10. Mai 2010

"Ich kann Sizzla nicht mehr den Rücken freihalten"

Interview geführt von

Mit seiner Scheibe "Diversity" zementierte Tilmann Otto seinen Status als Deutschlands Reggae-Export Nummer 1, beförderte sich zurück ins Bewusstsein - und mit missverständlichen Aussagen in einem Interview mit der taz aus Berlin auch gleich in die Schlagzeilen.Der Kalender ist voll, trotzdem quetscht Gentleman auch für uns noch einen Termin dazwischen. Wir erreichen ihn unterwegs.

Schön, dass du Zeit für uns hast. Klingt stressig, so vom Auto aus ...

Jaaa, aber ich bin noch guter Dinge. Es ist ja noch nicht so ganz spät, du hast Glück.

Vielleicht sollte ich mich erst mal bedanken. Wenn ich nicht so um 1997 oder '98 'ne Party veranstaltet hätte, bei der du aufgetreten bist, wäre ich wahrscheinlich Biologe oder so'n Quatsch geworden.

Biologin ... das ist doch auch voll interessant. Vielleicht kann man das ja irgendwie verbinden?

Ich habs, ehrlich gesagt, nie versucht. Was du machst, das verfolge ich allerdings schon ein bisschen länger. Ich mochte "Trodin On", ich mochte "Journey To Jah", und ab da hab' ich immer den Mangel an Experimentierfreude bedauert. "Diversity" hat sich erstmals wieder nicht so stark auf eine musikalische Richtung, auf eine bestimmte Soundästhetik festlegt. Hat mir gut gefallen. Wie kommts?

Ich mach' mir vorher nicht unbedingt Gedanken, wie Sachen nachher bei irgendwem ankommen. Das würde mich nur bremsen. Es gab kein Veröffentlichungsdatum, es gab diese gewisse Leichtigkeit. Ich hab' einfach mal so gemacht, was da war. Ich war selbst überrascht, was dabei alles an Vielseitigkeit rausgekommen ist.

Es klingt ein bisschen paradox, dass ausgerechnet mit dem Wechsel zu einem Majorlabel eine gewisse künstlerische Freiheit gekommen sein soll.

Ach, das wird immer so böse dargestellt. Das hat damit gar nichts zu tun! Im Grunde hab' ich da genauso viele Freiheiten wie bei Four Music auch. Es ist nicht immer so, dass man eingeschränkt ist, wenn man zum Major geht, dass man dort keine Kreativität entfalten kann. Ganz im Gegenteil: Ich hab' da ein Team um mich herum, die sind sehr leidenschaftlich, sehr musikverliebt. Wir haben ganz viele Gespräche geführt. Das hat alles dazu beigetragen, dass man eben irgendwann zusammenkommt.

Ganz wichtig ist, dass eine Plattenfirma nicht versucht, einen Künstler zu verdrehen, sondern dass sie ihn so nimmt, wie er ist. Damit es eben auch authentisch bleibt. Das ist bei Universal der Fall. Wenn das jetzt irgendein Indie-Label wäre, dann wär' das halt ein Indie-Label. Aber es war in dem Fall Universal. Die Maschinerie, die dahinter steckt, nämlich international auch nochmal irgendwo an den Start zu kommen, das war für mich halt auch wichtig.

Dein Presseinfo erklärt, in deiner Band wurden "Schaltstellen neu besetzt". Liegt die Veränderung im Sound auch an solchen Umstrukturierungen?

Ich find' ja immer interessant, wie verschieden Leute das sehen. Und auch von "Veränderung im Sound" sprechen. Die erste Singleauskopplung, die ich je gemacht habe, war "Heat Of The Night". Das war ein Dancehall-Song, wie es sie jetzt auch wieder gibt. Ich hab' mal zwei Roots-Alben gemacht, die dich vielleicht nicht so angesprungen haben, die aber genauso eine Seite von mir sind. Man kann ja nicht immer dasselbe machen! Irgendwann kommt einfach ein Punkt - gerade jetzt auch bei diesem Album - wo man einfach einmal alle Facetten ausnutzt, die einem die Musik so bietet. Wo man auch dieses Entweder-Oder-Denken ablegt, bei dem man sich sagt: Ein Album muss jetzt so klingen, oder es muss elektronisch sein, oder es muss handgemacht sein.

Mir ist es mittlerweile völlig egal, wie irgendwas bei irgendwem ankommt. Wenn ich danach gehen, mich danach richten würde, dann könnte ich gar keine Musik mehr machen. Weil: Je mehr Leute du erreichst, um so verschiedener werden die Meinungen und um so weniger kannst du auch zufrieden stellen. Von daher ist es ganz, ganz wichtig, das zu machen, worauf ich Bock hab'. Egal, wie es jetzt irgendwem passt. Das ist ein wichtiger Punkt. Vielleicht wird das nächste Album rockiger - ich weiß es nicht.

Ich hab' erst mal ganz viele Songs aufgenommen und bin in dieses Ding gekommen, das man als "kreativen Fluss" bezeichnen kann. Gerade in der Zeit November, Dezember, Januar sind viele Songs entstanden, auch durch die enge Zusammenarbeit mit Corleone, der damals "Intoxication" produziert hat. Ich war selbst überrascht, dass sich die Songs, als ich sie dann hintereinander abgespielt habe, überhaupt nicht gebissen haben. Es muss nicht immer Entweder-Oder sein. Ich hab' gemerkt, dass ich der rote Faden bin.

Berührungsängste scheinst du völlig abgelegt zu haben. Weder zu Dancefloor-Sounds - noch zu Casting-Stars.

Es gibt solche und solche Casting-Shows. Du wirst mich bestimmt nicht mit Daniel Schuhmacher hören. Aber es gibt ja auch Formate, die beweisen, dass es anders geht. Dass die Künstler nicht gedisst werden, sich seelisch entkleiden und von einem Millionenpublikum belächelt werden. Sondern es gibt Casting-Shows, die sich qualitativ auf einem hohen Level bewegen. Mittlerweile! Die gab es vielleicht vorher noch nicht, aber mittlerweile gibts die. Gerade in Jamaika, wo einfach so viele talentierte Sänger herumlaufen. Ich denke, du spielst auf Christopher Martin an.

Klar.

Das ist einfach ein begnadeter Künstler, der eine unfassbare Stimme hat. Es ist scheißegal, ob der durch eine Casting-Show berühmt geworden ist oder durch die Straße.

"Ich bin weder Psychologe noch Politiker"

Viele Kollegen - ich denk' an Max Herre, Clueso oder die Fantas - haben im Rap angefangen und driften jetzt nach und nach in andere Stile. Steht bei dir eine Abkehr vom Reggae zu befürchten?

Ich glaub' nicht, nee. Dafür liebe ich die Musik zu sehr. Dafür ist sie auch zu vielseitig. Ich kann mir schon vorstellen, mal Ausflüge zu machen. Die mach' ich ja jetzt schon immer wieder - wofür mir regelmäßig die Reggae-Polizei an die Gurgel geht. Ob das jetzt 'ne Combination mit Mustafa Sandal ist, ob das ein Song mit den Toten Hosen ist oder die Geschichte jetzt bei der Echo-Verleihung mit Till Brönner, Ich + Ich und Cassandra Steen - das ist ja alles kein Reggae. Aber Reggae ist meine Liebe, und das wird auch so bleiben.

Glaubst du, dass Rap - im Gegensatz zur Lebeseinstellung Reggae - eher ein Jugendphänomen ist?

(Überlegt) Ich weiß nicht. Es gibt ja solchen und solchen Rap. Man kann sich im Rap ja auch irgendwie weiterentwickeln. Ich glaub', an diesem Gangster-Gehabe, diesem Macho-Ding, muss man, wenn man vernünftig ist, mit einem gewissen Alter das Interesse verlieren. Alles andere wäre blöd. Ich find' es komisch, wenn man mit 40 noch Baggies trägt und über Rims singt.

Aber es gibt sehr intelligenten Rap, der vielleicht nicht so von den Medien gepusht wird. Das ist zwar schade - aber den gibts ja. Ob das jetzt Mos Def ist, manche Songs von Jay-Z oder Kanye West, oder ob das in Deutschland, weiß ich nicht, Dendemann ist. Es gibt wirklich intelligent geschriebene Texte - und es gibt eben stupiden Gangsterrap. Ich glaube, da ist es schon ein Alters-Ding, aus dem man irgendwann mal rauswachsen sollte.

Ich bin überzeugt davon, dass Hip Hop unter ähnlichen Verallgemeinerungen leidet wie Reggae, weil die Allgemeinheit, die sich nicht tiefer mit der Materie befasst hat, immer nur die langweiligste und kommerziell am besten ausschlachtbare Facette gezeigt bekommt.

Absolut, ja.

In anderen Interviews hast du dich kürzlich darüber beklagt, dass Reggae oft missverstanden wird, früher als Happyhappy-One-love-Kiffermusik, heute als ein Sprachrohr von Hasspredigern. Siehst du Möglichkeiten, gegen solche Fehleinschätzungen anzugehen?

Ich kann einfach versuchen, gute Musik zu machen. Aber was das Urteil der Leute angeht, die Ignoranz und dieses gefährliche Halbwissen: Daran werde ich nie etwas ändern können. Ich kann mich natürlich in Interviews immer wieder dazu äußern, kann Sachen richtig stellen und kann mich von bestimmten Texten immer wieder ganz klar distanzieren und sagen, dass es überhaupt nicht in mein Weltbild passt - ich spreche jetzt die Homophobie an.

Das sind Sachen, die mir extrem auf den Sack gehen, weil ich damit immer in Verbindung gebracht werde. Ich kann auch sagen, dass ich mittlerweile nicht mehr hinter Sizzla stehen kann, wenn er sich nach wie vor nicht von homophoben Scheiß löst, sich distanziert. Trotzdem gibt es neben dem homophoben Scheiß ganz, ganz viele Texte, die jetzt gar nicht mehr gehört werden, weil man eben nur noch sagt: Reggae ist Hassmusik. Es gibt im Reggae - genau wie im Hip Hop, im Rock und im Pop - immer wieder Leute, die Scheißtexte schreiben. Texte, die sich gegen Minderheiten richten, Texte, die gewaltverherrlichend sind, Texte, die einfach extrem oberflächlich sind.

Aber gerade im Reggae gibt es viel mehr Texte mit Tiefgründigkeit, viel mehr spirituelle als homophobe Texte. Die gibt es leider auch, die wird es auch, glaub' ich, immer geben. Ich glaube aber, dass sich in dieser Richtung schon was getan hat. Dass zwar nicht alle, aber viele Künstler mittlerweile begriffen haben, dass sie mit so einem homophoben Scheiß einfach nicht weit kommen.

Setzt du manchmal bewusst auf die Kluft zwischen dem Sound und den Worten? Ich denke beispielsweise an "It No Pretty" - da trifft eine zauberhafte, zudem elend eingängige Melodie auf drastische Worte und im Video zudem auf noch drastischere Bilder.

Vielleicht. Ich weiß jetzt gar nicht, ob das bewusst oder unbewusst geschieht. Für mich ist der Song aber schon vom Musikalischen her sehr traurig. Sehr melancholisch, was die Streicher, was den Pianolauf angeht. Das ist für mich nicht unbedingt etwas Seichtes, das gibt mir nicht den Happy-Vibe. Es ist eher etwas Trauriges, und das ist die Stimmung, die dann auch in den Text übergeht. Aber ich finde es auf jeden Fall interessant, mit Kontrasten zu spielen. Und dann eben auch ein Video dazu zu drehen, das wortwörtlich in die Fresse gibt.

Es hat wirklich wehgetan, das anzuschauen. Happy-Sound wollte ich der Nummer auch nicht unterstellen. Aber es handelt sich durchaus um einen Tune, bei dem der unbedarfte Zuhörer meint: Och, is' schön.

Ja, jeder hat ja einen anderen Zugang zur Musik. Man muss ja auch nicht unbedingt auf den Text hören. Ich finde es schön, wenn die Musik über das Entertainment hinausgeht und wenn die Leute noch etwas mitnehmen können. Wenn etwas vielleicht zum Nachdenken anregt oder Diskussionen auslöst, wie das ja bei "It No Pretty" der Fall ist. Aber es muss nicht. Ich bin in erster Linie Musiker, weder Psychologe noch Politiker. Ich will einfach gute Mucke machen. Ich will die Leute zum Bewegen bringen, gerade auch, was unsere Live-Shows angeht. Musik ist einfach etwas unglaublich Momentanes. Nur Musik und Sex gehen direkt in die Birne. Über alles andere denkst du nach. Das ist, was es ausmacht. Nicht an die Zukunft zu denken oder der Vergangenheit hinterher zu trauern, sondern einfach im Moment zu sein. Das ist Musik für mich.

Wobei deine Songs ja schon immer eine Botschaft transportiert haben. Hat es dich nie gejuckt, mal auf Deutsch zu singen?

Nee. Ich bin da zu sehr Kosmopolit. Ich hab' auch mittlerweile internationales Blut geleckt. Jetzt wieder auf Deutsch zu singen, das wäre wie bei Null anfangen. Dann würde ich außerdem nur in Deutschland, der Schweiz und in Österreich verstanden werden. Englisch ist nun mal die Sprache, die die meisten Menschen verstehen. Ich denk' da sehr international. Darin steckt ja auch gerade die Kraft, die Reggae hat. Dass es da ein internationales Netzwerk gibt.

War das eine bewusste Entscheidung? "So erreich' ich mehr Leute"?

Nee, überhaupt nicht. Es war auch keine bewusste Entscheidung, Reggae-Sänger zu werden. Ich hab' die Musik für mich in Jamaika kennengelernt, oder sagen wir intensiviert. Bewusst war das nicht. Früher hatten englische Songs für mich immer mehr Thrill als deutsche. Inzwischen gibts auch viele, die auf Deutsch singen, von den Jungs aus Mannheim angefangen über Max und Clueso, wo auch wirklich Soul drin steckt. Aber für mich wär' das wieder bei Null anfangen. Ich bin so weit gekommen mit dem, das ich mache. Warum soll ich das ändern?

"Ich unterstütze keine Homophobie. Auch nicht im Reggae."

Du hast vorhin selbst das Thema Homophobie angesprochen, das immer wieder hochkommt. In einem Interview mit der taz, das ziemliche Wellen geschlagen hat, hast du gesagt, es stehe "eine riesige Lobby gegen eine kleine Szene". Glaubst du wirklich, dass Homosexuelle eine derart große Lobby haben?

Nein. Aber es geht um den Schaden, den Reggae dadurch im Allgemeinen nimmt. Natürlich wurde das ganz oft missverstanden - und ich hab' mich wahrscheinlich auch unsensibel ausgedrückt. Was das jetzt für eine Welle schlägt, das war mir selbst nicht bewusst. Ich werde da demnächst auch Einiges klarstellen. Wir werden einen Roundtable veranstalten, zu dem ich auch Volker Beck einladen werde und einen Verantwortlichen vom Schwulen- und Lesbenverband. Weil: Ich bin alles andere als homophob, und ich unterstütze eben auch keine Homophobie. Auch nicht im Reggae.

Natürlich sind gerade die Homosexuellen in der Minderheit. So war das gar nicht gemeint. Es ist aber halt oft so, dass viele Fragen auf einmal kommen und ich in einem Zusammenhang alles nenne, und dann erweckt das oft so den Anschein, als ob es anders aussehen würde. Was ich damit meinte, ist ganz klar, dass die ganze Musik, die nicht-homophoben Sänger auch, darunter leiden, was da passiert. Dass alles über einen Kamm geschoren wird, das ist immer schwierig. Dass Reggae eben gerade als Hassmusik dargestellt wird, nur weil eine Minderheit der Reggae-Artists ihren homophoben Kram nicht sein lassen kann. Das ist ja der Punkt.

Wenn man einer von denen ist, die eine Gegenposition zu dieser dämlichen Haltung beziehen, nervt es wahrscheinlich noch mehr, wenn man dann Doppelmoral vorgeworfen bekommt, nur weil man keine Patentlösung zur Hand hat.

Klar.

Denkst du, man sollte besser die Klappe halten, wenn man keine Lösung weiß?

Nein! Überhaupt nicht! Ich finde auch, dass man homophoben Sängern und denen, die solche Hasstiraden verbreiten, keine Plattform geben sollte. Wie gesagt: So sehr ich auch die ganzen anderen 80 Prozent von Sizzlas Songs liebe, kann ich nicht mehr hinter ihm stehen. Ich kann ihm auch nicht mehr den Rücken freihalten, wie ich das versucht habe, indem ich immer gesagt habe: Ey, ihr dürft nicht nur das sehen. Aber mittlerweile seh' ich eben auch die andere Seite. Man kann eine Meinung ja auch ändern, man reift ja auch. Ich mach' gerade einen Reifungsprozess durch. Ich sehe auch, dass ich Sachen gesagt habe, die verständlicherweise in falsche Hälse gekommen sind. Trotzdem versuche ich, dieses Über-einen-Kamm-Scheren zu vermeiden. Dass Reggae im Allgemeinen Hassmusik ist. Und dass man nach wie vor für Meinungsfreiheit plädieren sollte.

Natürlich gibt es einen Unterschied in den homophoben Texten. Es gibt Künstler, die einfach sagen: Das lässt sich mit meiner Religion nicht vereinbaren. Das, finde ich, muss man akzeptieren. Dann gibts aber Künstler, die sagen: Nimm' die Knarre und erschieß' sie. Dagegen muss man natürlich vorgehen. Da ist es auch völlig okay, wenn man Auftrittsverbote erteilt. Aber das alles über einen Kamm zu scheren und die ganze Musik in Mitleidenschaft zu ziehen - da hab' ich einfach versucht, zu vermitteln. Aber ich merke im Moment, ich muss da sehr, sehr vorsichtig sein.

Womit wir bei der alten Frage angelangt wären, wie weit man Intoleranz gegenüber tolerant sein muss - oder darf.

Ja. Ich sage ja: Es gibt Unterschiede in den Texten.

Und so Aussagen wie "Im Rap oder im Katholizismus gibts das auch" oder "Im Iran passieren auch schlimme Dinge", die stimmen zwar alle, machen es aber natürlich auch nicht besser.

Ja, absolut.

Was kann der Einzelne tun, um die Welt zu einem besseren Platz zu machen? "Go build a better tomorrow" - wie geht das?

Das ist eine sehr komplexe Frage. Ich glaub', man muss im Mikrokosmos anfangen. Man muss auf jeden Fall den Dialog suchen. Man muss sich eher an den Gemeinsamkeiten festhalten als an den Differenzen. Man muss ehrlich miteinander sein. Auch manchmal einer Konfrontation nicht aus dem Wege gehen, und trotzdem irgendwie zu sehen: Okay, wir leben alle auf diesem Planeten zusammen, wir haben alle verschiedene Kulturen, aber es gibt auf jeden Fall einen gemeinsamen Nenner. Aber die Frage ist viel zu komplex. Ich weiß es selber nicht. Gute Musik ist ein Teil, den ich beitragen kann. Du kannst gute Artikel schreiben.

Ich versuchs. In einem früheren Interview hast du gesagt, du würdest unheimlich gern mal mit Buju Banton zusammen arbeiten. Ist das inzwischen passiert?

Nee. Das will ich jetzt aber auch nicht mehr. Ich distanziere mich, wie gesagt, von homophoben Sängern und werde auch mit keinem homophoben Sänger einen Song zusammen machen. Ich hab' ja mit vielen Künstlern zusammen gearbeitet, die homophobe Texte schreiben. Aber das hat sich mittlerweile geändert, weil ich einfach sehe, was es anrichtet.

Im Fall Buju Banton wäre es ja gerade eh schwierig ...

Ja, der ist ja gerade sowieso nicht available.

Lass' uns noch schnell über eine andere Szene sprechen, in der es offiziell ebenfalls keine Schwulen gibt - über Fußball. Du hattest immer ein offen zelebriertes Faible für den Sport. Jetzt steht die WM an ...

Das ist natürlich ein Highlight für uns! Wir alle in der Band sind fußballverrückt - außer vielleicht die Backgroundsängerin, die hat eher eine harte Zeit. WM ist alle vier Jahre, WM ist Ausnahmezustand. Die Leute sind von ihrem Alltag abgelenkt, leben für den Fußball, in dieser Zeit. Die Welt rückt zusammen, in diesen paar Wochen. Die WM steckt auch voller Überraschungen. Wir müssen halt kucken, dass wir unsere Konzerte so legen, dass nicht gerade irgendein Spiel läuft. Und wenn wir irgendwo spielen, dann nehmen wir uns einen Fernseher mit auf die Bühne. Aber es macht natürlich keinen Sinn, ein Konzert zu spielen, wenn Deutschland gerade im Achtelfinale oder so spielt, weil dann ja keiner vor der Bühne stehen würde.

Frank Dellé von Seeed hat einen WM-Song geschrieben, wird auch nach Südafrika fahren und dort auftreten. Hast du Ähnliches vor?

Ich hab' ja einen Song geschrieben, "To The Top" mit Christopher Martin. Wenn du auf den Text achtest, passt der sehr gut als WM-Song. Sowas wie damals mit der Viererkette ist momentan nicht geplant, aber "To The Top" passt auf jeden Fall thematisch. (Singt) "Put your hand up on the price now. It's time, we're on the rise now. We can make it if we try. Only if we try. And only if we take Kuranyi."

... bloß schade, dass das der Bundestrainer nicht gehört hat.

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LAUT.DE-PORTRÄT Gentleman

Tilmann Otto spricht Patois. Er lebt in Köln, serviert dessen ungeachtet aber Reggae, der genau so gut aus dem Herzen Jamaikas stammen könnte. Tilmann …

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