laut.de-Kritik

Wenn die S-Bahn zur Dab-Station wird.

Review von

"Ich möchte wieder zurückgehen zu den Underground-Zeiten, um wieder näher an den Fans zu sein." Du auch, Brudi Futuri? Legionen von Künstler blamierten sich schon mit derlei hanebüchenen Ansagen. Heißt doch back to the roots meistens eher: Back to verwirrt, halbgar und altbacken.

Der Opener "Rent Money" legt davon Zeugnis ab - führt einen aber auf eine falsche Fährte. Gnadenlos-ignorant wütet Future über einen mächtigen Glocken-Banger. Gerichtsstress mit Rocko? Scheidungsprobleme? Alles scheißegal, Hauptsache "the money is comin' in".

Den Folge-Tune "Good Dope" nimmt man nicht wirklich wahr, und "Zoom" zwirbelt sich dank wahnwitzig verquer gelopptem Hypnose-Trap von Southside in die Synapsen. Mehr Underground, mehr Fannähe heißt für Hendrix anscheinend: mehr Hunger, mehr Härte. Klassisch. Auch Promophase, Features oder andere Sperenzchen fehlen.

Die Spur erkaltet jedoch sogleich. Als DJ Spinz für "Draco" wild auf seinem Atari klimpert und Future darüber feine, poppige Melodien legt, hängt man auf einmal mit den Händen in der Luft. Eben pumpte noch das Blut, nun dabbt die gesamte Familie samt Oma durch die Küche.

"Super Trapper" bzw. "POA" feiern ebenfalls den fluffigen Sound. Schlagartig setzt sich die Erkenntnis durch: Future meint mit seinem 'Weg zurück' vergangene "You Deserve It"-Zeiten. Und tatsächlich, nach etwas Diggin in the google wird man fündig: "Die Fans wollen den "Pluto"-Style", erzählt Future dem Billboard-Mag.

"Pluto", Futures Debütalbum, holte den Rapper 2012 aus der Mixtape-Szene in den Mainstream. Catchy Überhits wie "You Deserve It", "Turn On The Lights" oder "Permanent Scar" fehlen trotz Popappeal heuer zwar, doch Metro Boomin, der beste Producer dieser Zeit, schießt wieder mal alles runter. Für "Mask Off" sampelt er Tommy Butlers formidable Flöten aus dem "Prison Song" und kombiniert ihn mit tief wummernden Bässen. Wenn dieser Track übers iphone rollt, wird die S-Bahn zur Dab-Station. Nach Trees Soul Trap und Curren$ys Lounge Trap kommt Metro nun mit Trap Bap.

Future erreicht nicht nur mit dem Gespür für perfekte Beats Jay-Z-Level, auch Flows, Lyrics und Hook-Qualitäten erinnern an Jigga. Jener droppte ja ausschließlich Lyrics über Frauen, Geld, Macht und erzählte beizeiten aus seinem Leben – und begeisterte trotzdem Nerds, Gangster und Partygänger gleichermaßen. Future gelingt dies ähnlich gut, so dass sein fünftes Studioalbum auch nach dem dritten Durchlauf keine Abnutzungserscheinungen zeigt. Es ist besser als "EVOL", kommt aber nicht ganz an "Pluto", "Purple Reign" oder "DS2" heran.

Trackliste

  1. 1. 1 Rent Money
  2. 2. 2 Good Dope
  3. 3. 3 Zoom
  4. 4. 4 Draco
  5. 5. 5 Super Trapper
  6. 6. 6 POA
  7. 7. 7 Mask Off
  8. 8. 8 High Demand
  9. 9. 9 Outta Time
  10. 10. 10 Scrape
  11. 11. 11 I'm so Groovy
  12. 12. 12 Might as Well
  13. 13. 13 Poppin' Tags
  14. 14. 14 Massage In My Room
  15. 15. 15 Flip
  16. 16. 16 When I Was Broke
  17. 17. 17 Feds Did A Sweep

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12 Kommentare mit 21 Antworten

  • Vor 7 Jahren

    dappen = dabben bzw. dabbin', wenn ich mich nicht irre. Ansonsten astreine Review, auch wenn ich noch zwischen 4 und 5 Punkten schwanke und mir bezüglich der Einordnung ins Gesamtwerk noch nicht so sicher bin. Bisher würde ich aber sagen "Future" >> "Evol".

  • Vor 7 Jahren

    "Es ist besser als "EVOL", kommt aber nicht ganz an "Pluto", "Purple Reign" oder "DS2" heran."

    That´s it. Höhepunkte:

    POA, I´m so Groovy, Mask Off, Rent Money und Draco...

    Auf jeden Fall eine angenehme Überraschung, dieses Überraschungsalbum.

  • Vor 7 Jahren

    Kann gut sein, dass sich meine Meinung noch ändert, aber nach dem ersten Tag stimme ich der Review größtenteils zu.

    Für mich völlig unerwartet, denn ich verfolge Future nur musikalisch und bin ausdrücklich KEIN Fan der Frühwerke. Ich liebe Future für Stücke wie "Deeper Than The Ocean", "Perkys Calling", "Kno The Meaning"(!) oder einfach das komplette DS2 Album. Allerdings ist "Future" natürlich ein eigenständiges Werk und zumindest ich habe den Eindruck, dass der Künstler von damals inzwischen einfach auf einem ganz anderen Level ist.

    Und wenn es darum geht, durch den Hip Hop Olymp zu dabben und alles, was darunter passiert, mit geballter Ignoranz wegzudrücken, kann er mich eben doch wieder abholen.

    Ohne es mir gewünscht zu haben, ist das auf jeden Fall eine Art von Musik, die ich gerade gebrauchen kann.

    Vorsichtige 4/5.