laut.de-Kritik
Zuckerguss-Amy für den Hausgebrauch.
Review von Katja ScherleBlond, mädchenhaft hübsch, wohlgenährt – zumindest rein äußerlich ist Duffy mit Amy Winehouse nicht zu vergleichen. Seit Wochen folgt der ansehnlichen Waliserin das Attribut der "neuen Amy" überall hin. Der Waschzettel zum Debüt "Rockferry" behauptet tapfer, sie ähnele wohl am ehesten Dusty Springfield. Dennoch muss sich Duffy, allein schon bedingt durch Winos Omnipräsenz in diesen so vernetzten Zeiten einem Vergleich mit Amy stellen.
Der ist jedoch schnell gemacht: Beide schwelgen in den mehr als vierzig Jahre alten Sphären des Motown. Für sich allein betrachtet ist "Rockferry" wenn auch keine Perle, so doch ein hübsch funkelndes Modeschmuckteil. Der Titeltrack wird mit schwerem Klavier eingeleitet, dann setzen Jazz-Gitarren und Streicher ein, der tragende Rhythmus erinnert an R.E.M.s "Sweetness Follows". Der Hall wurde offenbar nach dem Motto "all you can take" geregelt: Die warme Schwere, die auch sämtliche weitere Stücke besetzt hält, dehnt sich akustisch über den ganzen Raum des Liedes aus.
Duffys Stimme, die ja besonders im hierzulande wohlbekannten "Mercy" schwer an Winehouse gemahnt, klingt hier nicht mal so soul. Vielmehr changiert sie ständig (bewusst?) zwischen kleinmädchenhafter Höhe, süß und zart, und zurecht quäkender, weil verlebter Jazzsängerin. In "Warwick Avenue" packt sie Norah Jones' Tonlage aus und übt sich recht reif in amerikanischer Lässigkeit. Erneut begleitet von Streichern und Gitarren wechselt sie charmant zwischen reduziertem Easy Listening-Jazz in Strophe und großer Pop-Ballade im Refrain.
Und so schlägt sie sich weitere acht Songs durch einen Urwald von Streichern, Gitarren, zarten Drums oder Percussion, wo wenig Moll (beispielsweise in "Stepping Stone") und viel schimmerndes Dur wachsen. "Hanging On Too Long" springt wieder sorglos zwischen den Stilen hin und her: Die Strophe zieht sich semi-rhythmisch reduziert dahin, im Refrain schlägt einem dann streicherschwangere Dramatik entgegen, die man tatsächlich auch bei Miss Springfield hätte finden können.
Auf das Hin und Her stößt man letztendlich auch unweigerlich, versucht man, Duffy genretechnisch ruhig zu stellen. Den zeitweisen Groove entleiht sie dem Motown, die Dramatik großem Pop, die Zartheit dem Norah Jones-Neujazz. Es entsteht ein nicht unbedingt virtuoses, aber doch ganz apartes Stück Musik, das an der Stimmen- und manchmal Stimmungsvetterin Amy Winehouse nicht gemessen werden darf.
Nicht, weil es gegen sie nicht ankäme – sondern weil einem so die anderen Nuancen von "Rockferry" entgingen. Mangels Mager- und Drogensucht bzw. dank Normalgewicht und potentiellem Langweilerleben bleibt Duffy ein goldiges britisches Mädchen. Wer, um Musik ernst nehmen zu können, auch die entsprechend dreckige Rock'n'Roll-Attitüde hinter und zwischen den Noten braucht, wird hier nicht glücklich. Winehouse mit leckerem Zuckerguss für den Hausgebrauch bekommt man aber allemal.
72 Kommentare
Riecht es auch nach einem Winehouse-inspiriertem Produzenten, so hat diese Duffy doch unbestreitbar Qualitäten und Talent, wie man z.B. letzten Samstag auf Arte (http://www.arte.tv/de/woche/244,broadcasti…) sehen und hören konnte.
Wenn auch noch nicht selbstständige Künstlerin, so ist jede musikalische Aufwertung in den Radioprogrammen und Fahrstühlen Europas nur zu begrüßen.
mittlerweile haben wir aus dieser richtung ja noch mehr , aber sie ist die einzige die mir wirklich gut gefällt, die songs sind einfach gestrickt, soundmässig so mischung mainstream motown -
es ist nicht mit amy zu vergleichen , auf keinen fall. ... amy ist pur , das ist ein wenig mit zuckerguss , aber es kommt gut.
finde sehr wohl, dass duffy mit amy winehouse vergleichbar ist. allein schon die single "mercy" beinhaltet erschreckend viele parallelen insbesondere zu "rehab".
nach dem kommerziellen erfolg von amy wollte universal wohl noch ein zweites pferd ins rennen schicken. mit erfolg: platz 1 in uk.
das album könnte genauso gut von mark ronson produziert sein, man würde keinen unterschied merken. stimmlich ist die winehouse duffy allerdings voraus. trotzdem: vor 1,5 jahren hätte man "rockferry" problemlos abfeiern können, denn die platte gibt ganz schön was her. einzig und allein amy's schatten nervt.
@screwball jo dieses alles in den Schatten stellen war eventuel etwas vorschnell, doch ich hab ihr album ja jetzt glaub ich 5-6 mal durchgehört seit freitag.. und wenn ich mir nebenbei Videos von ihr anseh.. denk ich nur was für eine Stimme für so ein junges hübsches etwas.
Meiner Meinung nach ganz nett,nicht mehr und nicht weniger.Stimme der Rezension voll und ganz zu.
Ich mochte zubeginn Duffy überhaupt nicht, ich dachte sie wäre nichts anderes als eine Kopie von Amy Winehouse...
Ich gab dem Album aber trotzdem eine Chance und wurde positiv überrascht. Ich empfand alle Songs als ganz ok bis sehr gut. Ausserdem hat Duffy mehrere Jahre an dieses Album gearbeitet und kam damit einfach an einem schlechten Zeitpunkt auf dem Markt.
Das Album hat aufjedenfall eine Chance verdient.