laut.de-Kritik
Hip Hop, der trotz kleiner Schwächen einfach Spaß macht.
Review von Laura Sprenger"Jede Kritik prallt an mir ab", konstatiert Dexter im Interview mit rap.de bezüglich seines treffend titulierten Albums "Haare Nice, Socken Fly". Nicht weil er sich für unfehlbar und übertalentiert hält, sondern weil er schließlich Kinderarzt-Schrägstrich-Produzent und nicht Kinderarzt-Schrägstrich-Rapper ist.
Die vermeintliche Narrenfreiheit nutzt Dexter, um dies und das, einfach so verschiedene Dinge zu erzählen. "Die Musik ist nicht aufdringlich, eher fluffig, wie ein leichter Wellengang. Auch die Textinhalte sind so: keine schweren Thematiken, es geht eher darum, dass es mir gut geht", so der Betty Ford Boy – mit Frau und Sohnemann oder den Homies, bisschen "Vino", noch mehr Gras und natürlich guten Beats.
Wavyness und Selbstironie hin oder her: Dexters Fähigkeiten als Rapper sind begrenzt, sein Flow monoton bis hölzern, Song- und Reimstrukturen simpel und die Wortwahl gefühlt einen Ticken zu nah am Twitterlingu-Anglizismen-Zeitgeist. Lines wie "Meine Homies tragen Mütze und kein Aluhut / Meine Ladies haben Babys in ihr'm Tragetuch / Geboren in den 80's, guck ins Tagebuch / Alle Homies wavy – alle meine Homies gehen Nüsse" muss man sich auch erstmal trauen.
Bei aller Kritik lässt sich erstaunlicherweise feststellen: Experiment geglückt. "Haare Nice, Socken Fly" lässt sich bei der kompakten Spielzeit von rund einer Dreiviertelstunde problemlos am Stück anhören und verbreitet eine ungezwungen-lässige Grundstimmung, der man sich nur schwer entziehen kann. Wie es im Kommentar eines Online-Versandhändlers so schön heißt: "Die Atmosphere übertreibt einfach ihre Rolle."
Dafür sorgen besonders, wie sollte es bei Dexy anders sein, die Instrumentals. Obwohl jedes einzelne auch für sich und vor allem ohne Lyrics funktioniert, ist der konsequente Einsatz der den Inhalt unterstreichenden Klänge und Geräusche beachtlich und zeugt von akribischem Perfektionismus. Straighte Basslines und Drums durchziehen den mal rumpeligen, meist aber federleicht vor sich hin plätschernden Boom Bap.
Sein Leben als erfolgreicher und offenbar tiefenentspannter Produzent resümiert Dexter unter anderem in "Keinen Tag Tauschen". Private Einblicke kratzen lediglich an der Oberfläche und geraten trotz der bewusst zur Schau gestellten Spießigkeit größtenteils angenehm unverkrampft. Die gepflegte Überheblichkeit findet in "Ich Bin Wavy" ihren Höhepunkt: "Ich heiße Dexy und bin wavy wie der Ozean / Ihr könnt hier schwimmen, aber nicht in meinem Boot mitfahr'n."
Ununterbrochen im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen, erschien dem Heilbronner dann aber doch zu viel des Guten – zurecht. Mit Fatoni, Jaq, Retrogott, Ahzumjot und LGoony holt er sich eine Riege namhafter Kollegen ins Boot, denen er raptechnisch kaum das Wasser reichen kann. "Am Flughafen" überzeugt mit einem glänzend aufgelegten Huss: "Nein, Rap hat keinen King, alle Rapper sind Gesinde / Doch wenn Dexter an den Decks ist, überwinde ich meine Skepsis / Und stelle mich nicht so an, weil es ja nur ein bisschen Rap ist."
LGoony stellt mit "Palmblätter" erneut sein untrügliches Gespür für catchy Hooks unter Beweis, vor dem sich Ahzumjot mit "Frag Mich Nicht" aber keineswegs verstecken muss. Auch dank des überschaubaren Inhalts gelingt Dexter mit "Haare Nice, Socken Fly" ein Hip Hop-Album, das trotz kleiner Schwächen einfach Spaß macht: "Ich rappe nur über Getränke, Medikamente, eine sichere Rente / Aber sag mir bitte: Was soll daran schlechter sein als Rap über Rap, Graffiti, Breakdance, Blackbooks oder irgendeine City? Nix! Also halt die Fresse und turn up!"
6 Kommentare mit 4 Antworten
Beats 5/5, Features 4/5, Dexter am Mic 1/5.
Macht dann im Durchschnitt Irgendwas um die 3/5.
Ich kann ihn mir am Mic wirklich nicht geben, finde das wirklich unfassbar schlecht...Dem gegenüber stehen halt wirklich die überragenden Beats und allein für den G.o. doppel t. Verse sollte man sich das Albung gönnen.
Vollkommene Zustimmung !
Vllt noch als Nachtrag: Ich finde das vollkommen legititm zu sagen, dass er mal Bock hat zu rappen und der Hinweis darauf, dass das nicht seine Kernkompetenz ist, aber das ändert Nichts daran, dass seine Raps wirklich kein Hörvergnügen sind.
Word!
Flow nice, Beats fly. Ich find Dexters Raps eigentlich recht stabil - vermutlich weil ich auch so ein 30+ Spießbürger bin. Ich musste stellenweise laut lachen bei manchen Punchlines. Und über die Beats brauchen wir ja nicht reden.
Würde der Platte 5/5 geben, wären da nicht "Nüsse" (das Feature halt ich nicht aus & "...gehen Nüsse"?!?) und die Tatsache, dass es bisher kein "Robby Bubble" Video gibt, dass wie der Track so amüsante Referenzen zum "Das ist alles Kunst"-Video hat.
Ist leider ein ganz schlechtes Album, das können die Beats auch nicht wieder Wett machen.
album ist definiv dope
features sind alle stabil (v.a. goony) und hate an seinem rap nicht wirklich gerechtfertigt
Dexie absolut unhatebarer Hurensohn. Wer den Flow nicht nice findet, keult sich vermutlich einen auf Antihelden. Perfektes Sommeralbung, immer schön abwechselnd mit Rosecrans. 4/5
Damn right.
Finde diese Späteinsteigernummer von ihm einfach übersympathisch. Beats sind über jeden Zweifel erhaben, und auch am Mic find ich ihn auf seine eigene (z.T. wirklich etwas hölzerne/unbeholfene) Art einfach lässig. c452h's Gewäsch von der lockeren Sommermusik würde ich hier, minus dem bei-den-Mädels-Punkten, unironisch unterschreiben.