laut.de-Kritik

DIE Band des Jahres 1977 auf dem Höhepunkt ihres Erfolges.

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Es gibt Liveacts, bei denen man nicht weiß, was einem an diesem Abend erwartet. Die jeden Tag eine neue Setlist haben und bei Konzerten derart mit ihren Liedern spielen, dass es immer etwas zu entdecken gibt. Auf der anderen Seite stehen jene, die sich auch live im Wesentlichen an ihre Studioaufnahmen halten. Dazu zählten Fleetwood Mac, wie ihr Konzert im Jahr 1977 zeigt, das nun als "Rumours Live" erscheint.

Daran ist nichts Verwerfliches. Konserviert und vom Konzert-Erlebnis getrennt bleiben auf einem Tonträger allerdings nur etwas rauer gespielte Alternativen der Studioversionen mit Applaus im Hintergrund. Garniert mit manch einem schiefen Ton. Natürlich hat dies seinen natürlichen Charme, bricht manch eine Barriere zum Act. Auf der anderen Seite mumifiziert man diesen Moment.

"Rumours Live" zeigt nicht irgendeine Band an irgendeinem Ort, es zeigt DIE Band des Jahres 1977 auf dem Höhepunkt ihres Erfolges in ihrer Wahlheimat Los Angeles. Bis heute rangiert "Rumours" mit 40 Millionen verkauften Longplayern auf Platz acht der meistverkauften Alben. Zeitgleich wimmelte es auf der Bühne von verletzten Gefühlen, offenen Narben und Koks. In ihren Songs beschimpften sie sich gegenseitig. Nur die Musik und der Erfolg hielt diesen zerstrittenen Haufen zusammen. Erstaunlich, wie perfekt sie in diesem Moment dennoch funktionierten.

"Rumours Live" verdeutlicht zudem den kompletten Schnitt, den die wohl bekannteste Fleetwood Mac-Formation mit Mick Fleetwood, Stevie Nicks, Christine McVie, Lindsey Buckingham und John McVie vollzog. In dieser Form bestanden sie erst seit zwei Jahren, hatten sie mit "Fleetwood Mac" und "Rumours" gerade einmal zwei Longplayer veröffentlicht. Dennoch finden sich auf der Setlist fast ausschließlich Lieder aus diesen beiden Werken. Mit "Oh Well, Pt. 1" von "Then Play On" schaffte es genau ein Stück aus der Peter Green-Phase in das Programm. Das ist alles, was von den neun Jahren und neun Releases vor Nicks und Buckingham blieb.

Lindseys fluffig verschnörkeltes Gitarrenspiel, der Gegensatz zwischen Stevies verruchtem und Christines melancholisch-klarem Gesang sowie Micks und Johns Fundament tragen durch die achtzehn Songs. In "Gold Dust Woman" und "I'm So Afraid" lassen sie sich zwischenzeitlich mehr Raum. Mit dem Gitarrensolo in "World Turning", flankiert von McVies Orgelspiel und der spröden Rythmustruppe, fängt "Rumours Live" einen prachtvollen Moment ein.

Über all dem stehen die Glanzpunkte der beiden Frauen. Auf der einen Seite Nicks "Song about a witch". Fast acht Minuten lassen sich Fleetwood Mac Zeit, "Rhiannon" aufzubauen, die Intensität immer wieder zu verschieben. "Songbird" wirkt nach dem Verlust von Christine McVie am 30. November des letzten Jahres noch trauriger. Am Ende stellt "Rumours Live" auch eine Verbeugung vor dieser großartigen, viel zu oft in Nicks Schatten stehenden Künstlerin dar.

46 Jahre dauerte es, bis sich die Zeitkapsel mit "Rumours Live" öffnete. Aus der Ferne können wir diese Version der Band auf ihrem Höhepunkt betrachten. Die glimmende Atmosphäre des damaligen Abends eingefangen, bietet sich die Möglichkeit, "Fleedwood Mac" und "Rumours" noch einmal anders zu erleben. Zur Wahrheit von Livealben gehört aber eben auch, dass man nach dreimaligem Hören wahrscheinlich doch wieder zu den Studioalben greift. "Rumours Live" bietet nur wenige Argumente, dass dies in diesem Fall anders ausfallen könnte.

Trackliste

CD 1

  1. 1. Say You Love Me
  2. 2. Monday Morning
  3. 3. Dreams
  4. 4. Oh Well
  5. 5. Rhiannon
  6. 6. Oh Daddy
  7. 7. Never Going Back Again
  8. 8. Landslide
  9. 9. Over My Head
  10. 10. Gold Dust Woman

CD 2

  1. 1. You Make Loving Fun
  2. 2. I'm So Afraid
  3. 3. Go Your Own Way
  4. 4. World Turning
  5. 5. Blue Letter
  6. 6. The Chain
  7. 7. Second Hand News
  8. 8. Songbird

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