laut.de-Kritik
Finnischer Gothic Rock ohne HIM-Säuselschmacht.
Review von Michael EdeleMit ihrem dritten in ganz Europa erhältlichen Album "diEversity" treten Entwine beinahe vollkommen aus dem Schatten von HIM heraus. Mit dem sanften Säuselschmacht, den die Vorzeigefinnen um Ville Valo praktizieren, hat die Scheibe hier wenig gemein.
Ganz im Gegenteil, nach einem kurzen Intro legen Sänger Mika und seine Hintermannschaft kräftig los und lassen die Gitarren mit dem Opener "Bitter Sweet" äußerst fett braten. Das ändert sich im Laufe des Albums nicht mehr wirklich, was die Bezeichnung Gothic Rock in diesem Fall wirklich mal treffend macht.
Keyboarderin Ritta kann sich zwar durchgehend neben ihren beiden klampfenden Kollegen behaupten, aber was einem da an geballten Gitarrenpower schon beim nächsten Track "Someone To Blame" um die Ohren pfeift, ist schon beeindruckend. Selbst eher die sanften Sachen der Marke "Bleeding For The Cure" oder "That's How It Goes" verzichten nie ganz auf die saftigen Gitarren, was bei mir immer wieder für Begeisterung sorgt.
Trotzdem schaffen es die Finnen mit Leichtigkeit, zuckersüße Melodien zu zaubern, die auch in Mainstream-Radio oder Fernsehen ihr Publikum finden dürften. Am besten gefällt mir aber Sänger Mika, der sich inzwischen jenseits der ganzen Weinerlichkeit befindet und nicht nur über eine sehr variable Stimme verfügt, sondern diese auch sehr eigenständig und markant einzusetzen weiß.
Zwar lassen sich gegen Ende des Albums wieder ein paar typisch finnische Düstermelodien ausmachen ("Everything For You" schmachtet doch sehr). Insgesamt rockt die CD aber einfach zu sehr, so dass das Gesamtbild keinen Schaden mehr nehmen kann. Zwar sind Intro und Outro etwas überflüssig, aber was soll's?
Scheint mir fast so, als hätten wir mit Entwine mal wieder eine Band am Start, die ihre ehemaligen Vorbilder (wenn auch nicht finanziell, so doch musikalisch) inzwischen überflügelt hat. Für den Schritt in die breitere Öffentlichkeit wäre diese Band auf jeden Fall bereit.
Noch keine Kommentare