laut.de-Kritik

Cha-cha-chas und heißgelaufene Rechner.

Review von

Christina Perris Gesang trieft vor Verzweiflung und Reue, begleitet von trauriger Gitarre und schwerem Klavier. Es passiert zwar kaum etwas in "Trust", und die synthiegeschwängerten Chöre im Refrain irritieren, aber als Intro klingt der Song durchaus vielversprechend. Hält die Sängerin nun im Laufe der nächsten 50 Minuten Wort?

Nein, leider. Gleich der zweite Track "Burning Gold" entpuppt sich als stumpfer 08/15-Popsong, wie Adele im Taylor Swift-Mixer. Der Mainstreambeat schlägt zu, unsägliches Fingergeschnalze zerrt an den Nerven, und die Vocals treiben einen mit ihrem Dauergrinsen schon beim zweiten Lied zur Weißglut.

Dabei empfand ich "Lovestrong." 2011 gewissermaßen als Hoffnungsschimmer am sich stetig weiter verdunkelnden Himmel der Popmusik. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen. Erfüllt haben sie sich nicht.

Von dem bluesigen, gelegentlich an Nick Drake erinnernden Sound des Debüts ist so gut wie nichts mehr zu hören. Stattdessen laufen die Rechner auf Hochtouren - alles ist hoffnungslos überarrangiert und ertrinkt im Produktionsbrei.

Dachte man erst, mit "Burning Gold" wäre das Schlimmste überstanden, täuscht man sich gewaltig. "Be My Forever" liefert gar den negativen Höhepunkt des Albums. Grandios nervende Mitwipp-Handclaps sowie Ooh-ooh-ooh und Yeah-yeah-yeah-Hooks machen das Duett mit Ed Sheeran zu einer echten Qual.

Der Vorabtrack "Human" gibt dann einen der besseren Momente von "Head Or Heart" ab und hätte - vom starken Computer-Einsatz abgesehen - auch auf dem Debüt stehen können.
Endlich legt Christina mal Wert auf den Songaufbau. Viele der anderen Tracks entwickeln sich dagegen kein bisschen, sondern starten gefühlt mitten im Song oder brechen ohne jegliche Spannungskurve plötzlich ab.

Es wirkt fast so, als hätte Perri mit dem starken Debütalbum ihr Pulver verschossen und versucht nun verzweifelt, einen lauwarmen Aufguss desselben Rezepts zu kreieren. Die stärksten Titel haben allesamt Bezugspunkte zu "Lovestrong.". "Run" zitiert "Mine", "The Words" kommt nach "The Lonely" und "Lonely Child" ist das neue "Bang Bang Bang". Letzteres überzeugt mit coolen Western-Anleihen, macht aber mit plumpem "Cha-cha-cha"-Ende alles kaputt.

Oft ist eine Grundidee zwar vorhanden, jedoch keine, um den Song konsequent zu Ende zu führen. Man wünscht sich fast, nach dem Debüt wäre es nicht so gut gelaufen und Perri wäre der alten Melancholie verhaftet geblieben. Diesem Album hätte das vermutlich gut getan.

Der Rausschmeißer "I Believe" stimmt dann trotz Kinderchor noch mal versöhnlich. Und mit der finalen Zeile "This is not the end of me, this is the beginning" fragt man sich: Lohnt sich das Warten auf einen Nachfolger? Hoffentlich.

Trackliste

  1. 1. Trust
  2. 2. Burning Gold
  3. 3. Be My Forever
  4. 4. Human
  5. 5. One Night
  6. 6. I Don't Wanna Break
  7. 7. Sea Of Lovers
  8. 8. The Words
  9. 9. Lonely Child
  10. 10. Run
  11. 11. Butterfly
  12. 12. Shot Me In The Heart
  13. 13. I Believe

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