Baile Funk ist eine in den 90er Jahren sehr populär gewordene Form des Hip Hop aus Brasilien. Die überwiegend in den Favelas, den brasilianischen Armenvierteln, rund um Rio verbreitete Stilrichtung zeichnet sich oft durch ihre einfache, meist klanglich sehr rauhe Produktion und aggressive Vocals aus. Die MCs stehen dabei eher in der Tradition früher "Masters Of Ceremony" als der überwiegende Teil heutiger Rapper, was sich in den eher geschrieenen als gesungenen Texten wieder spiegelt und teilweise auch die häufig durch Punk beeinflusste Vergangenheit der Protagonisten zu Tage treten lässt.

Musikalisch orientiert sich Baile Funk stark an Old School Hip Hop und Miami Bass, einer schnellen, von elektronischen Beats gekennzeichneten Spielform des Hip Hop, die in Referenz auf das Stück "Planet Rock" von Afrika Bambaataa entstand. Dem energiegeladenen Beats mit dem typischen Sound des TR-808 Drumcomputers mischen die "Funkeiros" dabei gerne traditionelle brasilianische Rhytmen unter. Nicht selten basiert das gesamte Songkonstrukt auf einem Sample oder gar einer kompletten Melodie eines populären Stückes, was die Songs mangels Möglichkeiten des Sample-Clearings (Einholen der Lizenzen der Originalkünstler) in das kommerzielle Abseits befördert. Daher sind sehr viele Baile Funk-Stücke nur über Filesharing oder auf einschlägigen Webseiten zu erhalten.

Die Texte handeln meist von Sex, Drogen und Kriminalität und sind nicht selten extrem gewaltverherrlichend. Ähnlich wie im amerikanischen Rap wird die Szene von Künstlern aus den Armenvierteln dominiert, und da sich dort legal kein Geld machen lässt, betätigen sich viele von ihnen als Drogenhändler oder Leben von Überfällen und Einbrüchen. Auch sie träumen von Ruhm, Sex und Geld - nur, dass die Erfüllung dieses Traumes für sie noch weit unwahrscheinlicher sein wird, als für ihre US-amerikanischen Kollegen.

In Europa erlangte Baile Funk zunächst vor allem wegen der oft in Massenschlägereien ausartenden Bailes de Corredor zweifelhaften Ruhm. Diese Partys werden mit spärlicher Ausrüstung meist in Turnhallen oder auf Fußballplätzen der Favelas ausgetragen und sollten von Fremden nur besucht werden, wenn sie ganz genau wissen worauf sie sich einlassen. So ist es z.B. ratsam, auf dem Weg zur Party auf den letzten 100 Metern die Scheinwerfer des Autos aus und die Innenraumbeleuchtung an zu schalten, um nicht Gefahr zu laufen, von beteiligten Gangmitgliedern mit der Polizei verwechselt und erschossen zu werden.

Mittlerweile hat sich der Stil durch einige Veröffentlichungen europäischer Plattenlabels, allen voran die Favela-Mixtapes von Diplo, auch in der nördlichen Hemisphäre weiter verbreitet. Der Ausverkauf folgt auf dem Fuße: Der Track Quem Que Caguetou (Follow Me Follow Me) von Black Alien & Speed schafft es 2004 dank seiner Verwendung in einem Auto-Werbespot und einem Remix von Fatboy Slim in Großbritannien und Deutschland in die Top 100.