laut.de-Kritik
Rosinen-Picken im Blues, Soul, R'n'B und Garage-Rock.
Review von Sven KabelitzBitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen. Sollte jemand tatsächlich wegen der kalkulierten Anbiederung "The Life" über Gary Clark Jr. gestolpert sein, schreite er tunlichst weiter in Richtung Usher, Craig David oder gleich zu Xavier Naidoo.
Zum Glück hat "Blak And Blu" nicht mehr solch schnöden, halbgaren Radio-R'n'B zu bieten. Doch spiegelt der Track gleichzeitig das größte Problem des Major-Debüts des Blues-Sängers und Gitarrist wider: Mit Blues, Neo-Soul, modernem R'n'B und Garage-Rock will er es jedem recht machen und verkommt so zum Futterlieferant für die persönliche Playlist. Mag doch jeder seine Rosinen selbst herauszupicken. Das Format Album ist tot.
Trotz allem steht der Blues im Mittelpunkt. Zwar teilweise ein wenig fadenscheinig durchzieht er die Genrefetzen doch stets als Grundmotiv. Ein guter Freund, der uns in manch eine Sackgasse begleitet und den Weg heraus zeigt.
Mit dem energiegeladenen Opener "Ain't Messin 'Round" gelingt ein perfekter Einstieg. Lauter, bombastischer Stax-Soul, dessen Bläser-Arrangement die scharfen Zacken der Kreissägen-Gitarre des Hauptakteurs zerlegen. Schnell wird klar: Obgleich Clark Jr. über eine charismatische Stimme verfügt, hat "Blak And Blu" seine besten Momente, sobald er zur Gitarre greift.
Wie bei der Hälfte der Songs, handelt es sich bei "When My Train Pulls In" um eine neu eingespielte Fassung eines Stücks, das seit Jahren im Repertoire des Musikers seinen festen Platz hat. Bisher im Studio zur akustischen Gitarre vorgetragen, lehnt sich der derbe Blues-Stampfer nun an die Live-Version an. Der Zug bewegt sich mitsamt seines eindringlichen Solos auf den Schienen der frühen Cream und Hendrix in seiner Band Of Gypsys-Phase.
Kein Wunder also, dass die New York Times bereits andächtig vom neuen Jimi Hendrix spricht. Doch spätestens die ersten Takte von "Glitter Ain't Gold (Jumpin' For Nothin')" verdeutlichen, dass wir es 'nur' mit einem besseren Lenny Kravitz zu tun haben. Einem, der verdammt gut Gitarre spielen kann.
Düster, direkt und explosiv birgt "Bright Lights" ZZ Top-artigen Texican Blues-Rock . Eher gruselig geht es im Schunkel-Soul von "Please Come Home" zu. Hinter "Travis Country" versteckt sich ein Chuck Berry-Boogie inklusive "Oh-Ooohh" und Marty McFly-Solo. "Ich schätze, ihr seid wohl noch nicht so weit. Aber eure Kinder fahr'n da voll drauf ab!" Oder in diesem Fall wohl eher die Eltern. Die Zeiten ändern sich.
Der Titeltrack ist wohl der stärkste Moment, in dem sich Gary Clark Jr. vom Blues entfernt. Ein wenig angestaubter Neo-Soul der Marke D'Angelo, Maxwell und Dwele. Der paart sich über Trip Hop-Loops mit Samples aus Gil Scott-Herons "Pieces Of Man" und Albert Kings "As The Years Go Passing By".
"Third Stone From The Sun/If You Love Me Like You Say" verbindet Hendrix mit Little Johnny Taylor zu einem vernarbten, aber niemals unattraktiven Medley. Tablas und ein gescratchtes Solo nach Tom Morello-Manier lassen den Zehnminüter zu einem Epos heranwachsen. Ganz auf Oldschool getrimmt lehnt sich Clark Jr. in "Next Door Neighbor Blues" auf seiner Terrasse zurück. Staubiger Foot-Stomper-Blues aus dem Mississippi-Delta. So wunderbar mit Klischees und Slide-Gitarre angereichert, dass man im imaginären Schaukelstuhl mitwippt.
"Blak And Blu" hinterlässt gemischte Gefühle. Nach einem erstklassigen Einstieg lassen einige Lückenfüller und aufgewärmtes Songmaterial Ernüchterung zurück. Manch einer mag es für gekonnte Abwechslung halten, doch wirken die Experimente zum Teil unentschlossen. Zu oft bleibt Gary Clark Jr. auf fremden Terrain ein Method Actor mit dem Hang zur Überzeichnung.
1 Kommentar
Das ist jetzt nach "Gary Clark Jr." 2010 und "Bright Lights E.P." 2011 tatsächlich die dritte Platte die er rausbringt, auf dem Bright Lights drauf ist.
Finde das immer sehr schade, wenn sich Künstler so über ein Lied definieren...
macht ihn irgendwie ziemlich langweilig, was auch der Eindruck ist, den ich gerade beim kurzen reinhören bei spotify hatte.
Naja, werds mal noch in Ruhe hören, aber irgendwie hatte ich die Hoffnung, da könnte was geschmeidiges draus werden. Hätte er mal bei einem Jon Spencer, Dan Auerbach, Mick Collins oder Jack White aufgenommen...