laut.de-Kritik
Provokation alleine macht noch kein Entertainment.
Review von Max BrandlWie schon sein ehemaliger Kollabo-Partner Kollegah vor wenigen Monaten, schiebt nun auch Farid "Gang" Bang wieder ein Solo-Album über den kokainverstaubten Tisch, auf dem zwischen Bergen unregistrierter Handfeuerwaffen in Reih' ein Glied verlegt wird. Erwartungsgemäß betritt der Düsseldorf-Marrokaner damit schwieriges, weil eigenhändig vermintes Terrain. Dabei wartet "Asphalt Massaka 2" zunächst mit ganz ordentlichen Rahmenbedingungen auf:
Sei es nun das an beste Aggro-Berlin-Ästhetik erinnernde Cover-Artwork oder die okaye bis sehr gute Produzenten-Leistung: Der Beat wird hier zwar beileibe nicht neu erfunden, aber angefangen beim von Joshimixu episch eingeläuteten "Intro" über Juh-Dees Plastik-Tanzboden "Es Ist Soweit" bis hin zu Illthinkers ergreifender Klavierbegleitung zu "Noch Einmal" gibts am Fundament – sei es nun treibend, düster oder aggressiv – nicht viel zu beanstanden.
Die vielen Einladungen, die Herr Bang verschickt hat, machen das Massaka überdies abwechslungsreich: Die gechillte Ghetto-Orgel "Immer Noch Ein Bastard" verziert German-Dream-Evangelist und Farids Boss Eko Fresh mit seinem ausgefallenem Stil, während die Berliner Schnauze Hengzt den Gastgeber beim Skandieren nicht unbedingt bahnbrechender, aber ganz solider "Gangsta Musik" unterstützt.
Kollegah, der seine Zeilen gewohnt mühe-, aber für "Ey Yo" auch etwas farblos und noch dazu auf einen der langweiligsten Beats des Albums spuckt, verliert wie schon bei "Jung, Brutal, Gutaussehend" enorm an Präsenz. Mit akuter Fremdscham erfüllen mich dann aber "Banger Musik" und "Klick Klick Boom": Was G-Style und Capkekz hier im Chorus abliefern, sind die ungeilsten Skip-Befehle seit langem.
Gleich zweimal ans Mikro – einmal als Cher-inspirierter Aushilfscrooner, einmal als Rapper – darf Label-Spezi Summer Cem: Farid und er machen den Bushido und vergreifen sich für "Stress Ohne Grund" an fremdem Liedgut. Und zwar an Sonny Blacks (eigenem) Titelbeat zu "Carlo, Cokxxx, Nutten" von 2002, auf dem sich einst ein junger, hungriger Fler einnordete. Klingt blasphemisch, gerät dann aber ganz ordentlich; auch weil das Original dank der Mühe, die sich Farid für diese unfreiwillige Hommage gibt, sogar noch gewinnt. Zitat: "Lieber Gott, vergebe uns."
Damit aber zum Hauptdarsteller selbst. Die Bilder im Booklet illustrieren das eigentliche Problem recht schön. Dort posiert Farid in verschiedenen, einschlägig bekannten Filmposen. Das lässt sich wie folgt lesen: Wer selbst keine Ideen hat, tut das, was die anderen auch machen – Usus im Angeber-Rapzirkus. So auch unser Held: Er kam, sah und kopierte. Leider beweist er dabei wenig Geschick im Umgang mit den Originalen.
Was will er: Vertrackte Punchlines wie Kollegah bringen, dabei mit einem Auge wie K.I.Z. zwinkern, trotzdem kompromisslos wie Azad wirken, Party wie die Atzen machen und – als Farids Spezialdisziplin – in jeder Zeile mindestens einen anderen Rapper mit Namen beleidigen.
Was kommt raus: Bis auf den letzten Punkt bleibt es beim plumpen Versuch. Sicher, hier und da sind ein paar ganz nette Lines dabei, aber unter dem Strich ist "Asphalt Massaka 2" ein im hinteren Drittel angesiedelter Beef-Eintopf. Und selbst wenn die Scheibe mit tausend trickreichen Punchlines aufwartet: Ich werde es niemals erfahren, denn die Platte motiviert mich nicht, diese durch zigfaches Anhören zu entdecken.
Das permanente Rumgehacke auf anderen Rappern über Albumdistanz nervt tierisch und darf auch ohne psychologische Ausbildung als Kompensation eigener Unzulänglichkeiten gedeutet werden: mangelnder Einfallsreichtum, anstrengend monotoner Flow und ein nasal-verschlepptes Rumgestänkere, das auch beim aufgeschlossensten Zuhörer unwillkürlich den Verdacht unzureichender Gehirnlüftung evoziert.
Kurzum: Provokation alleine macht noch kein Entertainment. Wer hieran Spaß hat, kauft auch das Ticket nicht des Spiels, sondern der Schlägerei wegen.
Zwei positive Ausnahmen seien zum Schluss genannt. Erstens: Joshimixu tackert Farid für "Goodfella" ein brutales Beatschrapnell auf den Leib und macht die Nummer damit zwar nicht intellektueller, aber zur veritablen Dampfwalze. Zweitens und so abwegig dieser Vergleich jetzt erscheinen mag: Aber nach den vorangehenden 55 Minuten geistiger Unidirektionalität entfaltet "Noch Einmal" dann urplötzlich eine vereinnahmende Stimmung ähnlich der von "Ich Gehe" auf des Prinzen "Donnerwetter". Eine so deutlich andere, weil persönliche Seite darf Farid beim nächsten Album meinetwegen ruhig schon mal früher auspacken. No homo.
108 Kommentare mit 24 Antworten
Das trifft das Ganze eigentlich relativ gut. Vom Kollegah Feature bin ich wieder mal enttäuscht. Der Rest des Albums macht einfach keine Lust, sich die Tracks noch mal anzuhören.
Review ist okay...
Teilweise ist Farid sehr unterhaltsam und lustig, aber auf Albumlänge wirkt das Gedisse dann doch sehr ermüdend und wird dann irgendwann auch unspektakulär.
"Noch einmal" sticht hier wirklich als deeper und nicht weniger schlechter Song deutlich heraus...
Jop, Asphalt Massaka 1 war in jeder Hinsicht (Punchlines, Flows, Produktion) auf einem viel höheren Level.
Aber der Beat zu "Goodfella" is mal wirklich geil.
Na ist Kollegah immer noch so unbekannt?
Es freut mich, dass ich durch meine Archäologen Tätigkeit dieses Goldstück wieder an die Oberfläche befördern konnte!
Remastered, in HD mit Booklet, Audiokommentar von Rainer und Original-Kinotrailer samt Wendecover
Schrottalbum, wie alle Farid-Alben. (Ausser n paar Brecher aufm Debüt).
Das ist jetzt aber schon ein wenig Off Topic hier, findest du nicht?
nene, farid gebashe kann man jederzeit, soll man.