laut.de-Kritik
Ein Soloalbum. Als Bassist! Geht das?
Review von Kai KoppNach zahlreichen Veröffentlichungen an der Seite von Till Brönner, Thomas Quasthoff, Charlie Mariano oder Rebekka Bakken ist Dieter Ilg nun in eigener Sache unterwegs - und zwar ganz alleine mit seiner Standgeige. Die stellt er auf "Bass" ins Zentrum des Geschehens. Und wie!
"Als Bassist empfand ich es eher als Alptraum, solo zu spielen und mit mir selbst in ein Gespräch zu treten", gibt er ehrfurchtsvoll zu. Ein klassisches Understatement möchte man meinen, denn sein Monolog sprüht vor Ideenreichtum und Kurzweile. Ilg feiert sein Instrument, wie es nur Wenige vermögen. Kompositorisch, stilistisch und solistisch höchst abwechslungsreich, zeigt er sich bei bester Spiellaune. Auf seinem Niveau scheint es keine kreativen oder technischen Grenzen mehr zu geben, also wagt er - und gewinnt.
Ob er seine Fähigkeiten mit Eigenkompositionen offeriert ("E-Blues", "Savannah Samurai"), einen Song seines alten Weggefährten Charlie Mariano adaptiert ("Tsuyu") oder sich der John Coltrane-Komposition "Cousin Mary" zuwendet. Ob er deutsches Volksliedgut interpretiert ("Guter Mond, du gehst so stille", "Es, es, es und es") oder sich mit "Hanami" gen Japan streckt.
Ob er sich klassisch gibt ("Ilgoretto") oder traditionell ("Arirang"). Ob er harmonisch und melodisch dem Great American Songbook folgt ("I Fall In Love Too Easily") oder George Orwells "Farm Der Tiere" eine geräuschvolle Hommage widmet. Dieter Ilg beherrscht jede Disziplin. Mit dem Meisterwerk "Bass" zementiert er seinen Ruf als führender deutscher Jazzbassist.
Das liegt, von Ilgs kreativer Leistung einmal abgesehen, auch an der besonderen Atmosphäre des Aufnahmeorts. Denn die ehrwürdige Jazz-Location "Schloss Elmau", nahe München, dient als Live-Studio. Dort fesselt Ilg alleine mit seinem Tieftonbegleiter die Aufmerksamkeit so, dass man die berühmte Stecknadel fallen hört: "Der wesentliche Teil des Lebens besteht doch aus Selbstgesprächen!"
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