laut.de-Kritik
Zeitlose Klänge zwischen Hoffnung und Melancholie.
Review von Toni Hennig1998 fusionierte der Komponist Craig Armstrong auf seinem Debüt "The Space Between Us" Klassik, Pop und Elektronik auf berührende Art und Weise. Seitdem legte der Glasgower eine beachtliche Karriere hin. Für seinen Score zu "Moulin Rouge" purzelten geradezu die Preise, 2005 erhielt er den Grammy für seine Filmmusik zu "Ray". Zudem arbeitete er für seine Soloalben mit unterschiedlichen Musikern wie Bono, Brett Anderson oder Vladislav Delay sowie dem BBC Symphony Orchestra zusammen. Nun veröffentlicht er mit "Nocturnes - Music For 2 Pianos" ein Werk mit nächtlichen Klavierstücken.
Die Arbeiten an dem Album begann er schon im letzten Jahr während des Lockdowns. Nachts in seinem Homestudio in Glasgow komponierte er nur für sich selbst ein paar Tracks, um sich von den Turbulenzen der Welt abzulenken. Je mehr das Projekt zu einer Platte heranwuchs, desto mehr hatte er den Eindruck, dass die Stücke nicht nur ihm, sondern "vielleicht auch anderen Menschen Trost spenden könnten", wie er im Vorfeld der Veröffentlichung verriet.
Die Tracks hat er für zwei Klaviere geschrieben. Seine ursprüngliche Idee ah vor, das Werk von anderen Musikern aufführen zu lassen. Dabei war es ihm wichtig, dass der Fokus weniger auf der Melodie, sondern vielmehr auf Struktur und auf Emotionen liegt.
Diese Vorgehensweise färbt schon auf "Nocturne 1" hörbar ab. Melodisch perlen die Töne vor sich hin, so dass man sich der Schönheit dieser Musik nicht entziehen kann. Zwar kommt mit dunklen, behutsam gesetzten Tastenschlägen in "Nocturne 2" eine tiefe Melancholie zum Tragen, aber wenn in "Nocturne 4" der Tonfall eher hell statt dunkel ausfällt und die kunstvollen Klangfiguren etwas Tröstliches vermitteln, dann zeigt das, dass ein Nocturne auch Zuversicht zum Ausdruck bringen kann.
In "Nocturne 5" treffen dagegen entschleunigte, trübe Klänge in tiefstem Moll auf ein melodisches Motiv, das Armstrong von seiner dramatischen Seite zeigt. Im ebenso düsteren "Nocturne 7" beweist er, dass er nur ganz wenige, mit Bedacht ausgewählte Töne benötigt, um den Hörer unmittelbar zu berühren. Jedenfalls wirkt er auf diesem Album hochkonzentriert in seinem Spiel und lässt das oftmals allzu Kitschige seiner früheren Werke außen vor. Dadurch strahlt die Platte eine gewisse Zeitlosigkeit aus.
Seine cineastischen Qualitäten vernachlässigt der Glasgower dennoch nicht. In "Nocturne 11" verbindet er ein gleichbleibendes, melancholisches Motiv mit tänzerischen, optimistischen Melodiefiguren, so dass der Track auch gut eine ruhige, einfühlsame Filmszene musikalisch untermalen könnte. "Nocturne 12" bewegt sich mit seiner vielseitigen Melodik irgendwo zwischen Freude und Traurigkeit, während "Nocturne 13" mit ungleich schwereren Tönen aufwartet. "Nocturne 14" bildet einen unaufdringlichen, versöhnlichen Abschluss.
Letzten Endes erweist sich "Nocturnes - Music For 2 Pianos" trotz des engen konzeptuellen Rahmens als äußerst lebendig und vielseitig. Die Trostlosigkeit des Lockdowns hört man der Platte an einigen Stellen zwar an. Dennoch sorgen tröstend warme Momente immer wieder dafür, dass sie nie all zu schwerfällig gerät. Zudem entfaltet das Album aufgrund seines äußerst intimen Charakters vor allem in der Nacht eine besondere Atmosphäre. Im Grunde lässt sich die Musik auf diesem Werk nur mit einem Wort beschreiben: Wunderschön.
Noch keine Kommentare