laut.de-Kritik

Gelungenes Rendezvous mit der Vergangenheit.

Review von

Ein Comeback-Album mit 87 Jahren! Nahezu aus dem Nichts meldet sich die Sängerin und Schauspielerin nach fast zwei Jahrzehnten zurück - noch immer mit einer Stimme ausgestattet, die ihr Alter nicht ahnen lässt.

Sicher Zufall, dass auch Entertainment-Kollegin Barbra Streisand dieser Tage ein neues Werk herausbringt. Im Gegensatz zu ihr machte sich Doris Day trotz rund dreißig Studio-Alben in Deutschland nur sporadisch als Interpretin einen Namen, etwa mit dem Welthit "Whatever Will Be, Will Be (Que Sera, Sera)" aus dem Jahr 1956. Hierzulande prägen vor allem Sixties-Filme wie "Bettgeflüster" oder "Ein Pyjama Für Zwei" das Bild einer überwiegend als Schauspielerin aktiven Künstlerin.

"Hurry, It's Lovely Up Here" entführt in den Hollywood-Pop der frühen sechziger Jahre. Angenehm zurückhaltend orchestriert, stellt die Nummer Doris' Stimme jung klingende Stimme in den Vordergrund. Mit viel gesanglichem Flirt-Appeal und dezentem Honky-Tonky-Klavier ausgestattet, erlebt der "Daydream" der Lovin' Spoonfuls eine wilkommene Neubearbeitung. "The Way I Dreamed It" passt vorzüglich in jeden Lounge-Club der gehobenen Sorte.

Nicht alle Songs sind speziell für dieses Album entstanden. Sporadisch begab sich Doris Day in vergangenen Jahren immer wieder ins Tonstudio und spielte einige Tracks ein, unter Mithilfe ihres als Produzenten erfolgreichen Sohnes Terry Melcher. Er verstarb 2004 an einem Krebsleiden. Bruce Johnston (Beach Boys) zeichnet deshalb als Co-Mitstreiter für neue Aufnahmen verantwortlich.

Bewegend: Doris' Umsetzung des Beach Boys-Classics "Disney Girls". Die Zeile "Oh reality, it's not for me / and it makes me laugh" mag als Reflektion persönlicher Tragödien (darunter vier unglücklich verlaufene Ehen) gedeutet werden. Doch da ist keinerlei Bitternis zu spüren - der Stimme der Day sind die Schicksalsschläge nicht anzumerken. Besonders in den altersmäßig jüngsten Aufnahmen finden sich Spuren einer zuvor so nie gehörten Dunkelheit, was diesen Songs eine besondere Note verleiht. Noch immer zu hören: ihr wunderbar swingendes Vibrato.

Das von Joe Cocker bekannte "You Are So Beautiful" erhält durch die Interpretation der Day elegante Nuancen, die dem Song besser stehen als gewisse manirierte Krächz-Passagen der Original-Version. Sämtliche Tracks sind dabei schlank und nie überzogen arrangiert. Vordergründig glänzender Big Band-Hollywood-Flitter bleibt draußen vor, stattdessen durchstreifen Doris und ihre Musiker auch mal leise umgesetzte Jazz-Gefilde. "Life Is Just A Bowl Of Cherries", und nicht nur wie eine Pralinenschachtel. Miss Day setzt diese Erkenntnis sentimental angehaucht um, und das ganz ohne Schmalz.

"My Heart" gefällt als liebenswertes Rendezvous mit der Vergangenheit, das Stilmittel und Songwriting vergangener Pop-Epochen würdig in die Jetztzeit transferiert. Selten klang eine reifere Künstlerin in ihrer Vokalarbeit so sauber, hell und beschwingt. "My Heart" erinnert angenehm an Zeiten mondäner Nachtclubs, als noch Ikonen wie Frank Sinatra und Sammy Davis Jr. für Stil und Glanz sorgten. Doris Day 2011 bietet blitzsauberes Ohren-Kino für Freunde des höherklassigen Easy Listening.

Trackliste

  1. 1. Hurry, It's Lovely Up Here
  2. 2. Daydream
  3. 3. The Way I Dreamed It
  4. 4. Heaven Tonight
  5. 5. My One And Only Love
  6. 6. My Heart
  7. 7. You Are So Beautiful
  8. 8. Life Is Just A Bowl Of Cherries
  9. 9. Disney Girls
  10. 10. My Buddy
  11. 11. Happy Endings
  12. 12. Ohio

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