laut.de-Kritik
Schwing dein Ding!
Review von Sven KabelitzAuf "Bang!... The Greatest Hits Of Frankie Goes To Hollywood ", "Reload! Frankie: The Whole 12 Inches", "Maximum Joy", "The Club Mixes 2000", "Twelve Inches", "Rage Hard: The Sonic Collection", "Frankie Say Greatest" folgt nun "Sex Mix - Archive Tapes and Studio Adventures, Volume One". Acht Compilations einer Band, die es zu Lebzeiten auf genau zwei Alben und sieben Singles brachte.
Frankie Goes To Hollywood sind fünfundzwanzig Jahre nach ihrem Ableben zu einem geifernden Zombie mutiert. Einem Untoten aus den dunklen Tiefen der 1980er, immer auf der Suche nach Gehirnen, die ihnen den alten Ramsch noch einmal abkaufen.
Dabei haben ihre beiden regulären Longplayer die Zeit gut überstanden. "Liverpool" und vor allem "Welcome To The Pleasuredome" sind nach wie vor außergewöhnliche Alben voller Gier und Wollust. Ein Blitzkrieg der Dekadenz eines ganzen Jahrzehnts.
Im Bereich der 12" gaben Frankie Goes To Hollywood während ihres kurzen Bestehens neben Depeche Mode den Ton an. In dem noch neuen Format schuf die Band - beziehungsweise ihr federführender Produzent Trevor Horn - aus radiotauglichen Single-Häppchen Epen. Die Maxime hinter einem FGTH-Remix war klar erkennbar: Schwing dein Ding. Meiner ist am längsten.
Auf "Sex Mix" stellt ZTT Records verschütt gegangene Versionen und, wie sie es nennen, "Studio Adventures" zusammen. Vieles, das hier zu hören ist, gab es seit seiner Veröffentlichung nicht mehr zu kaufen. Einen Großteil zurecht. Einige Aufnahmen wurden nur auf Kassette vertrieben.
Die Highlights auf dieser Zusammenstellung finden sich mit der endlich kompletten "Rage Hard +++*"-Maxi und dem monumentalen "Warriors Of The Wasteland (Compacted)" schnell. Auch "Welcome To The Pleasuredome (How To Remake The World)" und dem kitschig süße "The Power Of Love (Extended, Singlette Version)" kann man heute noch Einiges abgewinnen. Der titelgebende "Relax (Sex Mix)" und "Two Tribes (Carnage)" klingen ohne die rosa Achtziger-Brille doch arg verschroben. "Watching The Wildlife" ist nur als kurzes Instrumental vorhanden.
Was sich allerdings dazwischen an Coverversionen, Soundschnipseln und minutenlangem stumpfsinnigem Gesabbel tummelt, ist an Belanglosigkeit kaum zu überbieten. Nichts scheint zu trivial, um es nicht unter die Menschheit zu bringen.
Der T.Rex-Klassiker "Get It On" verkommt zu einer eierlosen, uninspiriertem Frechheit, die selbst Andy Borg zu seicht wäre. In "Do You Think I'm Sexy?" klingen FGTH nach einer Dorfkneipencoverband, die im Refrain vom Männerchor des ortsansässigen Schützenvereins begleitet wird.
Die Live-Aufnahme "Relax (International)" stellt recht eindrucksvoll dar, was für einen großen Anteil Trevor Horn am Erfolg der Combo hatte. Haben die Fans der Band wirklich das Netz nach den zwanzig Sekunden unappetitlichen Rülpsens in "Don't Lose What's Left" durchforstet? Eine abstruse Vorstellung.
Den Vogel schießt allerdings die Tatsache ab, dass man offenbar wirklich jeden Quatsch auf dem Studiofußboden finden konnte, aber mit dem Aufspüren der Stereo-Master-Tapes der ersten fünf Tracks maßlos überfordert war. Diese gibt es jetzt nur in gespiegeltem Mono zu hören. Digital Demasterd.
Spätestens in diesem Moment kommt der Zusatz "Volume One" einer Drohung gleich. Was gibt es auf "Volume Two" zu hören? Siebzehn Minuten Holly Johnson beim Betrachten einer Hotelzimmertapete? Oder ein mehrstimmig gefurztes "Rage Hard"? "Relax" im Schellack-Mix? Bevor es so weit kommt, hoffe ich, mit Sicherheit vergebens, dass sich die Macher dieses Werkes doch noch an die letzten Worte des "Welcome To The Pleasuredome"-Abums erinnern. "Frankie say ... no more."
11 Kommentare
Klingt nach ziemlichem Mist. Wie hast du das nur ausgehalten? Humorvolle Rezii auf jeden Fall. Dafür hat sich das Album dann ja doch gelohnt.
Sehr schöne Rezi zu einer unnötigen Compilation einer verkannten Band. Habe letztens zufällig mal wieder "Welcome to the pleasuredome" aufgelegt und festgestellt, das es ein verdammtes Meisterwerk ist!
Der Versuch, alte Errungenschaften immer und immer wieder zu monetarisieren - unerfreulich.
....I am not gonna play this, thank you and good bye @SigueSigueSnev (« Ja, ja die Maxis..."let me take you to a journey into the world of a twelve inch"...legendäre 12 Minuten-"Rage hard"-Maxi!
Wie wenig sie sich eigentlich dem Musikbusiness angepasst haben lässt sich auf der B-Seite der "Power of love"-Maxi hören (am besten an Weihnachten hören ! »):
Ich habe auf dem Album nicht wirklich etwas gefunden, was erst kürzlich auf dem Studiofußboden gefunden wurde - alles war schon auf B-Seiten von 12" vorhanden.
Zum Rülpsen sei gesagt: Roger Waters hat mit "Bodyworks" einmal ein Album veröffentlich, welches nur von allen möglichen Geräuschen des menschlichen Körpers vertont wurde. Ich finde so etwas durchaus legitim.
Das jedoch über den Umstand, dass es sich um eine Band mit Schulband Niveau handelt, gestaunt wird, wundert mich zu diesem Zeitpunkt etwas.
Es stand doch zu keinem Zeitpunkt in Frage, dass es sich um eine Fakeband handelt. Trevor Horn / Steven Lipson waren die Band mit Lead Singer Holly Johnson. Und das war ein verdammt gutes Trio.
Leichenfledderei ist es dann aber dennoch....
Also Schulband-Niveau möchte ich mal stark anzweifeln - passt eher in die heutige Zeit mit den ganzen Möchtegern-Alternative-/Elektro-/Indierock-Bands, die nur einfach gehaltene und billig klingende Songs ohne studiotechnischen Aufwand zustande bringen. Einfachheit war für mich noch nie eine Option bei Musik - denn solche Sachen werden sehr, sehr schnell vergessen...wie man weiß. FGTH wird aber auch in 50 Jahren noch Liebhaber finden...