laut.de-Kritik
Retrospektive des Nine Inch Nails-Vaters.
Review von Michael SchuhAuf dem Cover prangt ein Aufkleber mit solch illustren Namen wie Nine Inch Nails, Fear Factory, DJ Hell und Marilyn Manson. Erst wenn man genau hinsieht, liest man darüber die Zeile "includes songs recently covered by". Tatsächlich hat Gary Numan am Anfang seiner Karriere einige wegweisende Platten aufgenommen, an die sich so mancher Künstler gegen Mitte der 90er Jahre wieder zurück erinnerte.
Die Foo Fighters gehörten 1996 zu den ersten, die den Namen Numan mit ihrer Coverversion von "Down In The Park" für die Alternative-Ecke kompatibel machten. Der kollektiven Erinnerung an den blondierten Synthesizer-Boy der Frühachtziger entspricht der Geehrte heute optisch und musikalisch kaum mehr.
Mit seinen letzten Platten kämpfte sich Gary Numan aus einem Karrieretief empor, sein elektronischer Industrial Rock klingt mittlerweile bedrohlicher als der seines berühmten Fans Trent Reznor. Somit reihen sich auf "Exposure" Elektro-Klassiker wie "Cars" an krachende Neu-Kompositionen seiner letzten Alben "Pure" (2000) und "Exile" (1998), und zwar im wahrsten Sinne, da auf eine chronologische Reihenfolge leider verzichtet wurde.
Dennoch leistet die 29 Songs starke Retrospektive einen profunden Einblick in Numans wechselhafte Karriere, selbst wenn die schwierigen Jahre zwischen 1982 und 1994 so gut wie ausgeblendet wurden. Mit "Voix" vom '88er Album "Metal Rhythm" ist lediglich ein Song aus der Zeit vertreten, in der Hobbyflieger Numan öfter im Cockpit als im Studio anzutreffen war.
Das Geld für sein exklusives Hobby verdiente sich der West-Londoner Ende der 70er mit seinen Alben "The Pleasure Principle" und "Telekon", die mit sechs Songs vertreten sind. Es war Numans größte Zeit. Nach eigenen Angaben trug er damals nur deshalb Make-Up, weil er an unreiner Haut litt. Für die Öffentlichkeit war er dagegen der unnahbare, niemals lächelnde Synthie-Popstar, der seine paranoiden Science Fiction-Vorlieben in Outfit und Texte hinüber rettete. Das von Philip K. Dick inspirierte "Are Friends Electric" stammt aus seiner Tubeway Army-Zeit, ebenso die göttlich verschrobenen Songs "Me I Disconnect From You" und "Down In The Park".
Lobenswert auch die Hinzunahme der 1980 nicht auf "Telekon" gelandeten Singles "I Die: You Die" und "We Are Glass". Wer Numans Spätwerk nicht mitverfolgte, kann sich an der wahrlich finsteren Perle "Dark" (1998) und dem von Herr der Ringe inspirierten "Magic" (1994) berauschen. Abgerundet wird das Ganze mit einem schicken Elektro-Remix von "A Prayer For The Unborn" und dem neuen Instrumental-Track "Exposure", der andeutet, dass Gary Numan mit seinem nächsten Studioalbum die Klasse von "Pure" halten könnte. Im Sommer soll es erscheinen.
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