laut.de-Kritik

Die DVD beweist: Deep Purple sind die Schalke 04 des Rock.

Review von

Mit Deep Purple verhält es sich ein bisschen wie mit Schalke 04: Trotz ständiger Personalwechsel haben sie ihre sympathische Raubeinigkeit nie verloren, die Texte der Lieder sind so simpel, dass sie von Kevin Kuranyi stammen könnten, die Glanzzeiten so weit entfernt, dass es davon nur psychedelisch anmutende Farb- oder schattenhafte Schwarzweiß-Sequenzen gibt.

Ebensolche haben die Macher der vorliegenden DVD weißgottwo ausgegraben. Den Anfang macht jedenfalls ein Nachrichtenbericht aus Neuseeland, der ein Flugzeug und eine halbfertige Bühne zeigt. Deep Purple seien mit ihrem Jet gelandet, den sie fünf Wochen lang für eine Viertelmillion Dollar gechartert hätten, erzählt eine gelangweilte Stimme.

Tatsächlich gehörte die Band britischen Ursprungs damals noch zu der Riege der Top Acts. In der ersten Hälfte der 70er Jahre verkaufte niemand mehr Platten in den USA als sie. Es folgt die Bandgeschichte im Schnelldurchlauf: Die Anfänge mit Rod Evans am Mikro, die ersten Erfolge, der Staffelwechsel mit Röhre Ian Gillan, der Ruhm, der Größenwahn, der Ausstieg erst von Gillan, dann von Gitarrist Richie Blackmore, schließlich der Drogentod seines Ersatzes Tommy Bolin und das vorläufige Ende 1976.

Kaum hat man sich die Augen gerieben und gewundert, dass nach 20 Minuten schon alles erzählt ist, beginnt das Ganze noch einmal von vorne – mit den in der Dokumentation nur angespielten Liedern in voller Länge. Eine nette Idee eigentlich, wenn sie konsequent umgesetzt worden wäre. Denn das meiste lässt sich ohne schlechtes Gewissen mit der Forward-Taste überspringen. Das Häuserschlucht-Video zur Coverversion von "Help" der Beatles? Furchtbar! Der Text zu Gillans erstem Beitrag "Hallelujah"? Erschreckend! Das Video zu "Strange Kind Of Woman" mit einer motorradbehelmten Frau, die wie Pinocchio tanzt? Grauenhaft!

Als einer der wenigen Lichtblicke erweist sich der Auftritt in der Playboy-Fernsehshow. Moderiert von einem noch wenig lüstern aussehenden Hugh Hefner tanzen die Bunnies ausgelassen zum ersten großen Hit der Band, "Hush". Der Mitschnitt liefert übrigens auch den Grund für den Abgang von Sänger Evans: Mit solch einer Hose kann man nur gefeuert werden.

Viele der Zeugnisse stammen aus dem Rockpalast des WDR, was dem Zuschauer Ansichten von pickligen Teenies mit Vokuhilafrisur beschert. "Deep Purple sind scheiße", behauptet einer, wohl etwas übertrieben. Doch genauso steril wie die braven Auftritte vor den TV-Kameras ist die gesamte DVD.

Wie viele Gitarren Richie Blackmore auf der Bühne zerdeppert hat, weiß wohl nur der Roadie, der ständig neue besorgen musste. Jedenfalls waren es einige. Davon ist aber leider nichts zu sehen. Lediglich in "Mandrake Root" schrubbt er sein Instrument an die Marshall-Wand und wirft ein paar Verstärker um. Der legendäre Auftritt in Kalifornien, als der launische Virtuose die halbe Bühne in die Luft sprengte und Schlagzeuger Ian Paice gleich mit, damit Yes nicht nach Deep Purple auftreten konnten, ist hier zwar mit zwei Stücken ("Burn" und "Mistreated") vertreten, das spektakuläre Ende aber fehlt.

Neues ist in fast fünf Stunden nicht zu entdecken – die 20-minütige Aufzeichnung reicht vollkommen aus. Da aber auch sie nichts Wegweisendes berichtet und Ton- sowie Videoqualität weitestgehend bescheiden ausfallen, sollte man sich lieber gleich das gute alte "Made In Japan" reinziehen.

Womit ein entscheidender Unterschied zwischen alternder Rockband und erfolgloser, umjubelter Fußballtruppe gefunden wäre: Dank guter Aufnahmen können die einen von den Erfolgen aus ihrer Vergangenheit leben und sich in ihrem Kultstatus suhlen. Die anderen werden davon erdrückt.

Trackliste

History of Deep Purple from 1968 to 1976

DVD 2

Highlights

  1. 1. Adress (Playboy TV)
  2. 2. Wring That Neck (Bilzen Jazz Festival 1969)
  3. 3. Wring That Neck (Pop Deux, Paris Concert 1970)
  4. 4. Mandrake Root (Pop Deux, Paris Concert 1970)
  5. 5. Black Night (Promo Clip)
  6. 6. No No No - Take 1 (Rockpalast Rehearsal Session)
  7. 7. No No No - Take 2 (Rockpalast Rehearsal Session)
  8. 8. JT Nuit (French TV 1974)
  9. 9. Leeds Polytechnic Student Project 1974 feat. Burn/Space Truckin'
  10. 10. New Zealand TV Documentary (Nov 1975)
  11. 11. Deep Purple's Founder Manager Tony Edwards (French TV Interview 1976)

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13 Kommentare

  • Vor 14 Jahren

    Das Deep Purple der siebziger ist meine absolute Lieblingsband und die Musik ist gottgleich...

    ...aber diese Vergangenheits-Verwurstungen braucht niemand.

    Genügt das Output oder der Umsatz des aktuellen Lineups nicht? Muss man unbedingt alle paar Jahre mit einer neuen Veröffentlichung "kürzlich" ausgegrabener "Dokumente" erschlagen werden?

    Die offiziellen Re-releases der originalen Platten dieser Zeit reichen vollkommen, um Purple's musikalisches Meisterwerk zu würdigen!

    PS: Deep Purple das Schalke der Rockmusik? Ihr habt wohl den Arsch offen... :bomb:

  • Vor 14 Jahren

    sag mal trigger, kommst du aus der sowjetunion oder was?
    schon mal was von "angebot & nachfrage" gehört?

    wenn es irgendwelvhe dp-fans gibt die sich das material gerne ansehen und besitzen wollen, kann es doch auch angeboten werden. falls es dafür keine nachfrage gibt wird der anbieter damit auch keinen gewinn machen.
    niemand zwingt dich dieses produkt zu kaufen.

  • Vor 14 Jahren

    @MannBeißtHund (« sag mal trigger, kommst du aus der sowjetunion oder was?
    schon mal was von "angebot & nachfrage" gehört?

    wenn es irgendwelvhe dp-fans gibt die sich das material gerne ansehen und besitzen wollen, kann es doch auch angeboten werden. falls es dafür keine nachfrage gibt wird der anbieter damit auch keinen gewinn machen.
    niemand zwingt dich dieses produkt zu kaufen. »):

    War auch mehr meine persönliche Meinung ;)

  • Vor 14 Jahren

    @guelei1 (« @dein_boeser_Anwalt (« "die karriere von michale jackson war ja immer ein wenig wie die tour de france.
    das stetige aneinanderreihen von bergigen höhen und schmerzlichen talfahrten plus todbringendem medikamentenmissbrauch machten den entertainer aus indiana schlussendlich zum pantani des pop." »):

    :eek: ich wusste gar nicht welch journalistischen fähigkeiten in dir schlummern »):

    na danke.....ich hab dich auch sehr lieb :absinth:

    boah, war der gut......ich muss erstmal luft holen....

  • Vor 14 Jahren

    Den Artikel sofort in die Tonne kloppen. So viel Schwachsinn auf einem Haufen.
    Erst mal der Vergleich mit den Uschis - pervers.
    Dann die formalen Fehler, wie sie hätten die meisten Platten in den Staaten verkauft. Das war nur in der MK1 Besetzung so (also 1968/69), später (also in den 70ern) haben sie in Japan und Europa weitaus mehr abgesetzt, als in den Staaten. Als Tommy Bolin das Zeitliche gesegnet hat, war er schon knapp 8 Monate nicht mehr Mitglied der Band, weil Jon Lord sie im April '76 aufgelöst hat. Ein wenig mehr Recherche, wenn man so ein Pamphlet verfasst, wäre wünschenswert.

    Nun zur DVD. Ob man das Teil nun braucht oder nicht, sei mal dahingestellt. Zumindest sind ein paar seltenere Aufnahmen (gerade von der Urbestzung)dabei. Da es keine vollständigen Konzertaufzeichnungen von der MK1 Besetzung gibt (auch nicht nur audio), ist das Material für Sammler durchaus interessant.

  • Vor 14 Jahren

    @ dein böser Anwalt:
    damn, 1 : 0 für die juristerei!...trotzdem bin ich bekennder Deep Purple Fan und sehe diese Methaper als Beleidigung!