laut.de-Kritik

Der alt gewordene Superheld schluckt sein eigenes Kryptonit.

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Es lässt sich einfach nichts Fieses über Andi Ypsilon, Thomas D, Michi Beck und Smudo sagen. Die Fantastischen Vier, die guten Freunde aus "Lauschgift"-Erinnerungen der Jugend, sind mittlerweile lieb gewonnene Onkels aus dem Fernsehen. Das Gute daran: Die Fantas sind sich dieses Umstands bewusst und wissen, dass sie außerhalb dieses Kosmos' nicht mehr funktionieren. So bleiben einem schlimme Fehltritte wie das Beginner-Comeback erspart. Die großen Momente liegen aber halt auch schon länger zurück.

In dem selbstironischen Video "Zusammen" beklagt der langjährige Manager Andreas "Bär" Läsker den kommerziellen Niedergang und erklärt, wie man sich dank Clueso wieder Relevanz in der jüngeren Käuferschicht holen will. Die trotzige Reaktion gibt es in "Hitisn": "Auch, wenn sie das nicht im Radio spielen, werden wir damit die Stadion füllen." Konzerte als gemeinsamer Familienausflug funktionieren eben nicht nur im Rock-Business, sondern auch im Deutsch-Hip Hop. Bei aller semi-motivierter Auftragsarbeit der letzten Jahre muss man einfach anerkennen, dass es wenige Künstler in Deutschland gibt, die sämtliche Generationen und Schichten ohne kollektives Hassgefühl zusammen bringen.

Die Fantas als Botschafter der Mitte können allerdings auch nicht länger die Augen vor den politischen Veränderungen verschließen. "Endzeitstimmung" rechnet mit den neuen Populisten ab und zitieren sich dabei sinnigerweise gleich selbst mit dem 90er-Hit "Populär". Die guten alten Zeiten müssen eben immer wieder hochleben.

"Das Ist Mein Ding" kopiert Seeed, aber solange Peter Fox nicht mehr aus seiner Auszeit auftaucht, taugt auch diese Kopie. Der launige Dancehall-Track gibt auch die Antwort, was eigentlich der einst auffällige Thomas D derzeit macht. Früher noch gerne (wenn auch nicht immer freiwillig) in den Boulevard-Blättern daheim, ist nun auch beim ehemals Schrillsten der Fantastischen Vier der Rückzug ins Private angesagt: "Mein Heim ist die Pampa, der Wald meine Skyline."

Wo keine Antwort auf all die großen Fragen zu finden ist, hilft eben doch Eskapismus. Das druffe "Modulland Y." oder die Deichkind-Hommage "Aller Anfang Ist Yeah" lassen erahnen, dass auch Bewusstseinserweiterung dabei geholfen hat. Klingt schön, ist es auch. Vier ältere Freunde, die bedröhnt in einem Studio rumschrauben und sich abspacen. Wer möchte sie da rausholen und in den nächsten Zug zu den besoffenen Kegelclub-Touren der Normalsterblichen holen? Papa schließt sich in sein Zimmer ein, zieht an der Bong und hat Spaß dabei.

"Captain Fantastic" hätte mehr von diesen kleinen Mutproben gebraucht, aber es gilt, auch für die kommende Tour das Stadion auszubuchen und mit positiver Energie zu füllen. Stellt sich nun noch die Frage: Was ist nun mit der bösen Welt? Die schlägt ausgerechnet mit dem letzten Track zurück und sendet mit "Weitermachen" einen fiesen Gruß aus der trendigen Schlager-Hölle. Der alt gewordene Superheld schluckt sein eigenes Kypronit. Hoffentlich nicht das unrühmliche Ende einer doch bemerkenswerten Karriere, sondern ein nur gemeiner Twist.

Trackliste

  1. 1. Captain Fantastic
  2. 2. Tunnel
  3. 3. Zusammen (feat. Clueso)
  4. 4. Fantanamera
  5. 5. Moduland.Y
  6. 6. Hitisn
  7. 7. Watchmen
  8. 8. Alle (Skit)
  9. 9. Endzeitstimmung
  10. 10. Hot (feat. Flo Mega)
  11. 11. Henson J.J. Barkley (Skit)
  12. 12. Aller Anfang Ist Yeah
  13. 13. Das Ist Mein Ding
  14. 14. Affen Mit Waffen
  15. 15. Hitisn Reprise (feat. Tom Gaebel)
  16. 16. Weitermachen (feat. Damion)

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