laut.de-Kritik

Einer der besten Auftritte in seiner langen Karriere.

Review von

Schon wieder ein David Bowie-Release? Ausgerechnet vor Weihnachten? Auch noch ein Re-Release? Ja, zum Glück für alle Vinyl-Fans. Denn "VH 1 Storytellers" gab es bislang nur auf CD, dort allerdings gekürzt um vier Songs. Den kompletten Auftritt konnte man sich bislang nur auf DVD anschauen, die der CD beigelegt wurde.

Warum das wichtig ist: Weil hier die Rede von einem der denkwürdigsten Auftritte seiner Karriere ist, mit Top-Versionen und einem extrem redefreudigen Bowie. Tracks wie "Can't Help Thinking About Me" spielte er erstmals nach 33 Jahren wieder, "Drive-In Saturday" immerhin erstmals seit 1974 und "Word On A Wing" nach 1976 wieder.

Smashing Pumpkins, Robert Plant, Elton John: Storytellers-Chef Bill Flanagan war bereits an einige Hochkaräter gewohnt. Aber als David Bowie zusagte, am 23. August 1999 im Manhattan Center's Grand Ballroom vorbei zu schauen, war es für Flanagan "mehr als ein großes Booking. Es war, so abgedroschen es leider klingen mag, eine Ehre. Bowie sagt nur Dinge zu, von denen er restlos überzeugt ist".

Und der 52-jährige Brite wusste nach einem Jahrzehnt voller musikalischer Experimente genau, was er wollte: Die TV-Plattform ausgerechnet für ein intimes Set bestehend aus zumeist obskuren Songs seiner Frühphase zu nutzen, und die großen Hits außen vor zu lassen. Ein Konzept, das Flanagan durchaus unter Druck setzte: "Als wir hörten, dass Bowie 'Drive-In Saturday', 'Word On A Wing' und 'Can't Help Thinking About Me' spielen will, hatte ich die undankbare Aufgabe, mich mit ihm über die Titelauswahl zu unterhalten. Er hörte mir höflich zu und erklärte dann, dass er ein Set für seine langjährigen Fans im Kopf habe, es würde gut werden und ich solle ihm vertrauen".

Das Resultat gibt Bowie Recht: Zwar fügte er eine Kurzversion von "Rebel Rebel" ein und sang auch den Single-Hit "China Girl", letzteren aber wahrscheinlich auch nur, um eine seiner zahlreichen Anekdoten zu präsentieren, die dem Publikum seinerzeit den Atem genommen haben muss. Der jahrelang rastlos zwischen Drum'n'Bass, Jungle und dem aufkommenden Internet nach einer geeigneten Zukunftsformel suchende Musiker klingt plötzlich so zufrieden und publikumsnah wie lange nicht.

Man kann die Aufregung Flanagans nachempfinden, denn Bowie war wirklich alles egal, er freute sich einfach seines Lebens und spielte sogar einen Song, der nach eigenem Urteil die zwei furchtbarsten Zeilen seiner Karriere enthält: "My girl calls my name Hi Dave / drop in, see around, come back / if you're this way again" (aus der 60s-Rarität Can't Help Thinking About Me"). Nach einer furiosen Version setzt er trocken nach: "No, I don't rather like that anymore".

Dass die beste Geschichte an diesem Abend jene zu seinem vielleicht großartigsten Song "Life On Mars?" ist, passt wunderbar ins Bild. Sie geht so: 1968 bekam er von seinem Verleger einen französischen Song, für den er einen englischen Text schreiben sollte. Der damals noch unbekannte Bowie lieferte "Only A Fool Learns To Love" ab, was jedoch auf wenig Gegenliebe stieß. Der Verleger gab die Aufgabe daher an andere Künstler weiter, darunter Paul Anka. Wenige Monate später erkannte Bowie den Song im Radio wieder, gesungen von Frank Sinatra: "My Way". Bowie konnte es nicht glauben und komponierte "Life On Mars?" - aus Rache.

Trackliste

  1. 1. Life On Mars?
  2. 2. Rebel Rebel
  3. 3. Thursday's Child
  4. 4. Can't Help Thinking About Me
  5. 5. China Girl
  6. 6. Seven
  7. 7. Drive-In Saturday
  8. 8. Word On A Wing
  9. 9. Survive
  10. 10. I Can't Read
  11. 11. Always Crashing In The Same Car
  12. 12. If I'm Dreaming My Life

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6 Kommentare mit einer Antwort

  • Vor 4 Jahren

    Die kommerzielle Ausschlachtung hat ein Ausnahmekünstler wie Bowie nicht verdient. Gefühlt jede zweite Woche ein neues Re-Release oder Re-Re-Release. Eine miese Masche, um den Fans das Geld aus der Tasche zuziehen, da man hier mit Vinyl noch echt Knete machen kann.

    • Vor 4 Jahren

      Wird irgendwer gezwungen das zu kaufen? Hält Dir wer eine Pistole an den Kopf und sagt Du musst das kaufen? Nicht? Also dann halt die Klappe und lass die sich daran erfreuen, die das liebend gerne kaufen.

  • Vor 4 Jahren

    super! endlich kommen nach und nach alle denkwürdigen gigs und studiosachen an den start, die man früher nur als bootlegjäger ergattern konnte. die auswahl des bowiekatalogs ist langsam aber sicher endlich dort, wo er es bereits zu lebzeiten verdient hätte.

    ich liebe von diesem abend besonders die story, wie er bolan kennen lernte.

    ps: wieder mal sehr schöner bowietext, don :)

  • Vor 4 Jahren

    Immer her damit. Es gibt, ähnlich wie bei Prince, erstaunlich wenige Livemitschnitte dafür, daß er ein so genialer Performer war!

  • Vor 4 Jahren

    auf was denn nun? Vinyl, dvd, kupferstich? Nein, her Schuh, die Einleitung sagt es nicht eindeutig. in multimedialen Zeiten wäre das Medium zu nennen nicht soooooo verkehrt.

  • Vor 4 Jahren

    Mozart, Beethoven, Bach alles populär Musiker ihrer und unserer Zeit, wo nie jemand auf die Idee kommt, wenn z.b. Beethoven 10. Sinfonie ausgegraben wird und zum xmale probiert wird die zu rekonstruieren, das wäre Leichenflederei.

    Die Geschichte der Popmusik beginnt in meiner Wahrnehmung in den 1950 Jahren so richtig durch zu starten. Elvis ist nicht mehr, Hendrix ebenso, Joplin auch, über Cobain hin zu Bowie, viele wirklich wichtige Musiker starben viel zu früh aus den unterschiedlichsten Gründen. Den Vorwurf Leichenflederei müssen sie sich alle gefallen lassen. Why?

    Die Musik kann es nicht sein, ein Mozart, Beethoven und selbst Bach hätten sie sie gehört, wären begeistert gewesen und hätten sie gefeiert ohne Ende. Da bin ich mir "fast" sicher!