laut.de-Kritik

So viel Tiefgang wie ein Schnapsglas.

Review von

Feuerschwanz begannen einst als muntere Spaßkapelle im mittelalterlichem Folk-Rock-Gewand, dümpeln aber schon längst im Fahrwasser von Subway To Sally und Saltatio Mortis, und das zunehmend erfolgreich. Ihre letzten beiden Alben erreichten die Top Ten der deutschen Album-Charts.

Nun schickt sich die Band aus Erlangen an, mit "Das Elfte Gebot" an diesen Erfolg anzuknüpfen. Mit "Die Sieben Todsünden" haben sie außerdem ein Bonus-Coveralbum aufgenommen, das man auf der zweiten CD findet. Dort knöpfen Feuerschwanz sich deutsch- und englischsprachige Songs von unter anderem Ed Sheeran, Rammstein, Seeed und Sabaton vor. Darauf hat die Welt nicht unbedingt gewartet, ebenso wie auf das Hauptalbum.

Das weist wieder einmal die Halbwertszeit einer Mark Forster-Show auf einem Privatsender auf: musikalisch zu kalkuliert, um Wiedererkennungswert zu besitzen, textlich so ausgelutscht und flach wie ein Mario Barth-Witz. Haltet also am besten eure Mütter und Töchter fest, denn schon im Opener "Meister Der Minne" macht des Hauptmanns geiler Haufen vor so gut wie keinem weiblichen Geschöpf Halt, das nicht bei drei auf den Bäumen ist. Dazu gibt es geradlinige Stampf-Riffs, unterstützt von begleitendem Gefiddel und Gedudel.

Insgesamt unterscheidet sich die Platte von den Vorgängern kaum, nur dass man anstatt eines kabarettistischen Seitenhiebs auf Verschwörungstheorien diesmal in "Im Bauch Des Wals" mit banaler Gesellschaftskritik und in "Malleus Maleficarum" mit noch banalerer Religionskritik Vorlieb nehmen muss, was ungefähr so viel Tiefgang wie ein Schnapsglas besitzt.

Ansonsten feiern Feuerschwanz immer noch bis zum Weltuntergang und rüsten sich mit deliriumsfördernden Unmengen an "Met" und "Gerstensaft" für die nächste Schlacht, während sie bis auf gelegentliche symphonische und epische Momente von ihrer vorhersehbaren, aber handwerklich sauberen Mischung aus metallischer Härte und mittelalterlicher Begleitung keinen Millimeter abrücken. Ebenso nichtssagend fällt der Gesang von Hauptmann Feuerschwanz aus, der sich irgendwo zwischen blutleerem Rock-Gestus à la In Extremo und Till Lindemann für Arme bewegt.

Zumindest heben sich die knackigen Hooks und das ein oder andere gelungene Gitarren-Solo wohltuend von der Konkurrenz ab. Das war es aber auch schon mit der musikalischen Eigenleistung. Schließlich verpflichten sich die Franken dem Motto "höher, schneller, lauter". Da bleibt Eigenständigkeit zwangsläufig auf der Strecke.

Als genauso stromlinienförmig erweisen sich auch die Coverversionen auf der Bonus-CD, orientieren sich Feuerschwanz doch so streng an der Rhythmik, Melodik und Stimmführung der Originale, dass dagegen Weezers Karaoke-Album vor Ideenreichtum beinahe übersprudelt. Nur kann man ihnen eine gewisse unfreiwillige Komik nicht absprechen, etwa wenn in der Neueinspielung von Seeeds "Ding" Dancehall-Rhythmen auf ungelenke NDH-Riffs treffen und Ad Infinitum-Sängerin Melissa Bonny mit einer deplatzierten Deathcore-Einlage gegen Ende dem Fass den Boden ausschlägt.

Als wäre das nicht schon peinlich genug, muss "Hier Kommt Alex" von den Toten Hosen noch als schunkelige Bierzelt-Nummer herhalten. Besser wird es auch mit den restlichen Coverversionen nicht. Über die Rap-Rock-Verunglimpfung von Deichkinds "Limit" und die gruseligen Backgroundgesänge in der Neueinspielung von Rammsteins "Engel" hüllt man am besten gleich den Mantel des Schweigens. Dementsprechend klingt "Das Elfte Gebot" wie das musikalische Äquivalent zu einer Karnevalsveranstaltung, nur für die Metal-Festivals der Nation aufgeblasen.

Trackliste

Das Elfte Gebot

  1. 1. Meister Der Minne
  2. 2. Metfest
  3. 3. Das Elfte Gebot
  4. 4. Kampfzwerg
  5. 5. Im Bauch Des Wals
  6. 6. Mission Eskalation
  7. 7. Schildmaid
  8. 8. Malleus Maleficarum
  9. 9. Lords Of Powermet
  10. 10. Totentanz
  11. 11. Unter Dem Drachenbanner

Die Sieben Todsünden

  1. 1. Ding
  2. 2. Hier Kommt Alex
  3. 3. Amen & Attack
  4. 4. I See Fire
  5. 5. Gott Mit Uns
  6. 6. Limit
  7. 7. Engel

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14 Kommentare mit 72 Antworten

  • Vor 3 Jahren

    Hey, weiß gar nicht, was Ihr alle habt. Die Jungs sind live echt geil und musikalisch haben sie auch echt was drauf. Das ganze wird zwar zum Teil in einem Clownsgewand vermittelt, aber wenn alles Englisch wäre, würde es auch keinen stören. Ich finde, die Scheibe ist für Fans von Saltatio Mortis und so eine echte Kaufempfehlung. Allerdings würde ich dies nicht für alle Platten von Feuerschwanz sagen. Oder genauer gesagt: Die Jungs und Mädels (also die Geigerin und die Halbnackten) haben sich musikalisch entwickelt und spielen mittlerweile richtig gute Musik, aber halt nur auf diesem Album )Auf dem Vorgänger mit Abstrichen). Von mir gibt es die volle Punktzahl.

  • Vor 3 Jahren

    Habe mal (auch unter Corona-Bedingungen) meinen Nachbarn, die eher in der Rap- und HipHop-Szene untwerwegs sind, das Video von dem Seeed-Cover gezeigt, und die waren tatsächlich eher begeistert als abgestoßen, wobei die bisher noch keine Brührungspunkte mit Growl-Größen wie Melissa Bonny hatten und das trotzdem schwer abgefeiert haben.
    Unterm Strich also wieder ein Punkt für den Weg, den die Jungs und Mädels gehen...