laut.de-Kritik
Oh Wunder! Die künstlerische Vision hat Grenzen.
Review von Stefan Mertlik"Genkidama" zählt in "Dragon Ball" zu den stärksten Attacken überhaupt. Es verwundert, dass Farid Bang den Namen erst jetzt für eines seiner Alben ausgewählt hat. Das Banger-Oberhaupt führt vor seinem inneren Auge wahrscheinlich keinen anderen Move aus, wenn er Sprechgesangsartisten und deren Mütter beleidigt. Doch die Idee für den Titel rührt von ganz anderer Seite her: Nach privaten Schicksalsschlägen und einer kräftezehrenden Zeit rund um die Echo-Verleihung möchte Farid Bang stärker denn je zurückschlagen.
"Fast zwei Jahre habe ich im Studio gearbeitet, es sind bestimmt 40 Songskizzen entstanden", schrieb der 33-Jährige in den sozialen Medien. Eine krasse Weiterentwicklung von "Genkidama" zum vier Jahre alten Vorgänger "Blut" lässt sich allerdings nicht heraushören. All jene, die den Düsseldorfer für seinen Humor und seine Härte lieben, werden "Genkidama" zum AOTY-Kandidaten erheben. Alle anderen schütteln ein weiteres Mal verständnislos mit dem Kopf.
"Du fragst dich, warum ich wieder mit Disses komm / Es ist langweilig, wenn du allein in einer Villa hockst", rappt der Banger im Titelsong. Sieben Beats aus den sieben vorangegangenen Soloalben hat er dafür aufgewärmt. Was Farid den Hörerinnen und Hörern mit diesem Medley sagen möchte, bleibt unklar. Zumindest hat er seine Demut noch nicht komplett abgelegt: "Der Beste aller Zeiten nach Kendrick Lamar / Album Nummer acht, eine Genkidama." Nicht umsonst erinnert das Polaroid-Cover mit handschriftlich hinzugefügtem Titel an "Good Kid, M.A.A.D City".
Wer Farids Vortrag schon vor "Genkidama" holprig fand, wird auch mit dieser Platte kein Fan. Überbetonungen und langgezogene Silben bleiben Standard. Dafür besitzt Farid eine markante Stimme. Dass die eher nervig und arrogant als wohltuend und freundlich klingt, hat er begriffen. Abgesehen vom Albumschließer "Gotham City" bleibt er den Oden an Statussymbole und flachgelegte Mütter treu.
"Dein Idol ist zwar ein sehr guter Rapper, doch leider nicht hetero", heißt es in "Hadouken". Farids Humor wirkt stellenweise so altbacken und ermüdend, dass die Gürtellinie längst Feierabend gemacht hat. Kein noch so asozialer Diss oder Spruch weckt Emotionen. Ist Inhalt 2020 endlich spannender als Derbheit? Zumindest – und das macht ihn sympathisch – kann Farid über sich selbst lachen: "Komm in ihr, sie denkt, sie hat endlich einen Sohn / Danke Testosteron, meine Spermien sind tot."
Musikalisch mischt Farid Zeitgeist und Zweitausender-Homage. Autotune, arabische Volksmusik ("Maghreb Gang") und von The Weeknd wieder populär gemachte Achtziger-Vibes ("Scarface") spiegeln den heutigen Geschmack wider. Ein an Erick Sermons "React" erinnernder Gag ("Teuer Teuer") und ein "Shake Ya Ass"-Tribut ("Casanova") zeigen, wie weit Farids Einflüsse zurückreichen. Für die Spannung sorgt nicht der Protagonist.
Auf neun von 14 Stücken schauen hochkarätige Gäste vorbei. Mit unter anderem Fler, Haftbefehl, SSIO und Capital Bra hat Farid die nationale A-Liga eingeladen. Aber auch über Deutschland hinaus überzeugte er mit Talent und/oder Scheckbuch. Was Future für Ufo361 ist, bedeutet French Montana für Farid. Von so viel Ehrerbietung ließ sich wohl auch Montanas Geschäftspartner Rick Ross beeindrucken. Farid hat echte Probleme, mitzuhalten.
Die Feature-Liste beweist einmal mehr, in welchen Sphären sich Farid Bang mittlerweile bewegt. "Genkidama" zeigt aber auch - oh Wunder! - die Grenzen seiner künstlerischen Vision auf. Ob ein Farid-Album funktioniert, entscheiden 2020 Beats und Gäste, nicht die Hauptperson.
14 Kommentare mit 20 Antworten
ab in den Mülleimer !
...und den Deckel drauf...
Ja mit euch Beiden
konnte mit ihm bislang nichts anfangen, aber das ist erstaunlich gut. wenigstens für drap
Locker 4/5.
Endlich mal ein Album ohne Liebeslieder, "Hadouken" D-Raptrack des Jahres, ansonsten einfach nur Dinge die Farid eben tut. Wer erwartet hier Rapkunst auf höchstem Niveau geboten zu bekommen sollte über eine Einweisung nachdenken!
Endlich passt bei ihm mal durchgehend das Soundgerüst drumherum, ohne Müllbeat bei jedem zweiten Track. Natürlich braucht niemand den "Scarface"-Track, aber so insgesamt ist das schon eine relativ runde Sache, die auch einen guten Einblick gewährt, was Farid selbst so feiert (Kendrick, Travis, Biggie usw).
Machst du jetzt einen auf sodhahn und feierst whacken Deutschrapmüll ironisch ab?
Meinte natürlich 'wacken'... Aber ernsthaft: findest du gut?
Obacht, MannlN ist nicht MannIN und somit ein Fake!
MannIN. ist einfach nur ein trauriger Trittbrettfahrer, der schnellstmöglich die Selbstlöschung einleiten sollte.
@caps: Album kann für Deutschrapverhältnisse schon was.
Auf der wie vielten Metaebene ist dieser unlustige Witz jetzt eigentlich?
Achtung Ermittlungsfehler: MannIn ist MannIn.
@Caps: Nein, finde das Album wirklich gut.
Das meine ich ernst!
Hab ein bisschen reingeskippt, ist schon ziemlich durchwachsen was Texte und Technik angeht, und ich mag seine Stimme nicht. Ist aber tatsächlich keine Vollkatastrophe, 2/5 von mir. Definitiv besser als Capi und Konsorten, aber halt trotzdem inhaltlich SSIO in schlecht. Musikalisch ganz gut, aber da kannste doch besser die US-Originale hören, oder?
Hafti wird das auf jeden Fall besser machen.
Ich muss zugeben, dass mir Farid so als Typ einfach recht sympathisch ist. Der ist locker, in Interviews auch mal selbstironisch und (im Gegensatz zu vielen Anderen in der Szene) auch kritikfähig. Dazu kommt, dass ich seine Stimme mag und das Soundgerüst wirklich passt. Dass das natürlich technisch nicht A-Liga ist sollte klar sein.
Dieser Kommentar wurde entfernt.
Farid hat sich an etwas neues ausprobiert. Natürlich ist es nicht das beste Album des Jahres, aber es hat mehr Punkte verdient als 2. Mindestens 3 oder 4. Ein Track wie Teuer, Teuer, Teuer hat keine Message ist aber nice zum anhören, sowie die meisten andern(nicht alle).
Nur Hater hier voll die Katastrophe ????
Good Kid, M.A.A.D City inspired! seh ich gleich