laut.de-Kritik

Eloy bleiben die teutonische Leberwurststulle des Artrock.

Review von

Artrock polarisiert Musikfreunde weltweit. Die einen schmelzen verzückt dahin. Viele andere entwickeln eine fast schon aggressive Ablehnung. Zum 40-jährigen Bestehen beamen sich die Hannoveraner Eloy nach langer Pause wieder ins kollektive Rockgedächtnis. Mit "Visionary" versuchen die Mannen um Mastermind Frank Bornemann, den Anschluss an glorreiche Zeiten zu knüpfen.

Die Niedersachsen machen es einem nicht leicht, das neue Werk zum Fressen gern zu haben. Die Instrumentalisten sind - rein technisch betrachtet - dabei wie immer über jeden Zweifel erhaben; echte Könner eben! Aber präzises Spiel und Technokratentum allein machen eben noch kein tolles Album.

"The Refuge" entführt den Hörer sofort in ein typisches Genre-Szenario. Eine schmissige E-Gitarre lässt sich von altbekannten Genesis Keyboards der Gabriel Frühphase umtanzen. Dazu wirbelt eine Renaissance-Flöte der Marke Jethro Tull.

Leider löst sich der mediokre Song zu keiner Sekunde von den übermächtigen Vorbildern. "The Secret" hingegen wartet mit einer schönen Melodie auf, die wahrlich einladend wirkt. Doch leider nur auf den ersten Blick. Hauptschwachpunkt des Liedes und der gesamten CD ist leider Bornemanns dünne Gesangsstimme. Ein großer Charaktersänger war er ohnehin noch nie. Aber dieses technisch wieder einwandfreie aber leidenschaftslose Genöle zwischen Sprechgesang und oberlehrerhaftem Märchenonkeltonfall erstickt jeden noch so schönen Ansatz bereits im Keim.

Dort, wo die Tracks sich kunstvoll aufbauen - gerne auch in Terassen-Dynamik - macht der Sänger einfach nicht mit. Das wirkt fast schon wie eine Bremse. Man höre nur das eigentlich spannend rockende "Age Of Insanity". Da geht es um Desperation of my Heart (...) Violence (...) Deliverance. Die textlich vermittelten Gefühle, das Ringen mit sich und der Welt bringen die eher teilnahmslosen Vocals leider null rüber. Da spürt man keinen Kampf, gibt es kein spannendes Schreien, Schluchzen oder Flüstern. Dabei giert der Track geradezu nach einem leidenschaftlichen Quälgeist à la Roger Waters oder einer kraftvollen Frauenstimme.

So setzt sich das Mittelmaß leider fort. "The Challenge" geht zu deutlich in Richtung Pink Floyds "Momentary Lapse Of Rason" und baut gleich noch Waters Solo-Vorlieben für weibliche Backing-Chöre ein. Auch hier scheitern Eloy an der titelgebenden Herausforderung und verharren im Schatten. Auch ein Track wie "Summernight Symphony" hätte ein hypnotischer Burner werden können. Die Melodie ist intensiv und macht Spaß. Das Zersingen der kleinen Perle, indem man deprimierend provinziell herum-gilmourt, ist da eher kontraproduktiv.
In "Mystery" ist es für niemanden mehr ein Geheimnis oder gar eine Überraschung, dass auch noch die Vorbilder Yes die Epigonenkeule überzogen bekommen. Leider weder so elegant wie "Owner Of A Lonely Heart" noch so strukturell brilliant wie "Close To The Edge".

Die Texte bringen keine Linderung. Überall lauern Challenges to take (...) Secrets of Life (...) Journeys beyond space and Time.... Das lyrische Niveau bewegt sich durchgängig klischeehaft zwischen pseudo-akademischen Küchenliedphilosophien und halbgar esoterischen Kalendersprüchen; unterlegt mit anglifizierten Germanismen. Keinerlei Gefühl für die ausgewählte Sprache!

Das Fazit fällt mithin unbefriedigend aus. Junge Helden wie Porcupine Tree oder Dredg haben das Genre erfrischt. So etwas schaffen die durchweg anachronistischen Eloy nicht. Das Niveau der obig genannten britischen Ikonen wird ebenso abermals verfehlt. Am Ende bleibt die nüchterne Erkenntnis, dass es bei den Norddeutschen wieder nicht zum Kaviar-Dinner in der First Class der Frickelbands reicht. Sie bleiben die teutonische Leberwurststulle des Artrock.

Trackliste

  1. 1. The Refuge
  2. 2. The Secret
  3. 3. Age Of insanity
  4. 4. The Challenge (Time To Turn) (Part 2)
  5. 5. Summernight Symphony
  6. 6. Mystery (The Secret) (Part 2)
  7. 7. Thoughts

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LAUT.DE-PORTRÄT Eloy

Orgelorgien, pumpender Bass, ewig lange Lieder und Fantasy- bzw. Science-Fiction-Texte. Handelt es sich um King Crimson? Oder Emerson, Lake and Palmer?

62 Kommentare mit 10 Antworten

  • Vor 14 Jahren

    herrjey, Eloy, dass es die überhaupt noch gibt, hätt ich nicht gedacht

    nette review, Ulf, :wein: ich denke auch dass so ein "70iger-Retroprog" einfach heute nix mehr reißt, das war für seine zeit damals gut und wichtig, aber es stinkt in der heutigen zeit gegenüber den auch von dir erwähnten PT oder Dredg doch mächtig ab

  • Vor 14 Jahren

    Dredg, besser als Eloy? Ich hör wohl nicht recht.

  • Vor 14 Jahren

    Der Vergleich zwischen den klassischen Artrock/Progbands und neueren Combos wie PT und Dredg hinkt, finde ich. Das ist nicht mal die gleiche Sportart.

    Aber ich will nicht wieder die Was-ist-Prog-Diskussion aufmachen.

    Bei Eloy muss ich jedes Mal an das grauenhafte Englisch des Sängers denken. Ich hab's noch genau im Kopf: "In sis lohnlie ruhm, vär mei fasa plehs uis ssseiänz..." :rayed: (Ich weiß, ich wiederhole mich.)

  • Vor 14 Jahren

    @drachenläufer (« ... In diesem Zusammenhang sei mal erwähnt, dass die Texte von ELOY seit langem in Zusammenarbeit mit erstklassigen Lyrikern aus England entstehen. Wie peinlich für den Rezensenten! ... »):

    Nö, eher peinlich für die "erstklassigen Lyriker" ...

    Zitat (« ... Was den Gesang angeht, so ist es nun mal so, dass Sänger immer sehr unterschiedlich ankommen. Das gilt für die Stimme ebenso wie für das Phrasieren und die Gesangslinien ... »):

    Wo, bitteschön, soll da eine Stimme, geschweige denn Phrasierung sein? Im Booklet?

    Sorry, Leute, aber das ist wirklich nur was für die Fans der allerersten Stunde, zu denen ich mich jetzt nicht mehr zähle. Das Ausgangsmaterial ist gut und ich frage mich, was daraus hätte werden können, wenn sich die Jungs die Mühe gemacht hätten jemanden zu fragen, der sich damit auskennt.
    Welch eine Verschwendung!

  • Vor 14 Jahren

    @drachenläufer (« ... In diesem Zusammenhang sei mal erwähnt, dass die Texte von ELOY seit langem in Zusammenarbeit mit erstklassigen Lyrikern aus England entstehen. Wie peinlich für den Rezensenten! ... »):

    Nö, eher peinlich für die "erstklassigen Lyriker" ...

    Zitat (« ... Was den Gesang angeht, so ist es nun mal so, dass Sänger immer sehr unterschiedlich ankommen. Das gilt für die Stimme ebenso wie für das Phrasieren und die Gesangslinien ... »):

    Wo, bitteschön, soll da eine Stimme, geschweige denn Phrasierung sein? Im Booklet?

    Sorry, Leute, aber das ist wirklich nur was für die Fans der allerersten Stunde, zu denen ich mich jetzt nicht mehr zähle. Das Ausgangsmaterial ist gut und ich frage mich, was daraus hätte werden können, wenn sich die Jungs die Mühe gemacht hätten jemanden zu fragen, der sich damit auskennt.
    Welch eine Verschwendung!

  • Vor 6 Jahren

    Das wird hier ja immer lächerlicher. Also hatte Kubanke auch schon vor 8 Jahren die Möglichkeit seinen beinahe krankhaften Hass gegen Eloy im Allgemeinen und Frank Bornemann im Besonderen auszuleben.

    Wäre ich Bornemann würde ich laut.de und Ulf Kubanke wegen übler Nachrede, Rufschädigung und Beleidigung verklagen. Das ein seriöses Musikmagazin so einen hasserfüllten Berufsbeleidiger beschäftigt ist unter aller Sau.

    • Vor 6 Jahren

      @Karl Storch:
      Wo genau liest Du den "krankhaften Haß" denn raus, insbesondere gegenüber Frank Bornemann, daß Du eine Klage für berechtigt hältst?
      Gruß
      Skywise

    • Vor 6 Jahren

      Hallo Skywise. Schon die Überschrift ist doch schon als glasklare Beleidigung zu erkennen, die sich im gesamten Artikel forsetzt. Das sollte eigentlich jeder erkennen.

    • Vor 6 Jahren

      Hat Beatrix mal wieder vergessen das W-Lan auszuschalten?

    • Vor 6 Jahren

      @Karl Storch:
      Die Überschrift deute ich als Herablassung, die die im weiteren Verlauf des Textes auch erläutert wird, wobei hier allerdings nicht ein persönlicher oder sonstwie gearteter Haß, sondern ein Mangel an Qualität, insbesondee im internationalen Vergleich mit anderen Recken des Genres, als Begründung für die Wortwahl herangezogen wird.
      Nochmal: wo findest Du "krankhaften Haß"?
      Gruß
      Skywise

    • Vor 6 Jahren

      @effamuartleW:
      Hübsche Vorstellung. "Hör mal, du mußt jetzt ganz, ganz stark sein, versprich mir das. Ich muß dir was sagen. *dramaturgische pause* Das WLAN ist kaputt."
      Gruß
      Skywise

    • Vor 6 Jahren

      @Skywise
      Nun, vielleicht ist der Begriff auch etwas übertrieben, aber nachdem ich die beiden Renzensionen von Kubanke zu den Eloy Alben las, war ich auch etwas in Rage.

      Im geht es nur darum mit herblassender Süffisanz eine Rockband in den Schmutz zu ziehen und da erwarte ich von einem seriösen Musikmagazin einfach etwas anderes. Kubankes Artikel sind nichts anderes als Rufschädigung. Eloy haben als eine der dienstältesten deutschen Artrockbands über Jahrzehnte hervorragende Alben veröffentlicht, nur scheint der Autor von diesem Genre einfach nichts zu verstehen und suhlt sich deshalb im oben von mir beschriebenen Verhalten.

      @effamuartleW
      Guter Witz, musste ich mir so ähnlich schon des Öfteren im Bekanntenkreis anhören ;)

    • Vor 6 Jahren

      wer die zugespitzte bildhaftigkeit für ne rechtsrelevante beleidigung hält, hat so wenig ahnung von juristerei, dass man sich mit derlei getüdfel nur blamieren kann.

    • Vor 6 Jahren

      wenn du allerdings den eindruck hast, dass sich eloy meiner bescheidenen ansicht nach zu könnern wie yes/genesis/king crimson etc verhalten wie gunter gabriel und truck stop zu johhny cash, dann trügt es dich nicht.

      wünsche weiterhin frohes schimpfen. :smoke: tut ja gut, mal ordentlich dampf ab zu lassen.

      ps: die künstler selbst sind übrigens meist deutlich besser in der lage, auch den humoristischen aspekt zu sehen, lachen oft darüber und wisen um die für sie positive macht solcher pr, die fans wie dich mobilisiert.

      gibt mithin keine verlierer in dem spiel. also bloss keinen herzkasper bekommen. das wäre doch schade.

    • Vor 6 Jahren

      Riecht verbrannt. Beinahe als sei hier in dem Thread ein ganzes Universum geschmolzen... ;)