laut.de-Kritik
Dur-lastig und schunkelnd gegen drohende Abgründe.
Review von Kai Butterweck20 Jahre Aeronauten: Nur die wenigsten Begleiter der Band hätten wohl gedacht, dass die berühmte Kassetten-Story aus dem Jahre 1992 derart weitreichende und langlebige Folgen haben würde. Wenn das kein Grund zum Feiern ist? Das Schaffhausener Sextett lässt das Jubiläum jedenfalls nicht kalt, und so hüpft dieser Tage gar ein Doppelalbum über die Alpen und versorgt uns mit altbewährtem Sarkasmus, selbsttherapeutischem Miesepeter-Gehabe und angeschwollenem Gesellschafts-Stinkefinger.
"Wegen dir, wegen euch ist die ganze Welt verseucht": Mit einem Augenzwinkern werden Gesellschafts-Feindbilder an die Wand geklatscht, und dabei mit knarzigen Gitarren, rumpelnden Beats, südländischen Chören und allerlei Fremdgeräuschen drangsaliert. Mit ein bisschen Geschmack dürften sich die Opfer aber zumindest am musikalischen Soundtrack ihrer eigenen Verurteilung erfreuen, denn der Indie-Sechser zieht auch nach zwei Jahrzehnten noch massenweise hübsche Melodien aus dem Hut.
Die Bläser pusten natürlich wieder an vorderster Front, und spätestens mit dem fast schon Airplay-tauglichen "Zementgarten" verbindet sich Proberaum-Demo-Charme mit internationalem Alternative-Pop-Niveau.
Sänger Guz klingt auch anno 2012 immer noch wie die Twen-Version von Udo Lindenberg, wenn er eindringlich vor dem "Jackenmann" warnt, in Erinnerungen schwelgt ("Enten") oder sich auf "Uswanderer" nach der Fremde sehnt. "Too Big To Fail" ist vollgepackt mit Anekdoten, kleinen Geschichten und kryptischen Fingerzeigen.
Eingepackt wird das Ganze in kantige Dur-Lastigkeit. Selbst das trübe "Das Ende Ist Nah" sträubt sich, gewollt oder nicht, vor allzu aufkommender Endzeitstimmung. Lediglich das Tempo zu drosseln, erzeugt bei den Eidgenossen noch längst keine flächendeckende Melancholie. Eher schunkelnd nähert man sich jenseits der Alpen dem drohenden Abgrund.
Wenn das erste Dutzend Songs seine Schuldigkeit getan hat, ist alles gesagt. Die verbleibenden vierzehn Ergüsse toben sich komplett instrumental aus. Zwar schaut nochmal ein kleiner Chor um die Ecke und das ein oder andere Sprach-Sample macht auf sich aufmerksam, doch CD 2 gehört den Instrumenten.
Und da kommen so einige zum Zuge, wenn sich Country, Jazz, Dixieland, Pop und Co. zur gleichen Zeit in den Proberaum schleichen und am Ende nicht viel übrig lassen außer tote Esel, verlorene Kühe und garstige Samoaner. Und jetzt: hoch die Tassen!
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