laut.de-Kritik
Sechs Studio-Alben, Live-Alben, Raritäten: Tribut an einen Mythos.
Review von Michael SchuhMan kann es sich heute gar nicht mehr vorstellen, wie es wohl gewesen sein muss, etwa im Jahr 1972 David Bowie-Fan gewesen zu sein. Mitanzusehen, wie aus einem kaum bekannten Folkrock-Lockenschopf aus der Grafschaft Kent ein androgynes Zwitterwesen und schließlich ein globaler Superstar wurde, dessen wundersame Musik im damaligen Endzeit-Klima ausgelutschter Bluesrock-Adepten eine Schneise schlug wie 20 Jahre später "Nevermind". Der zu den Außenseitern sprach und trotzdem die Charts aufrollte. Der in Interviews über außerhalb von New York oder L.A. völlig unbekannte Musiker wie Lou Reed oder Iggy Pop ins Schwärmen geriet. Und der vor allem mit seinen ständigen optischen wie musikalischen Radikalumbrüchen Anhänger wie Gegner in Atem hielt. Kurz: Es muss absolut faszinierend gewesen sein.
"Five Years: 1969-1973" ist genau das, was man einer Legende wie Bowie alleine schon für seine Heilige Album-Dreifaltigkeit "Hunky Dory"/"Ziggy Stardust And The Spiders From Mars"/"Aladdin Sane" (alle 5/5) widmen muss. Es ist Teil eins eines karriereumspannenden Sets, bestehend aus wahlweise 12 CDs, 13 Vinyls oder Downloads, je nach Belieben. Mit dabei sind sechs Studio-Alben, zwei Live-Alben, der 2003er Ken Scott-Mix von "The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars" und eine Fan-Compilation mit raren Single-Versionen und B-Seiten, etwa einem unveröffentlichten Single-Edit von "All The Madmen" oder der 1971er Originalversion von "Holy Moly".
So kann man anhand der Alben noch einmal den unvergleichlichen Karrierebeginn dieses jungen, für alle Facetten der Kunst offenen Typen nachfühlen, der unter dem Einfluss von u.a. Warhol, Nietzsche, Kabuki und "Clockwork Orange" Songs komponierte, die den Boden für seinen heutigen Stellenwert als überlebensgroße, mythische Popfigur bereiteten. Hierzu zählt in der Regel weder sein folkpoppiges Debütalbum "David Bowie" von 1967 (3/5), noch das hier vorliegende "Space Oddity" von 1969 (3/5), obwohl die Worte des damals schon beteiligten Produzenten Tony Visconti im begleitenden, wunderschön aufgemachten "Five Years"-Buch nachvollziehbar klingen: "Man spielte mir Songs vor, die auf sein zweites Album kommen sollten. Ich mochte, was ich hörte. Es war sofort spürbar, dass er eine besondere Stimme hatte, weit über dem Durchschnitt des herkömmlichen Popsängers. Das gilt auch für sein Songwriting. Es war nicht dumm genug für zeitgenössischen Pop, obwohl die Beatles quasi jeden ermunterten, einfach zu machen, wozu man grade Lust hat."
Das Album hatte einen Hit, der alles überstrahlte: Der Mondlandungssong "Space Oddity" ist aus der Sicht eines Raumfahrers geschrieben, der sich in ähnlich großer Entfernung zur Mutter Erde befand, wie Bowie bald zu seinen Kollegen des gängigen Rock'n'Roll-Betriebs. Doch diese Zeit begann auch noch nicht mit dem tendenziell düsteren, noch in derben Hippie-Rockismen badenden "The Man Who Sold The World" von 1970 (4/5). In "All The Madman", "Black Country Rock" und allen voran dem Titelsong leuchtet die Glamrock-DNA zukünftiger Heldentaten gleichwohl schon hell hervor. Es war die erste Platte in der Spiders-Besetzung mit Gitarrist Mark Ronson.
"Hunky Dory" von 1971 beinhaltet mit "Changes" und "Life On Mars?" zwei der beeindruckendsten Bowie-Songs überhaupt. Unzählige spätere Stars berufen sich neben "Ziggy Stardust" auf dieses Album als Inspiration, auch Johnny Marr, der gleich noch ein paar Nachkömmlinge aufzählt: "Diese beiden Alben befreiten so viele Jugendliche aus den gleichförmigen Strukturen ihrer tristen Vororte. Menschen, zu denen ich aufschaute wie Pete Shelley von den Buzzcocks oder Ian Curtis waren sehr von Bowie beeinflusst. Kein Bowie, kein John Lydon, keine Sex Pistols. Unglaublich viele Eltern hassten die Alben, weil sie so offensichtlich sexuell aufgeladen waren", womit Marr auch den Nachfolger "Aladdin Sane" meinte.
In der Phase erfand sich Bowie als Mod-Garbo neu, eine Art männliche Femme Fatale. Auf "Ziggy Stardust And The Spiders From Mars" befinden sich unsterbliche Tracks wie "Starman", der Titeltrack und das Velvet Underground-Esprit versprühende "Suffragette City". "You're not alone / you're wonderful", kreischt er auf dem Schlusstrack "Rock'n'Roll Suicide" allen Outsidern entgegen, die sich wie hypnotisiert ihrem rothaarigen Erlöser anschließen.
Diese aufregende Zeit wird vom schicken Booklet ansprechend begleitet. Visconti darf hier noch einmal aus dem Nähkästchen plaudern und die eine oder andere Musikkritik von damals verleitet zum Schmunzeln. Das Vorwort überlässt man Kinks-Boss Ray Davies, einer von Bowies eigenen Idolen, der nicht allzu viel Spannendes zu berichten weiß, pflichtgemäß Bowies Kinks-Cover auf "Pin-Ups" (2/5) lobt und die floskeltriefende Feststellung "Ohne Bowie wären die 70er nicht diesselben gewesen" ausgerechnet Boy George zuschreibt. Als bestünde bei Bowie Mangel an Zitaten großer Künstler.
"Ich bewundere alles, was David Bowie in den 70er Jahren erschaffen hat. Er war auf einer Mission. Er war gerade brillant, weil er auch mal nicht ins Schwarze traf", findet Radiohead-Gitarrist Ed O'Brien, der mit dem markerschütternd intensiven Album "Ok Computer" vielleicht das "Ziggy Stardust" der 90er Jahre miterschaffen hat. Für Trent Reznor zählt Bowie natürlich auch zu den Großen im Geschäft, da "er im Laufe seiner langen Karriere immer den Mut aufgebracht hat, Dinge zu zerbrechen und einen neuen Kurs einzuschlagen, obwohl der ihm eventuell hätte misslingen können."
Während die enthaltenen Livealben "Live Santa Monica '72" (4/5) und "Ziggy Stardust: The Motion Picture Soundtrack" (5/5) vor allem von historischem Wert sind, zumal letzteres den Abschiedsgig der Bühnenfigur Ziggy Stardust im Juli 1973 in London dokumentiert, dürften vor allem die zwei "Re:Call" benannten CDs mit Raritäten als Kaufargument für "Five Years" herhalten. Obskuritäten wie "Ragazzo Solo, Ragazza Sola", die italienische Version von "Space Oddity", finden sich hier ebenso ein wie Outtakes früher Songs wie "Janine" oder "Memory Of A Free Festival", deren Reize man allerdings nur erkennt, wenn man die Studioversionen in- und auswendig kennt. Das gilt auch für die Mono-Single-Versionen von Tracks wie "Changes", "Andy Warhol" oder dem "German Single Edit" von "Drive-In Saturday", das eventuell zehn Sekunden kürzer ist als das Original. Dafür ist die Originalversion von "Holy Holy" dabei, die bislang nur 1971 als Mercury-Single veröffentlicht wurde.
Letztlich richtet sich "Five Years: 1969-1973" an Bowie-Komplettisten oder an jene Neueinsteiger, die nichts mit Compilation-Boxsets wie "Nothing Has Changed" anfangen können. Schön aufgemacht ist das Package auf jeden Fall.
1 Kommentar mit 5 Antworten
Ist derlei überbewerter Scheissdreck nicht normalerweise das Metier von diesem selbstherrlichen Bukkake-Anwalt? Naja, trotzdem zum Kotzen!
Du scheinst mir jemand zu sein, mit dem sich gut über Musik unterhalten kann! Was ist denn dein Album des Jahres bisher?
Ja, das kann man allerdings. Ich glaube allerdings nicht, dass ICH mich mit DIR über Musik unterhalten will. Auf Gespräche mit solchen Pennern habe ich schlicht keine Lust.
Darf man fragen, wie du auf die Idee kommst, ich sei ein Penner? Das hat mich doch etwas gekränkt, um ehrlich zu sein!
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@CCWM ich glaube da ist jemand immer noch sauer weil niemand mit ihm spielen wollte..das lässt er jetzt raus...
ausserdem..ist er nicht mehr da...wollte mal schaun was er denn so hört
aber was liest man da:
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