laut.de-Kritik

Bester Lagerfeuer-Punk über Aufbruch, Verlust und England.

Review von

Frank Turner hat ein Problem. Sobald er mehr als vier Tage in seiner Heimatstadt verweilt, geht er die Decke hoch. Also ist er so oft wie möglich auf Tour und erfreut tätowierte Typen in Holzfäller-Hemden mit seinem Lagerfeuer-Punk. Dann hat er allerdings wieder Heimweh und sehnt sich nach einem englischen Frühstück und der britischen Landschaft: "I trace the shorelines through a thousands estuaries to remind me: An island is my home." Aber: "I sleep with my passport, one eye on the backdoor, so I can always run."

So ganz kann sich der sympathische Songwriter eben nicht entscheiden, was er am liebsten hat. Das merkt man dem Album an. Typische Turner-Songs über das Reisen und die Rastlosigkeit stehen direkt neben Liedern, die Franks Liebe zu England und seine Heimatverbundenheit thematisieren. Wie sagte schon der gute Shakespeare? "Heaven take my soul, but England keep my bones."

Im Gegensatz zu seinen früheren Alben wirkt Frank nicht mehr so unzufrieden. Eines seiner Hauptthemen, das Älterwerden, die vergangene Jugend, wird kaum behandelt. Da ist jemand erwachsen geworden und findet sich allmählich damit ab. Verlieren, Gewinnen, Liebe, Musik und Aufbruch bleiben weiterhin Inspiration im Turner-Kosmos.

Schon auf "Love, Ire & Song" mixte Frank verschiedene Stile. Er rotzte Rocksongs herunter, klimperte süße Liebeslieder und schrammelte seinen punkigen Folk. So unterschiedliche Songs wie auf "England Keeps My Bones" gab es bisher aber nicht. "English Curse" versetzt den Hörer in einen englischen Pub, in dem ein alter Mann eine uralte Volksweise über einen noch älteren Fluch singt. Ohne Instrumente wohlgemerkt.

Im nächsten Titel ("One Foot Before The Other") wird der alte Mann aus dem Pub vertrieben und durch eine Punk-Band ersetzt. Abgefahren, wie gut das funktioniert, wie hervorragend beide Songs nebeneinander stehen und in den Album-Kontext passen.

Und auch die anderen Tracks, sei es das fröhlich-atheistische "Glory Hallelujah", der tragende Gitarren-Pop-Song "Nights Become Days" oder das zwischen Rock'n'Roll und Country groovende "Peggy Sang The Blues" harmonieren wunderbar zusammen.

Frank Turner schreibt schon immer Texte, bei denen man permanent zustimmend nicken möchte. Wie recht er doch hat. Zeilen, mit denen man seinen Körper voll tätowiert, die man auf seinem Facebook-Profil postet oder die man auf Konzerten voller Inbrunst mitbrüllt. "So I'm sorry baby for the time I've hurt you / Sorry friends for the times I desert you / Most days it feels like I don't deserve you / And I wonder that you're all still around." Noch ein Beispiel gefällig? "Now who would've thought that after all / Something as simple as rock 'n' roll would save us all?"

Am Ende bleibt zu hoffen, dass Frank Turner die Lust am Touren und Musik machen niemals verliert. Möge er noch lange seinen hemdsärmligen Folk-Punk schrammeln und möge er weiterhin poetische Zeilen voller Hoffnung, Melancholie und Wut schreiben. Eigentlich müssen wir uns darum keine Sorgen machen: "And though the things we love will be washed away in the rain. We remain."

Trackliste

  1. 1. Eulogy
  2. 2. Peggy Sang The Blues
  3. 3. I Still Believe
  4. 4. Rivers
  5. 5. I Am Disapeared
  6. 6. English Curse
  7. 7. One Foot Before The Other
  8. 8. If I Ever Stray
  9. 9. Wessex Boy
  10. 10. Nights Become Days
  11. 11. Redemption
  12. 12. Glory Hallelujah

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