine Forderung, ohne jegliche sentimentale Verklärung. Ein schöner Song. Auch um Liebe geht es in "World of Two", vielmehr um eine traurige Liebesgeschichte. Denn, so singt Crea "in your world of two, there's only room for you", ein eindringlicher, bewegender Song, der es auf den Punkt bringt und sich in der Tradition der besten Cake-Songs nicht zu verstecken braucht.
Man braucht einige Durchläufe, bis man in das Album hinein findet, doch dann ist es immer wieder schön. Denn eindeutig machen Cake mit ihrer Musik auch das Angebot, Spaß zu haben. Die Texte müssen nicht tiefsinnig interpretiert werden, wer will, kann auch auf die immer wiederkehrenden Bläser achten, auf den groovenden Bass - es gibt beim erneuten Hören immer wieder Neues zu entdecken und sich an Bekanntes näher heranzutasten. Gut, "Comfort Eagle" ist vermutlich nicht die beste Cake-CD, fünf Punkte hat sie trotzdem noch verdient.
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