laut.de-Kritik
Hieraus entstand die Power der Red Hot Chili Peppers.
Review von Michael SchuhNachdem es die US-Kollegen von Devo letztes Jahr nur zu einer DVD-Veröffentlichung geschafft haben, wollen es Gang Of Four nun allen Nachgewachsenen so richtig zeigen. Schließlich wuchs die Schlange der Bewunderer in den letzten zwei Jahren auf beiden Seiten der Club-Bühnen stetig an. Spätestens seit die Futureheads mit "Decent Days And Nights" die wohl würdigste der zahlreichen jüngeren Song-Hommagen an die Post-Punks auf Vinyl bannten, wartete auch ich sehnsüchtig auf ein Lebenszeichen der glorreichen Vier aus dem englischen Leeds, zu deren Gründerzeiten ich noch brav im Kindergarten movte.
Mit dem Übereifer der heute allesamt gut situierte Fulltime-Jobs ausübenden Groove-Greise, die im Spätsommer freudig eine Europa-Tournee ausriefen, kam prompt die Ernüchterung. Ein Knieleiden von Sänger Jon King zwang die Band zur Absage der Livetermine. Übrig bleibt vorliegender Doppelalbumschlag, benannt nach einem Song ihres heute allseits als Klassiker verschrieenen Debüts "Entertainment!" von 1979, das jede einzelne Note der Lobeshymnen verdient. Wer weder dieses Album besitzt noch die Band genauer kennt, soll nun bei "Return The Gift" zugreifen, finden zumindest Band und Plattenfirma, was mit Abstrichen auch zu unterstützen ist.
Die erste Seite von "Return The Gift" bietet vierzehn alte Gang Of Four-Songs (davon fünf von "Entertainment!"), allerdings nicht etwa in der Originalversion, sondern brandneu eingespielt von den mittlerweile die 50 anpeilenden Herren Jon King (Gesang), Andy Gill (Gitarre), Dave Allen (Bass) und Hugo Burnham (Drums). Mutiges Unterfangen. Auf Seite zwei kommen dann die Remixkünste der Epigonen zum Tragen (oder eben gerade nicht).
Fangen wir vorne an: Gerüchte, wonach die Oldies bei ihrer alten Plattenfirma EMI noch mächtig in der Kreide stehen und daher vielleicht schneller wieder Freunde wurden, als man Gang Of Four sagen kann, zerstört die schiere Wucht der neuen Proberaum-Aufnahmen. Natürlich muss der Opener "To Hell With Poverty" mit einer Rückkopplung beginnen, gibt dabei aber mit krachigem The Rapture-Soundbild auf den Fahnen die Richtung für ungezügelt-wirre Rhythmik und kreischende Backingvocals vor.
Drummer Burnhams verquere Beatmuster, Allens akzentuiertes Bassspiel und Gills gegenläufige Funk-Gitarre in "Not Great Men" dürfen locker als Blaupause für die ersten zwei bis drei Chili Peppers-Alben herhalten. Ja, es ist nicht einmal arg übertrieben zu behaupten, dass aus dem Gang Of Four'schen Rhythmus-Cocktail erst die Power von "Give It Away" entstehen konnte. Weitere Highlights auf Seite eins sind "Damaged Goods", "Ether", das akkordfreie Geräuschmanifest "Anthrax" und der einsame Pophit "I Love A Man In Uniform".
Was die lieben Nachkömmlinge mit den Originalsongs so anstellen, ist dann erwartungsgemäß weniger spannend. Der erste The Others-Remix von "At Home He's A Tourist" etwa hört sich an, als hätte man nur einen Reverb auf einzelne Spuren gelegt, No Doubt-Basser Tony Kanal nervt mit seinen Heimwerker-Elektro-Experimenten und die Dandy Warhols langweilen wie mit ihrem aktuellen Studioalbum. Wenigstens gefallen Ladytron mit einer an alte EBM-Tempi erinnernden Elektrobass-Umdeutung von "Natural's Not In It", die Rakes-Version desselben Songs und Yeah Yeah Yeahs-Sängerin Karen O., die mit ihren Helden im Duett singt. Da es die Scheiben nun mal nicht einzeln zu kaufen gibt, sollte man trotzdem zugreifen und die Go4-Debütscheibe von 1979 gleich dazu legen.
4 Kommentare
Natürlich könnte man leicht auf das Bankkonto der Band schließen, wenn die Herren nach zwanzig Jahren ihre großen Songs nochmal aufnehmen. Aber nein, solche Gedanken wollen wir jetzt mal ausblenden. Auch wenn Songs wie Damaged Goods oder At Home He's A Tourist es ja eigentlich gar nicht nötig haben, aufgepeppt zu werden, ist das Resultat doch... schmissig. Und die Remix-CD ist ihren halben Kaufpreis auch wert, so dass man kein schlechtes Gewissen zu haben braucht. Ladytron, The Others, Hot Hot Heat und der Rest der Verehrer haben sich Mühe gegeben. Das kann nicht ganz schlecht sein.
Lohnt es sich wirklich, sich die CD anzuschaffen? Bin ja ein Fan der alten Sachen, aber die überarbeitete Platte hab ich mir bis jetzt nicht angehört...
Naja, was du sagst, hört sich ja schon irgendwie gut an. Ich lass es mir mal durch den Kopf gehen.
hatte neulich mal reingehört und ein Track von der Platte, war mal auf sohnem Werbesampler mit drauf. Klingt echt ganz fein.
Kann die CD auch nur empfehlen. In einigen Fällen finde ich zwar die Original besser, aber gerade wegen der Remix-CD lohnt es sich!