laut.de-Kritik
Fresst Liebe, ihr Konsumenten!
Review von Julia KindelDan Snaith spielt mit den Höhen und Tiefen der wahrnehmbaren Töne, als seien die Geräusche bunte Flüssigkeiten. Die flößt er seinen Hörern ein, auf dass sie tanzen mögen oder ihre Herzklumpen krampfen und sie in genau die Gefühlswelten abtauchen, in denen er sie ertränken möchte. Fresst Liebe, ihr Konsumenten! Liebe in allen Frequenzen, Klangfarben und Rhythmen, zum ausufernden Klangteppich verwoben.
Seit 13 Jahren veröffentlicht der promovierte Mathematiker Musik. Mit seinem 2010er Album "Swim" gelang ihm der Sprung vom Geheimtipp zum gefeierten Dance-Act, der Indie-Fans am Schlawittchen packt und ebenso Elektro-Jünger verzückt. Auf seinem vierten Caribou-Langspieler lässt er seine Gedanken um das größte bindende Element zwischen Menschen kreisen. "Our Love" drückt mehr auf die Tanzfläche als seine Vorgänger, protzt mit faszinierenden Soul-Elementen und schwingenden House-Basslines.
So sehr wie "Swim" das Konsens-Album 2010 war und große Erwartungen an den Nachfolger schürte, so groß ist der liebende Mittelfinger, den Snaith nun zückt: Der spielerische Folktronica-Ansatz blieb, verträumte Indiegirls und –boys könnten jedoch nun etwas zu heftig ins Diskolicht geschubst werden und sich blutige Knie einfangen. Der Einfluss seines Alter Ego Daphni, mit dem er Afro-Funk und House-Sets produzierte, rückt "Our Love" in eine weniger handzahme und massentaugliche Sphäre, für die noch keine Schublade gezimmert wurde.
In "Dive" beispielsweise taucht er auf den Meeresboden, füllt die Ohrmuscheln mit tausenden, kleinen Sauerstoffperlen, die im Gehörgang kitzeln und eine wohlige Gänsehaut auslösen. Die herrlichen Dissonanzen in "Second Chance" stehen mit einem Fuß im bizarren Gefrickel und treten mit dem anderen die Synapsen, die Erinnerungen an Flehen und Schmerzen wachrufen.
Das sanfte "All I Ever Need" lädt zum zuckenden Ohrwurmspektakel, wird zum pulsierenden Höhepunkt der Platte und im abschließenden "Your Love Will Set You Free" als Reprise wieder aufgegriffen. "Our Love" entwickelt sich mit jedem Hördurchgang weiter und distanziert sich klar von seinen Vorgängern. Die prächtige Pop-Perle legt nahe, dass Dan Snaith sich seiner eigenen Liebe zur Musik bewusster geworden ist und diese nun unverkrampfter und selbstbestimmter denn je auszudrücken vermag.
5 Kommentare
Sehr viel House-lastiger als Swim, jedoch noch immer eine Ausnahme im Bereich der elektronischen Musik. Konsequente Weiterentwicklung, ohne den Indie(tronik)-Anteil komplett zu verlieren.
sehr knorke.. bei mir leider fast schon überspielt
die rezi ist etwas dürftig
Ich mochte Caribou immer sehr gerne, aber diese Platte zündet leider überhaupt nicht. Nicht ein Song der bei mir hängen bleibt ich hab sie sicher 3 mal in Ruhe durchlaufen lassen und bin einfach nur enttäuscht.
Da fehlt mir von hinten bis vorne die Rafinesse und der "Swing" von Swim, die echten Intrumente und die "Geräusche" die Caribou immer ausgemacht haben. Vielleicht hätte er diese Platte leiber mit seinem Elektronik Projekt rausbringen sollen. Tritt er jetzt Live auch nur noch mit nem Mac auf? Die "Swim" Konzerte waren ja immerhin noch ziemlich gut...
geht mir ähnlich. Beim ersten Hören (auf der Couch) bin ich eingeschlafen und heute hab ich lediglich die letzten drei Titel als recht interessant bemerkt (die hatte ich beim ersten Mal verpennt). Second Chance hätte er lieber selber einsingen sollen und nicht von diesen fiberglasdünnen Tussistimmchen. Mag ja sein, dass er RnB gern mag, aber er verwendet genau die Sorte RnB, mit der man mich eher jagen kann. Schade.