laut.de-Kritik
Altherren-Runde mit lässigen Ergebnissen.
Review von Artur SchulzAbgespeckt und entschlackt gelingt Elton John im Verbund mit Rauschebart Leon Russel die Rückkehr zu nahrhafterer musikalischer Kost.
Mit "If It Wasn't For Bad" steht ein typischer Elton-Song am Start. Die mit Ecken und Kanten versehene Instrumentierung bewahrt die Nummer vor manchem Fehler der Vergangenheit. Das Piano werkelt nachdenklich, Soul und Blues tränken den Gesamtlauf.
Die "Eight Hundred Dollar Shoes" klingen fats nach dem typischen Kitsch des Briten, rutschen aber nicht gänzlich hinab in Belanglosigkeiten. "Hey Ahab" jagt seinen Song-Moby Dick mit ein wenig zu tranig aufgetragenem Schlagzeug. Prima funktionieren hier die Piano-Parts im Gefecht mit weiblichen Gospel-Stimmen.
"Gone To Shiloh" präsentiert etwas verloren Geglaubtes, nämlich eine Elton John-Ballade mit echtem Tiefgang. Der Track verzichtet auf jede Effekthascherei und steht so überzeugend seinen Mann. Das eigentlich Spannende am Album bedeutet: Russel und Producer T-Bone Burnett (Robert Plant, Alison Krauss), holen Elton aus seinem luxuriösen Salon heraus und schicken ihn zurück in schmutzige und trüb beleuchtete Straßenecken.
Nebenbei artet "The Union" zu einer kleinen aber erlesenen Gaststar-Party aus. Die Besucher bringen stimmig gewählte Geschenke mit ein. So steuert zum Beispiel Neil Young einige Parts für "Gone To Shiloh" bei. Fürs Co-Songwriting mehrerer Tracks zeichnet Eltons alter Buddy Bernie Taupin verantwortlich. Pop-Grand Seigneur Brian Wilson veredelt das gefühlige Pathos auf "When Love Is Dying" unnachahmlich mit verschrobenen Background-Vocals.
"Jimmie Rodgers Dream" fungiert als geglückte Reminiszenz an den titelgebenden amerikanischen "Honeycomb"-Fifties-Star, "There's No Tomorrow" atmet glaubwürdigen Blues. Der "Monkey Suit" setzt auf fröhlichen ShooShoo-Tanz-Drive, begeistert aber bei weitem nicht so wie die zurückhaltend inszenierten Tracks.
"The Best Part Of The Days" verbindet Komposition, Intonation und Ausführung zu einem zeitlosen Pianoblues-Juwel mit dezent schwellender Orgel. "A Dream Come True" reitet geschickt jenen nimmermüden Gaul, der seit Jahrzehnten zwischen den Rhythm'n'Blues- und Rockabilly-Weiden galoppiert.
Reizvoll gestaltet sich die Gegenüberstellung der Interpretations-Techniken von Elton und Leon. Hier der nasale, wohl akzentuierte britische Gentleman, da der schnoddrige Alt-Cowboy. Zwei unterschiedliche Lebensentwürfe, die ihre eigenen Aspekte aber nicht gegeneinander ausspielen, sondern sich gegenseitig Halt geben.
Textlich beziehen viele Songs ihre Stärke und Überzeugungskraft aus einer Inszenierung als kleine Alltags-Beobachtungen. Zwar scheint dann und wann die Sonne über der Mississippi-Landschaft. Doch zeigen sich nieselige Tage und ungewisse Abenddämmerungen häufiger. Lässig, aber nie nachlässig: diese Altherren-Runde hat eine Menge wohltemperierten, guten alten Bourbon im Regal.
2 Kommentare
Eine gute Platte. Immer wenn sie mir zu kitschig wird, kommt eine Ecke Country angelaufen, die kurz verschnauft und doch rechtzeitig für rockigere Elemente Platz macht bevor wieder etwas Pathos die Straße herunterrollt.
Eine gute Platte. Immer wenn sie mir zu kitschig wird, kommt eine Ecke Country angelaufen, die kurz verschnauft und doch rechtzeitig für rockigere Elemente Platz macht bevor wieder etwas Pathos die Straße herunterrollt.