laut.de-Kritik
Der Franzose lädt zum 'Elektro meets Metal'-Schlachtfest.
Review von Toni HennigFranck Hueso alias Carpenter Brut hat ein Faible für trashige Konzepte. Auf "Leather Teeth" von 2018 ging es um einen High School-Nerd namens Bret Halford, der sich in ein Mädchen verliebt hatte, das jedoch schon in einer Beziehung mit dem Quarterback des Highschool Football Teams steckte. Aus Rache versuchte er, in seinem Studentenzimmer ein Gift zusammenzubrauen. Allerdings kam es bei dem Versuch zu einer Explosion, wodurch sein Gesicht entstellt wurde. Daraufhin machte er quasi aus der Not eine Tugend und startete als Sänger von Leather Patrol eine Metal-Karriere. Auf "Leather Terror" befindet er sich nun auf dem Rockstar-Thron und rächt sich im Serienmörderstil an den Leuten, die sich einst über ihn lustig gemacht haben. Ein dritter Teil soll irgendwann folgen.
So ein Slasher verlangt natürlich nach einer schmissigen musikalischen Untermalung. Dementsprechend geht "Straight Outta Hell" nach einem düsteren "Opening Title", der an Brad Fiedels Titelsong zu Terminator erinnert, mit brachialen Stakkatoriffs, peitschenden Drums sowie orchestralen Keyboards und Chor-Einschüben auch gleich in die Vollen. Zudem hat sich der Franzose noch eine Menge Gäste ins Studio geholt und ihnen ein Gewand verpasst, das ihre Besonderheiten betont.
So bietet "The Widow Maker", das zusammen mit Gunship entstand, melodisch rockige Synthwave-Klänge, während das von Greg Puciato gesungene "Imaginary Fire" mit alternativelastigen Sounds und wavigen Nuancen aufwartet. "...Good Night, Goodbye" featuring Ulver entführt in dunkelmelancholische Synthie-Pop-Gefilde. Später wendet sich Hueso zusammen mit Sylvaine in "Stabat Mater" atmosphärisch postrockigen Tönen zu, die sich im nahtlos daran anschließenden "Paradisi Gloria" zu einem epischen Finale steigern, das mit schweren Riffs, lauten Chören und quietschenden 80s-Synthies begeistert.
Die wahren Highlights warten jedoch in der Mitte. Das Doppel "Day Stalker" und "Night Prowler" überträgt mit pluckernden Elektro-Beats und harten Filter House-Riffs à la Justice die Liveenergie Carpenter Bruts auch auf Platte. "Lipstick Masquerade", das zusammen mit Persha entstand, klingt, als hätte man die Bassline aus Michael Jacksons "Thriller" mit der Melodieführung von Sandra gekreuzt. In der Zukunft dürfen es auch gerne mehr solcher trashigen Pop-Momente wie im letztgenannten Stück sein.
Im abschließenden Titeltrack erbringt der Franzose zusammen mit Tribulation-Sänger Johannes 'Jonka' Andersson und Converge-Drummer Ben Koller noch den Beweis, dass Synthwave und Death Metal besser zusammenpassen, als man glaubt, wenn dreckig nach vorn rockende Riffs, organische Drums, hymnische Synthies im Europe-Stil und pechschwarze Vocals eine unheilvolle Symbiose eingehen.
Letzten Endes erweitert Carpenter Brut das Synthwave-Genre um ein paar frische, lebendige Nuancen, ohne seine persönliche Handschrift abzulegen. Elektro- und Metal-Heads dürften daher gleichermaßen auf ihre Kosten kommen.
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