laut.de-Kritik
Einerseits Zeigefinger, andererseits Selbstironie.
Review von Dani FrommEinerseits Technik - andererseits Inhalt: Solider Flow inklusive blitzsauberer Double- und Tripletimes verkommt bei Chefket nicht zum Selbstzweck. Er nutzt sein handwerkliches Können, um durchdachte Botschaften an seine Hörerschaft zu bringen. "Rappen ist Selbsttherapie", gesteht Chefket in "Sauerstoff" ein, geht jedoch weit darüber hinaus.
Den zweifelhaften Beinamen "Größter Zeigefinger Deutschlands" trägt Chefket mit Recht, mit Fassung und mit einem Augenzwinkern. Zwar wirkt er (einerseits) stellenweise durchaus moralapostelig. Eine großzügige Schippe Selbstironie nimmt seinen Belehrungen (andererseits) jedoch die Oberlehrer-haften Züge. Credo und zentrale Aufforderung zugleich: "Bewahr' die klare Sicht!"
Neben eigenen Erfahrungen mit unreflektiertem Alkohol- und Drogenkonsum ("Genmanipuliert") oder damit, wie man sich möglichst effektiv selbst zum Horst macht ("Scheißegal"), leuchtet Chefket wenig diskret hinter Fassaden der Marke "Cool Easy Fresh": "Wenn du wissen willst, wie sehr Menschen leiden: Schau' ihnen beim Feiern zu." In "Panopticon" kritisiert er den Wildwuchs des Überwachungsstaates und der damit einhergehenden Paranoia: "Der Straße sind Augen gewachsen!"
Einerseits Rap - andererseits Gesang: Seine melodischen, gelegentlich ein wenig enervierenden, stets jedoch ohrwurm-tauglichen Hooklines singt der Neuberliner höchstpersönlich ein. Lediglich bei "Auf Der Reise" lässt er sich begleiten: In Bajka fand sich eine Partnerin abseits des gängigen R'n'B-Stimmen-Einerleis.
Einerseits Deutsch - andererseits Türkisch: Chefket pflegt seine Wurzeln in beiden Kulturen. Seine Reime perlen in der einen Sprache so flüssig wie in der anderen ("Listen & Pray"). Zugleich nutzt er die Gelegenheit, Trennendes kleinzureden und verbindende Elemente zu unterstreichen: "Shake hands in Gottes Namen" - ein begrüßenswerter Gedanke.
Daneben bleibt Platz für jede Menge Selbstfindung, obwohl immer wieder Töne in Moll angeschlagen werden. Die Grundstimmung gerät positiv, auch wenn die offen ausgetragene Sinnsuche oft keine greifbaren Ergebnisse liefern will. Der Weg entpuppt sich als Ziel: "Fehler machen ist schon ok, sie wiederholen ist das Problem."
Harmonisch, aber reichlich unauffällig fügen sich die Gäste ein. Chefket überfrachtet sein Debüt nicht mit Feature-Parts, verzichtet dabei ohnehin auf möglicherweise werbewirksames Namedropping. Mit von der Partie sind alte Weggefährten wie die Ohrbooten oder Labelbruder Amewu.
Musikalisch allerdings genügt die Unterscheidung in einer- und andererseits bei weitem nicht, um das Universum zu fassen. "Mach' einen Schritt zurück, vielleicht kommst du voran." In bester Hip Hop-Tradition besinnen sich Chefket und Krutsch, der für das Gros der Beats verantwortlich zeichnet, auf Soul-, Funk- und Jazz-Klänge.
Einerseits topaktuell - andererseits mit Grüßen an die Oldschool: Scratches von DJ Werd oder ein Abgleiten in Electroboogie-Gefilde ("Cool Easy Fresh") sorgen für veritable "Flashbacks für die Heads". Latino-Freunde werden am Instrumental zu "Scheißegal" ihre Freude haben. Spuren von Dancehall finden sich in "Panopticon". Die Gesangsparts der gerappten Lebensgeschichte "Sauerstoff" und "Listen & Pray" könnten beliebige Reggae-Tunes zieren. "I Don't Know" wagt sich gar an einen tonnenschweren Blues.
"Jede Pladde hat zwei Seiten / Wie die Wurst enden", wusste bereits Jan Eißfeldt. Sich auf der A-Seite auf eine musikalische Ausrichtung oder eine Perspektive festzulegen: Kann nur Einschränkung bedeuten. Grenzen sind für Chefket eher noch Ansporn zur Überwindung.
"Bis es perfekt ist, hab' ich gewartet", heißt es im "Intro". Ein zur Nachahmung empfohlenes Vorgehen. Der Künstler verspricht schon hier, sich abzusetzen von "so vielen Rappern, die kommen und gehn" und dabei immer "nur über verrostete Themen" schwadronieren. Einer- wie andererseits: ein gelungenes Debüt.
5 Kommentare
tolle sache, dass ihr das reviewt.
Find das Album ziemlich nice. Gute Beats, meist gute Texte, abwechslungsreicher Vortrag.
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Gute Review inklusive Alben-Auswahl, kütt up de list drupp.
Ein ca. 15 min. Audiointerview mit Chefket vom Anfang des Jahres könnt ihr in meinem Biocast anhören:
http://hiphopist.brennlabor.de/?p=43
Viele Grüße, der Ecoluddit